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Schaukeln im Dreiklang der Disziplinen

Ausstellung mit Einsendungen des Kunstwettbewerbs für den Forschungsneubau SupraFAB ist noch bis 5. März am Institut für Chemie und Biochemie zu sehen

02.03.2020

Bis 5. März sind die zum Wettbewerb eingereichten Entwürfe im Foyer des 1. Obergeschosses in der Arnimallee 22 zu sehen.

Bis 5. März sind die zum Wettbewerb eingereichten Entwürfe im Foyer des 1. Obergeschosses in der Arnimallee 22 zu sehen.
Bildquelle: Marion Kuka

„Auf dem Weg zu unserem neuen Gebäude ist dieser Wettbewerb ein echter Lichtblick“, sagt Rainer Haag. Der Chemieprofessor ist das Mastermind hinter SupraFAB. Der Forschungsneubau für Supramolekulare Funktionale Architekturen an Biogrenzflächen – kurz SupraFAB – in der Dahlemer Altensteinstraße 23A soll bis Ende des Jahres fertig werden. Dort werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf den Gebieten der Biogrenzflächenforschung, der supramolekularen Chemie sowie der Bio- und Nanophysik zusammenarbeiten.

„Das ist manchmal nicht so einfach“, sagt Rainer Haag, denn jede Disziplin habe ihre eigene Sprache. Schon im Entwurf des Architekturbüros Nickl & Partner Architekten sind deshalb viele Zonen für Kommunikation vorgesehen, etwa im großzügig gestalteten Atrium des Neubaus. „Nobelpreise werden auf der Treppe gewonnen, haben die Architekten gesagt“, erinnert sich der Chemiker. Das habe verlockend geklungen. Ob es je so weit komme, wisse er natürlich nicht. Aber jetzt habe er eine weitere Hoffnung: „Vielleicht werden Nobelpreise ja auch auf der Schaukel gewonnen.“

Zur Prüfung dieser gewagten Hypothese steht die passende Versuchsanordnung bald bereit: SUPRA SWING ist ein interaktives Schaukelobjekt der Künstlerin Katja Marie Voigt, Jahrgang 1986, das sich im Wettbewerb mit zwölf bundesweit eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern für die „Kunst am Bau“ durchgesetzt hat.

Prof. Dr. Rainer Haag (l.) und Katja Maria Voigt (r.) eröffneten die Ausstellung zum Kunstwettbewerb für den Forschungsneubau SupraFAB.

Prof. Dr. Rainer Haag (l.) und Katja Maria Voigt (r.) eröffneten die Ausstellung zum Kunstwettbewerb für den Forschungsneubau SupraFAB.
Bildquelle: Marion Kuka

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hatte den Wettbewerb im Sommer 2019 zusammen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der Freien Universität Berlin ausgelobt. Die „Anweisung Bau des Landes Berlin“ verpflichtet die öffentliche Hand als Bauherr, bei Infrastrukturmaßnahmen „zeitgenössische Formen künstlerischer Gestaltung“ zu berücksichtigen. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln für öffentliche Neubauten des Hoch-, Tief- und Landschaftsbaus. Das Budget für Kunst im Rahmen des Forschungsneubaus SupraFAB beträgt rund 150.000 Euro.

Die Wettbewerbsgewinnerin Katja Maria Voigt hat einen Bachelorabschluss in Architektur, einen Masterabschluss im Fach Kunst im öffentlichen Kontext und promoviert in Freier Kunst an der Bauhaus-Universität Weimar. Ihre Konstruktion für SUPRA SWING basiert auf den naturwissenschaftlichen Grundsätzen dreier gekoppelter – sogenannter „sympathischer“ – Pendel: Bis zu drei Personen können auf verbundenen Schaukeln gleichzeitig hin und her pendeln, ihre Bewegungen beeinflussen sich gegenseitig.

Für Liz Bachuber, Professorin an der Bauhaus-Universität in Weimar und Vorsitzende der Wettbewerbsjury, war SUPRA SWING von Anfang an klarer Favorit. „Der Entwurf betont das Teamwork ebenso wie das Element des Zufalls“, sagt die Jury-Vorsitzende. Er verbinde das Gebäude mit der parkähnlich gestalteten Umgebung und der Nachbarschaft und bereite pure Freude durch die kindliche Lust am Schaukeln. „Ein lebendiges Objekt für einen lebendigen Ort der Forschung“, so ihr Fazit. Auch für Rainer Haag trifft der Entwurf symbolisch ins Schwarze: „In den gekoppelten Pendeln sehe ich den Dreiklang zwischen den Disziplinen, ein harmonisches Miteinander, das Synergien erzeugt.“

Prof. Liz Bachhuber (l.) von der Bauhaus-Universität in Weimar war Vorsitzende der Wettbewerbsjury.

Prof. Liz Bachhuber (l.) von der Bauhaus-Universität in Weimar war Vorsitzende der Wettbewerbsjury.
Bildquelle: Marion Kuka

Die Künstlerin selbst formuliert es so: „Die Energie der Schaukelnden wird, wie von Geisterhand gesteuert, von einem zum anderen übertragen. Es kann sich dabei ereignen, dass eine Schaukel nahezu stehenbleibt, während die andere(n) dynamisch höherstreben – im nächsten Moment kann sich dieses Prozedere vollkommen umkehren.“ So verweise SUPRA SWING auf unvorhergesehene kommunikative Prozesse und lade zum Mitschwingen ein.

Und noch eine weitere Ebene schwingt mit: Die große Schaukel im Außenbereich wird über eine Leitung mit einem maßstabsgetreuen Modell im Atrium verbunden sein, das jede Bewegung der Außenschaukel spiegelt – eine Anspielung auf das Verhältnis von Modell und Wirklichkeit in der Wissenschaft.

Fasziniert und inspiriert hat Katja Maria Voigt auch das Fundament für das SupraFAB-Gebäude: Es ist schwingungsarm konzipiert. Damit die sensiblen Messungen nicht durch äußere Einflüsse verfälscht werden, steht es auf einer einen Meter dicken Bodenplatte. Ein 40 Tonnen schweres Sonderfundament auf Luftfedern auf der Bodenplatte sorgt für noch größere Stabilität für ein darauf befindliches, höchst schwingungsempfindliches wissenschaftliches Messinstrument. Die Schaukelei kann der Wissenschaft also im besten Fall nutzen und wird in keinem Fall schaden.

Weitere Informationen

Die Poster-Ausstellung mit allen zum Wettbewerb eingereichten Entwürfen ist bis 5. März im Foyer des 1. Obergeschosses in der Arnimallee 22, 14195 Berlin zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Kontakt:
Achim Wiedekind, Forschungsbaukoordinator, Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-55462, E-Mail: achim.wiedekind@fu-berlin.de