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„Nirgends kommt man dem Wetter so nah“

Das ZDF-Morgenmagazin sendete vom Wetterturm der Freien Universität, auf dem Studierende rund um die Uhr Beobachtungsdienst machen

11.11.2015

Live auf dem Wetterturm: Diplom-Meteorologe Thomas Dümmel zeigt das Ergebnis der aktuellen Messung.

Live auf dem Wetterturm: Diplom-Meteorologe Thomas Dümmel zeigt das Ergebnis der aktuellen Messung.
Bildquelle: Jonas Huggins

Wettermoderator Benjamin Stöwe im Gespräch mit der Vorsitzenden der Berliner Wetterkarte e.V., Diplom-Meteorologin Petra Gebauer.

Wettermoderator Benjamin Stöwe im Gespräch mit der Vorsitzenden der Berliner Wetterkarte e.V., Diplom-Meteorologin Petra Gebauer.
Bildquelle: Jonas Huggins

Der Wetterturm wurde früher als Wasserturm genutzt. Heute dient er der Wetterbeobachtung für die Wetterstation Berlin-Dahlem.

Der Wetterturm wurde früher als Wasserturm genutzt. Heute dient er der Wetterbeobachtung für die Wetterstation Berlin-Dahlem.
Bildquelle: Jonas Huggins

In knallgrüner Jacke und mit professionellem Lächeln im Gesicht wartet Benjamin Stöwe auf die Live-Schalte. Der Wettermoderator vom ZDF-Morgenmagazin steht gemeinsam mit einem halben Dutzend Studierende auf der Spitze des Wetterturms auf dem Fichtenberg in Berlin-Steglitz. Es ist frisch an diesem frühen Mittwochmorgen, doch die Sonne scheint und bis auf sanfte Nebelschwaden ist die Aussicht frei. In der Ferne schimmert der Fernsehturm.

Insgesamt sieben Mal hat Stöwe heute für das Morgenmagazin vom Wetter berichtet und kurze Interviews geführt, vor allem mit Studierenden. Jetzt spricht er mit dem Diplom-Meteorologen Thomas Dümmel. Der Leiter der Arbeitsgruppe Meteorologische Informations- und Kommunikationssysteme verrät die genaue Temperatur, gemessen im Botanischen Garten um 8 Uhr: Es sind 4,1 Grad Celsius.

Die Temperaturdaten gehören zu den Daten, die im Wetterturm der Freien Universität Berlin notiert werden. Als Messstation im globalen Netz der Weltorganisation für Meteorologie erfasst die Station Berlin-Dahlem außerdem meteorologische Kerndaten wie Luftfeuchte und -druck, Windstärke und -richtung. Während viele Werte automatisch aufgezeichnet werden, kann man andere nur mit dem Auge erkennen. „Dafür braucht es Menschen“, erklärt Thomas Dümmel. „Wir arbeiten zwar an Verbesserungen der automatischen Messungen. Noch sind die aber nicht zuverlässig genug.“

Rund um die Uhr beobachten Studierende das Wetter – sogar an Feiertagen

Rund um die Uhr, das ganze Jahr lang, muss darum das Wetter beobachtet werden. Immer zehn Minuten vor der vollen Stunde notiert ein Wetterexperte: Welche Wolken gibt es? Wie hoch sind sie? Und wie weit kann man sehen? Signifikantes Wetter, etwa Niederschlag aller Art, kommt sofort ins Protokoll.

Verantwortlich für die Wetterbeobachtung sind hauptsächlich Studierende der Meteorologie, etwa 20 an der Zahl. Sie organisieren ihre Dienstzeiten selbst, auch an Weihnachten und Silvester ist jemand da. Das Programm sei einzigartig, sagt Daniela Schoster, die Meteorologie im Master studiert. „Die Freie Universität Berlin ist die einzige Uni in Deutschland, die neben dem Studium eine solche Fortbildung anbietet.“ Und sie ist von Bedeutung: Nur durch die kontinuierlichen Beobachtungen lassen sich die langen Messreihen fortsetzen. Je länger diese andauerten, desto wertvoller seien sie für die Klimaforschung, sagen die Experten. Die Station Berlin-Dahlem verfügt mit mehr als 100 Jahren über eine der längsten Messreihen weltweit.

Die Beobachter genießen schöne Sonnenaufgänge – doch auch nachts sei die Atmosphäre sehr stimmungsvoll, sagt Daniela. „Wenn man nachts das Wetter beobachtet, alles dunkel ist und die Stadt leuchtet – das ist schon toll!“ Thomas Dümmel betont, dass die Studierenden fachlich profitierten. „Es ist mir wichtig, dass Studenten bereits im Studium lernen, operativ zu arbeiten“, erklärt er.

Mit Wetterpatenschaften die Messreihe der Station Berlin-Dahlem unterstützen

Im Wetterturm ist auch der Verein Berliner Wetterkarte e.V. tätig, der täglich eine achtseitige Wetterzeitung mit Wetterdaten, -karten und -berichten verschickt. Zu den rund 500 Abonnenten zählen Versicherungen und Baufirmen, aber auch viele Privatleute, die sich einfach für das Wetter interessieren, erzählt Diplom-Meteorologin Petra Gebauer, die Vorsitzende des Vereins. Als gemeinnütziger Verein unterstütze die Berliner Wetterkarte Wissenschaft und Bildung: „Unsere Studenten lernen, Wetterdaten genau zu analysieren.“ Auch das Schreiben sei wichtig: „Die Entwicklungen von Hoch- und Tiefdruckgebieten werden als Lebensgeschichten verfasst.“

Der Berliner Wetterturm ist auch der Ort, an dem die Hochs und Tiefs ihre Namen erhalten. Wer möchte, kann seinen eigenen Vornamen auf den Wetterkarten verewigen lassen. Der Verkauf von Wetterpatenschaften ermöglicht, dass die studentischen Beobachtungen am Wetterturm fortgesetzt werden können. Die Finanzierung ist schon lange schwierig. „Mit den ‚Wetterpaten‘ haben wir aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt Dümmel. Für die Benennung eines Tiefs erhält die Station 199 Euro, für ein Hoch 299 Euro. Es sei traurig, wenn die Wetterstation schließen müsste, findet Dümmel. „Wir sind mit Tegel die einzige bemannte Wetterstation in Berlin. Wenn der Flughafen zumacht, wird die Wetter- und Klimastation der Freien Universität Berlin die einzige in der Hauptstadt sein, an der es noch Augenbeobachtungen gibt.“

Der Wetterturm sei der ideale Ort für seine Sendung gewesen, bilanziert Moderator Benjamin Stöwe nach der Aufnahme. „Nirgends kommt man dem Wetter so nah“, sagt er. Für ihn sei das ein Fundus toller Möglichkeiten. „Zu sehen, wie Messungen zustande kommen, macht das Wetter greifbar und spannend.“