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Gesunde Ernährung für Mensch und Tier

Jahreskonferenz für Tierernährung wurde an der Freien Universität ausgerichtet

14.11.2016

Von Hunden und Katzen über Schweine und Rinder bis hin zu Reptilien: Das Spektrum der Jahrestagung war breit gefächert.

Von Hunden und Katzen über Schweine und Rinder bis hin zu Reptilien: Das Spektrum der Jahrestagung war breit gefächert.
Bildquelle: Sabrina Wendling

Professor Jürgen Zentek ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierernährung der Freien Universität Berlin.

Professor Jürgen Zentek ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierernährung der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Gleich zwei Jubiläen feierte die Europäische Gesellschaft für Tierernährung und vergleichende Ernährung in Berlin-Dahlem: ihr 25-jähriges Bestehen sowie ihren 20. Kongress. Die Tagung, die mittlerweile jährlich in wechselnden Ländern stattfindet, wurde dieses Mal vom Institut für Tierernährung der Freien Universität unter der Leitung von Professor Jürgen Zentek ausgerichtet. Campus.leben sprach mit dem Veterinärmediziner über den „Geburtstagskongress“.

Herr Professor Zentek, was wurde auf dem „20th Congress of the European Society of Veterinary and Comparative Nutrition (ESVCN)“ behandelt?

Das Themenspektrum war extrem breit. Die Jahrestagung befasste sich zum einen mit Fragen der Ernährung von Haustieren. Das schließt die klassischen Heimtiere wie Hund, Katze, Kaninchen, Schildkröte bis zu den Pferden ein, aber auch die lebensmittelliefernden Tiere wie Rind, Schwein und Huhn. Außerdem wurden Fragen zur Übertragung von Krankheiten durch tierische Lebensmittel ebenso behandelt wie Probleme der Fehlernährung und Übergewicht bei Hunden, Katzen und Pferden, die wie beim Menschen zu Stoffwechselstörungen und anderen Zivilisationskrankheiten führen können. Weiterhin verfolgte die ESVCN im Rahmen des Kongresses das Ziel, auch vergleichende Aspekte der Ernährung darzustellen. Das umfasst beispielsweise Fragen der Ernährung von Zoo- und Wildtieren – auch Spezies, die nicht unbedingt im Zentrum der Forschungsaktivitäten stehen, wie Reptilien – oder auch Bezüge zur Humanernährung.

Das Institut für Tierernährung der Freien Universität hat auf der Tagung auch Themen aus den eigenen Forschungsarbeiten präsentiert. Können Sie uns einen kurzen Einblick geben?

Ein interessantes Thema war beispielsweise die Besiedlung des Darms von Schweinen mit Clostridium difficile. Das ist ein Keim, der bei Tieren, aber insbesondere beim Menschen zu Problemen führen kann. Es gibt Stämme, die Toxine – also Gifte – bilden und Durchfall auslösen können. Bei Untersuchungen in Schweinebetrieben haben wir festgestellt, dass junge Schweine sehr häufig Träger dieser Keime sind. Er unterliegt ganz stark Alterseinflüssen. Derzeit untersuchen wir das Auftreten bei Muttertieren und Ferkeln in Abhängigkeit vom Alter. Wir versuchen genauer zu ergründen, warum Clostridium difficile auftritt, ob es für die Tiergesundheit relevant ist und ob es ein Infektionsrisiko für den Menschen gibt. Denn es könnte sein, dass sich der Mensch durch den direkten Kontakt oder Lebensmittel mit diesem Keim infiziert. Das kann problematisch werden, da zum Beispiel die Behandlung mit bestimmten Antibiotika beim Menschen dazu führen kann, dass sich die Clostridium difficile im Darm stark vermehren, Toxine bilden und schwerwiegenden Durchfall auslösen. Bei diesem Thema können wir gut mit unseren Kollegen von der Charité – Universitätsmedizin Berlin kooperieren, die natürlich hochgradig interessiert sind an solchen Fragen.

Ein weiteres weltweit wichtiges Thema ist die Verbreitung von multiresistenten Bakterien bei Geflügel. Wir beschäftigen uns mit dem Auftreten von multiresistenten Bakterien und der Möglichkeit, das Auftreten und damit Erkrankungen zu reduzieren oder zu verhindern, im einfachsten Fall mit bestimmten Dingen wie über den Einsatz von Probiotika, also Milchsäurebakterien in der Ernährung. Wenn wir es schaffen, das Auftreten von Bakterien, die sich gegen bestimmte Antibiotika als resistent erweisen, zu reduzieren, dann sind auch weniger Antibiotika im Einsatz, die Antibiotikamengen werden reduziert, was einen reduzierenden Effekt auf das Auftreten von multiresistenten Bakterien hat.

Dazu passt ein weiteres Projekt über den Einsatz von Insektenprotein in der Ernährung von Fleischfressern. Die Deckung des Proteinbedarfs ist eine wichtige Frage für die Zukunft, sowohl für die Tierernährung als auch für die Ernährung des Menschen. Insekten werden in vielen Ländern weltweit als Nahrungsmittel verwendet. Mittlerweile kann man sie schon auch bei uns bekommen. In der Tierernährung können aufbereitete Insektenlarven verfüttert werden, die besonders eiweißreich sind und andere Proteinquellen ersetzten können. Das ist besonders interessant im Zusammenhang mit Hunden, die Nahrungsmittelallergien haben. Insektenproteine könnten dann eine Alternative sein. Dieses Thema wird weltweit sehr intensiv bearbeitet.

Wie groß war das Interesse am Kongress?

Die Tagung erfreute sich eines regen Zuspruchs, mehr als 250 Teilnehmer waren dabei. Grundsätzlich kommen bei dem Treffen die führenden europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus diesem Bereich zusammen. Es sind aber auch viele Teilnehmer aus Nord- und Südamerika, Asien und Australien angereist. Berlin ist als Veranstaltungsort geografisch gut gelegen. Traditionell ist die Gesellschaft auf das westeuropäische Gebiet fokussiert, wir haben uns aber bemüht auch Osteuropa anzusprechen, und tatsächlich sind viele Kollegen aus Polen gekommen sind. Das war wirklich erfolgreich.

Ist die Tagung auch für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler interessant?

Das ist ein wichtiger Punkt für uns. Wir wollen bei der Tagung stets Doktoranden und Postdoktoranden miteinbinden. Sie halten Vorträge, können Kontakte zu Wissenschaftlern weltweit knüpfen und mit ihnen diskutieren, kommen also aus ihrem geschützten Umfeld heraus. Das klappt super.

Vor der Konferenz haben wir eine sogenannte Residency Class veranstaltet: Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich auf den Bereich Tierernährung spezialisieren, waren zwei Tage lang am Fachbereich Veterinärmedizin in Berlin-Düppel zu Gast und haben Vorträge gehört und selbst gehalten. Diese Veranstaltung ist Teil einer vierjährigen Ausbildung am Europäischen College für Veterinär und vergleichende Tierernährung (European College of Veterinary and Comparative Nutrition), mit der die Teilnehmer eine Anerkennung als Fachtierarzt erwerben und Spezialisten für den Bereich Tierernährung werden. Damit wird versucht, in Europa ein einheitliches Niveau der Ausbildung zu erreichen und neue Spezialisten auszubilden. Das College ist der Gesellschaft zugeordnet. Wir haben eine durchaus erfreulich steigende Zahl von Experten in Europa, sodass wir auf ein vergleichbares oder steigendes Niveau in allen Ländern in diesem Bereich hoffen.

Die Fragen stellte Marina Kosmalla

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