Überleben im Süden Berlins
Beim Hochschulsport gibt‘s Kurse in mehr als 100 Sportarten – auch Überlebenstraining gehört zum Angebot / Anmeldung für das Sommersemester ab Montag, 3. April
31.03.2017
Sport ist Mord, heißt es im Volksmund. Als ich lese, dass der Hochschulsport der Freien Universität ein Überlebenstraining anbietet, tauchen entsprechende Bilder vor meinem geistigen Auge auf: Mit einer Axt Feuerholz schlagen, durch Schlamm robben, sich unter Laub vor einem Wolfsrudel verstecken und Feuer mit bloßen Händen entzünden. Wie es wirklich war, habe ich im Survival Camp erfahren. So viel sei verraten: Ich habe überlebt. Und weit Nützlicheres gelernt, als von einem Versteckspiel mit einem Rudel Wölfe zu erwarten gewesen wäre. Dafür kann ich nun einen Kompass einnorden, ein verstauchtes Bein schienen und Seile knoten.
Wildnis-Simulation auf dem Campingplatz
Der Reihe nach: Treffpunkt der überlebenswilligen Hochschulsportler ist ein Campingplatz am Krossinsee im Berliner Südosten. Alle Städter sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angereist, kein Sprung aus dem Hubschrauber also, schade eigentlich. Es ist früh am Samstagmorgen, und ich schaue mir unsere Wildnis-Simulation genauer an. Von der Kaffeemaschine über das Toilettenhäuschen mit Dusche und asphaltierten Wegen, die zum See und einem kleinen Abenteuerspielplatz führen, mal abgesehen, scheint die Gefahr an diesem Wochenende höchstens von einigen Dauercampern auszugehen.
„Die Wildnis? In Deutschland gibt es das eigentlich gar nicht“, sagt Frank Belder, der das Überlebens-Camp leitet. „Hier triffst Du spätestens nach zwei Stunden in derselben Richtung auf eine Straße. Oder gleich auf eine Tankstelle, da bekommst Du ja alles.“
Seit etwa zwei Jahren bietet der Hochschulsport das Überlebenstraining in Zusammenarbeit mit dem „Self Defense Club Berlin“ an, den Frank Belders leitet. In dessen Verein dreht sich alles um Kampfsport und Selbstverteidigung. Oder, wie es aus der Website des Vereins hervorgeht, um Sicherheit und Selbstvertrauen. Deshalb passe das Überlebenstraining so gut ins Programm: „Wir vermitteln hier Grundlagen: Sicherungsknoten, Erste Hilfe, Feuer machen“, sagt Kay Wahry. Der stämmige Soldat, der im normalen Leben Bundeswehr-Hubschrauber instand setzt, ist gemeinsam mit dem Feuerwehrmann Patrick Konitzer verantwortlich für uns risikolustige Großstädter. Während Frank Belders schon bald wieder Richtung Stadt loszieht, lernen wir von den beiden Berufsabenteuern, wie man sich im freien Gelände orientiert oder einander bei Verletzungen verarztet.
Die Nachfrage an dem Überlebenstraining sei durchweg hoch – auch bei Nieselregen oder Hagel, hatte mir Frank Belder erzählt. Etwa 20 Teilnehmer sind es an diesem Wochenende im Februar, an dem die Temperaturen bei etwa acht Grad liegen. Neben Studierenden nehmen auch Familien das Angebot wahr. Knapp die Hälfte hat sich für das zweitägige Camp mit Übernachtung im Zeltlager entschieden. Ich hingegen habe die „light“-Version gewählt und bleibe nicht über Nacht.
Nach kurzem Kennenlernen beginnen wir mit der ersten Übung: Knoten. Im Zweifel sollen unsere Seilschlangen Leben retten können. Beim Klettern zum Beispiel, oder um eine Plane als improvisierten Schlafplatz zu befestigen. Während Feuerwehrmann Konitzer erklärt, werfen wir Taue um die von vielen Kinderhänden glatt gegriffenen Balken eines Holzboots auf dem Kinderspielplatz.
Das Wichtigste? Wasser und Wärme!
Aber was denn nun richtig gefährlich sei, möchte ich wissen. Und lerne: Gefährlich ist, wenn etwas fehlt, sagt Kay Wahry. „Ohne Wasser und Wärme wird es ziemlich schnell gefährlich.“ Deshalb üben wir jetzt Warmhalten – zumindest theoretisch. Die Hosenbeine und Jacke mit trockenem Laub auszustopfen, erklärt uns Soldat Kay Wahry, helfe im Ernstfall. Die selbstgestaltete Öko-Variante einer Daunenjacke isoliere überraschend gut. Auf Laub ließe sich außerdem prima schlafen. Deshalb, so der Rat der Überlebensexperten, sollten wir immer mit wachen Augen durch die Landschaft laufen und uns sozusagen im Supermarkt der Natur bedienen, wann immer sich etwas Brauchbares findet.
Survival ist demnach vor allem Vorbereitung: Trockene Sträucher als Zunder fürs Feuermachen sollten bei jeder Gelegenheit gesammelt werden. Als ungewöhnliches, aber sehr praktisches Utensil zum Zündeln werden uns außerdem Tampons empfohlen: Die trockene Baumwolle sei der ideale Anzünder.
Am kleinen Sandstrand des Krossinsee testen wir das Feuermachen. Schnell spricht sich unter den Teilnehmer herum: Der Feuerstarter, ein Magnesiumblock, bei dem mit einem Messer Späne abgeschabt werden, funktioniert am besten. Lenkt man die Funken auf trockenes Holz oder die Tampon-Baumwolle, brennt mit ein wenig Pusten ein kleines Feuer.
Sonnenuntergang: Ende im Gelände
Am frühen Abend, nach knapp zehn Stunden Überlebenstraining, fahre ich zurück Richtung Berliner Innenstadt. Die Teilnehmer, die über Nacht bleiben, lernen am nächsten Tag unter anderem noch Tricks zur Selbstverteidigung. Das Abendbrot für die hungrigen Überlebenskünstler kommt aus dem Supermarkt – einem tatsächlichen: Der liegt nur wenige Kilometer von der Wildnis am Krossinsee entfernt.
Weitere Informationen
Auf die Plätze. Fertig: ANMELDESTART.
Über 800 einzelnen Veranstaltungen in über 100 Sportarten: Das Angebot des Hochschulsport ist auch im Sommersemester 2017 umfangreich.
Die Vorschau für das Programm ist bereits jetzt online, die Anmeldung zu den Kursen ist ab Montag, 3. April um 12 Uhr freigeschaltet: Hier geht´s zur Anmeldung!
Die nächsten Survival-Trainingswochenden finden vom 17. bis 18. Juni und 9. bis 10. September statt.