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„Mitarbeiterführung in der Wissenschaft – ein Thema mit Nachholbedarf?“

Neues Semesterprogramm der Dahlem Leadership Academy der Freien Universität Berlin zu Mitarbeiterführung, Teamarbeit und Konfliktlösung

05.05.2017

An der Dahlem Leadership Academy können Profesorinnen und Professoren Workshops zum Thema „Führung in der Wissenschaft“ besuchen.

An der Dahlem Leadership Academy können Profesorinnen und Professoren Workshops zum Thema „Führung in der Wissenschaft“ besuchen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Führungsqualitäten sind in der Wissenschaft genauso gefragt wie in anderen Bereichen. Doch während es etwa in großen Unternehmen Trainings, Coachings und Mentoringprogramme für eine systematische Führungskräfteentwicklung gibt, ist das Thema an Universitäten lange Zeit kaum berücksichtigt worden. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde an der Freien Universität die „Dahlem Leadership Academy“ (DLA) ins Leben gerufen. Sie bietet Workshops unter anderem zu den Themen Mitarbeiterführung, Teamarbeit und Konfliktlösung für Professorinnen und Professoren der Freien Universität an. Gerade ist das neue Semesterprogramm gestartet. Campus.leben sprach mit dem Führungsexperten Jörg Felfe, Professor für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg, der an der DLA Workshops zu Mitarbeiterführung anbietet.

Jörg Felfe ist Professor an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg und Dozent an der Dahlem Leadership Academy.

Jörg Felfe ist Professor an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg und Dozent an der Dahlem Leadership Academy.
Bildquelle: Privat

Herr Professor Felfe, lässt sich Führungskompetenz überhaupt vermitteln?

Das ist ein klassischer Konflikt, hier scheiden sich die Geister: Manche sind der Ansicht, dass Menschen als Führungspersönlichkeiten geboren werden und sich Führungskompetenz somit nicht erlernen lässt. Dem entgegen steht die Überzeugung, dass Menschen alles lernen können, also auch Führungsfertigkeiten. Ich glaube, dass die Wahrheit in der Mitte liegt: Natürlich gibt es bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und Fähigkeiten, die wichtig sind, um ein Team zu leiten: Man sollte zum Beispiel auf Menschen zugehen können und kommunikativ sein. Insofern spielt die Persönlichkeit schon eine Rolle. Aber was darüber hinausgeht und wichtig ist, lässt sich erlernen.

Menschen lernen Führung ja bereits von klein auf – durch die Eltern, in der Schule und in unterschiedlichsten Gruppen. Hier lernen Kinder relativ früh, andere zu beeinflussen, um ihre Ziele zu erreichen, aber auch anderen zu folgen. Je nachdem, wie dieser Sozialisationsprozess verläuft, bringen sie vielfältige Erfahrungen und wichtige Voraussetzungen mit. Im professionellen Kontext ist es dann später notwendig, zu wissen was man tut, wenn man ein Team leitet, damit man nicht einfach aus dem Bauch heraus agiert.

Was wird in den Workshops vermittelt?

Es geht zunächst um Grundlagen. In der Wissenschaft kommen Menschen aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation in leitende Positionen – Führungskompetenz spielt bei der Auswahl typischerweise keine Rolle. Diese gehört aber ab einer bestimmten Ebene und Teamgröße zum Aufgabenspektrum einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers. Unsere Workshops bieten die Möglichkeit, die fachlichen Grundlagen professioneller Führung kennenzulernen, Feedback zu bekommen und sich neue Ideen zu holen. Nicht zu unterschätzen ist der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen, der in den Workshops gezielt zu diesem speziellen Thema stattfindet – das kann enorm bereichernd sein.

Ist hier in der Wissenschaft etwas versäumt worden?

Man hat das Thema „Führung“ lange vernachlässigt, weil es für viele nicht recht zum Selbstverständnis von Universitäten zu passen schien. Zudem sind Universitäten stärker fragmentiert als Wirtschaftsunternehmen, es gibt in der Regel kleinere Gruppen, die zu leiten sind. Da gibt es zunächst aufgrund einer ohnehin engen Zusammenarbeit vermeintlich weniger Bedarf an systematischer und einheitlicher Führung. Das hat sich aber geändert durch die Zunahme der Größe von Arbeitsgruppen sowie durch Forschungsverbünde und Cluster, in denen viele Wissenschaftler zusammenarbeiten. In diesem Kontext sind gute Organisation und gute Führung wichtig. In großen Unternehmen ist daher eine systematische Führungskräfteentwicklung durchaus üblich und eine Selbstverständlichkeit. In kleineren Unternehmen wiederum gibt es aber ebenfalls eine Menge Nachholbedarf.

Gibt es einen idealen Führungsstil?

Es gibt unterschiedliche Traditionen, die sich eigentlich aber gar nicht so sehr voneinander unterscheiden. Klassisch ist die Unterscheidung in Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung. Bei der Aufgabenorientierung geht es darum, Vereinbarungen zu treffen, wie bestimmte Ziele erreicht werden. Die Mitarbeiterorientierung setzt darauf, Vertrauensbeziehungen herzustellen, da geht es um Wertschätzung, Unterstützung und Partizipation. Neuere Führungsmodelle wie beispielsweise das Konzept der transformationalen Führung, betonen stärker die Bedeutung der Führungspersönlichkeit. Die zentrale Frage ist hier, wie es gelingt, die Motivation der Mitarbeiter zu fördern und Begeisterung zu wecken. Vorbildwirkung und Glaubwürdigkeit spielen hierbei neben hoher Fachkompetenz eine wichtige Rolle.

Welche Verbindung gibt es zwischen Ihren Seminaren zum Thema „Führung“ und Ihrer Forschung im Bereich der Organisationspsychologie?

Ich gehe in meiner Forschung der Frage nach, was besonders gute Führung kennzeichnet. In diesem Kontext habe ich insbesondere das Konzept der transformationalen Führung untersucht. Das Konzept war anfangs in Deutschland umstritten, weil man Sorge hatte, dass der Führungspersönlichkeit zu viel Bedeutung eingeräumt wird. Meine Erfahrung als Trainer und Berater war aber, dass gerade in Krisenzeiten die Persönlichkeit der Führungskraft sehr wichtig ist. Aktuell forsche ich zum Thema der gesundheitsförderlichen Führung. Teamleiter und Vorgesetzte müssen heute auch die physische und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick haben. Durch Multitasking und Dauerverfügbarkeit haben sich in den vergangenen Jahren neue Risikofaktoren für psychischen Stress entwickelt. Führungskräfte sollten dies berücksichtigen und Maßnahmen ergreifen, mit denen Belastungen reduziert und Ressourcen gefördert werden.

Die Fragen stellte Manuel Krane

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