Doktortitel 1968 und heute
Bei der Promotionsfeier und Goldenen Promotion des Fachbereichs Veterinärmedizin wurden aktuelle und frühere Promovierte der Tierheilkunde geehrt
14.08.2018
95 Doktorandinnen und Doktoranden des Fachbereichs Veterinärmedizin an der Freien Universität haben im akademischen Jahr 2017/18 ihre Promotion abgeschlossen. 46 davon haben am 20. Juli bei einem Festakt im Henry-Ford-Bau teilgenommen und eine Erinnerungsmedaille erhalten. Bei der Verleihung wurden außerdem 27 Jubilarinnen und Jubilare, die ihre Doktorwürde vor einem halben Jahrhundert an der Freien Universität erlangt haben, mit goldenen Promotionsurkunden gewürdigt. Während die einen mit ihrer Promotion den Grundstein dafür legten, ihr Wissen künftig in den Dienst der Tiergesundheit und Wissenschaft zu stellen, können die anderen auf vielfältige, im Laufe eines Arbeitslebens gesammelte Erfahrungen zurückblicken, die von der Forschung oder Versorgung zum Wohle der Tiere geprägt sind.
78 Prozent der frisch Promovierten waren weiblich, 15 Prozent kamen aus dem Ausland, sieben Mal konnte die Auszeichnung Summa cum laude vergeben werden. Das thematische Spektrum reichte von „Untersuchungen zum Resistenzverhalten von Riemerella anatipestifer des Wirtschaftsgeflügels“ über „Kongenitale Wirbelkörpermalformationen bei Hunden brachycephaler Rassen“ bis hin zu „Untersuchungen zur Pansenfüllungsbenotung als antepartaler Indikator für die Gesundheit, Fruchtbarkeit und Milchleistung bei Holstein-Friesian-Kühen“.
Mit Blick auf die Titel der vor 50 Jahren angefertigten Arbeiten stellte Professor Jürgen Zentek fest, dass es „bei allen methodologischen Unterschieden thematisch viele Ähnlichkeiten mit Arbeiten von heute gibt“. Wer 1968 an der Freien Universität promoviert hat, tat das in einer turbulenten Zeit, die politisch durch die Frontstellung der Systeme in der geteilten Stadt geprägt, in wissenschaftlicher Hinsicht aber durchaus durchlässig gewesen sei, sagte der Dekan des Fachbereichs für Veterinärmedizin.
Promotion mit höchstem Lob
Zwei Wissenschaftler wurden für ihre Forschung mit besonderen Auszeichnungen bedacht: Der erstmalig durch die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e.V. verliehene Eberhard-Schein-Preis für Parasitologie ging an Isaiah Obara. In seiner herausragenden Dissertation gelang es dem 36-jährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter vom Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, einen Impfstoff gegen das Ostküstenfieber zu verbessern. Beim Ostküstenfieber handelt es sich um eine für Rinder tödliche Krankheit, die im tropischen Afrika von Zecken übertragen wird.
Der Veterinärphysiologe Markus Lohr erhielt für seine Dissertation, die das pathogene Potenzial des Bakteriums Parachlamydia acanthamoebae bei Rindern untersuchte, den Nachwuchsförderpreis der Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tierärzte und der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin e.V.
Die Festrede hielt Professor Thomas Mettenleiter, der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit. „Fühlen Sie sich von Zoonosen bedroht?“, fragte der Virologe die anwesenden Promovenden. „Nein? Das ist vielleicht eine Fehleinschätzung.“ Zoonosen, das sind Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen (und umgekehrt) übertragen werden können. Weltweit erkranke jeder Dritte einmal im Jahr an einer Zoonose, erklärte Mettenleiter. Zwei Drittel aller Infektionskrankheiten, die beim Menschen neu auftreten, stammten ursprünglich von Tieren. Dazu gehörten alte Krankheiten wie Pest, Tuberkulose und Influenza sowie zahlreiche neue Seuchen wie BSE, Ebola und SARS.
Ein Faktor für das vermehrte Auftreten und die schnellere Verbreitung tierischer Erreger sei der globale Personen- und Güterverkehr. Ein zweites großes Reservoir für Viren, die auch für Menschen gefährlich werden könnten, sei die Massentierhaltung: Der enge Kontakt riesiger Tiergruppen auf kleinen Stallflächen begünstige die Infektion untereinander und sorge für viele Varietäten von zirkulierenden Viren.
Ein dritter wichtiger Faktor sind Mettenleiter zufolge Viren, die von Stechmücken, Zecken und anderen Insekten übertragen werden. Ihre Bedeutung steige zunehmend, weil der Klimawandel die idealen Voraussetzungen für die ehemals exotischen Krankheitsüberträger schaffe. So würden zunehmend Stechmückenarten in Deutschland nachgewiesen, die früher nur in subtropischen Zonen anzutreffen waren, und die auch zoonotische Erreger übertragen können.
Human- und Veterinärmedizin gehören zusammen
Um die Frage zu beantworten, welche Mückenarten wo und zu welcher Jahreszeit in Deutschland vorkommen, erstellt das Friedrich-Loeffler-Institut den Mückenatlas. Hier rief der Wissenschaftler die Gäste auf, sich auf Mückenjagd zu begeben. Und das geht so: Mücken fangen, einfrieren, einschicken. Es helfe aber nicht, die Tiere einfach in einen Briefumschlag zu stecken. „Wir brauchen die Mücken morphologisch einigermaßen intakt.“
Was kann man also tun, um den kommenden zoonotischen Herausforderungen zu begegnen? Der Ansatz des „One Health, One World“-Gedankens sei es, Fachgrenzen zwischen Human- und Veterinärmedizin zu überwinden. „Die Gesundheit von Mensch und Tier ist eng miteinander verbunden, weil sie auf den gleichen Grundlagen basiert.“ Nur über verschiedene Disziplinen hinweg könne man Zoonosen erfolgreich bekämpfen und vorbeugen, lautete Thomas Mettenleiters Fazit.
Musikalisch begleitet wurde die zweistündige Feier von dem GMT Jazztrio. Im Anschluss an die Veranstaltung lud der Fachbereich alle Promovierten samt Freunden und Verwandten zu Häppchen und Getränken ein.