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Modell stehen im Museum

Von Glasblumen und Computerpflanzen: Die Ausstellung „modellSCHAU“ im Botanischen Museum zeigt die Vielfalt botanischer Modelle

09.09.2015

Modell des marinen Röhrenwurms Serpula vermicularis (Polychaeta) aus farbigem Glas, angefertigt von Rudolf und Leopold Blaschka, Dresden 1884.

Modell des marinen Röhrenwurms Serpula vermicularis (Polychaeta) aus farbigem Glas, angefertigt von Rudolf und Leopold Blaschka, Dresden 1884.
Bildquelle: Zoologische Lehrsammlung der Humboldt-Universität zu Berlin

Duften nicht, sehen aber toll aus und sind auch noch lehrreich: Das Modell einer Apfelblüte…

Duften nicht, sehen aber toll aus und sind auch noch lehrreich: Das Modell einer Apfelblüte…
Bildquelle: Firma Osterloh/Museum für Naturkunde Berlin

… das Modell einer Blüte des Roten Fingerhutes Digitalis purpurea…

… das Modell einer Blüte des Roten Fingerhutes Digitalis purpurea…
Bildquelle: Firma Osterloh/Museum für Naturkunde Berlin

…und die digitalen Blumen des japanischen Künstlers Macoto Murayama werden in der Ausstellung gezeigt.

…und die digitalen Blumen des japanischen Künstlers Macoto Murayama werden in der Ausstellung gezeigt.
Bildquelle: Macoto Murayama

Langsam und geräuschlos fährt der Besucher in einer Achterbahn rund um den meterdicken Baumstamm, die Bahn schlängelt sich immer höher, bis hoch in die Baumkrone. Der Ausblick von dort ist fantastisch: überall ragen weitere Bäume in die Höhe, auch sie bis in fast 100 Meter. Einzig: Die Fahrt durch den Blätterwald ist nicht real, sondern eine am Computer entstandene Simulation. Erfahrbar wird sie mit einer dreidimensionalen Brille. Die künstlich geschaffenen Bäume sind eines von mehr als 800 botanischen und zoologischen Modellen, die in der Ausstellung „modellSCHAU“ im Botanischen Museum noch bis zum 28. Februar 2016 gezeigt werden.

„Modelle gehören zur Biologie und ganz besonders zu unserem Botanischen Museum. Mit ihnen können wir zum Beispiel Strukturen sichtbar machen, die unserem Auge sonst verborgen bleiben würden, oder in Schaukästen verschiedene Vegetationstypen in Szene setzen“, sagt Kathrin Grotz, Kuratorin der „modellSCHAU“.

Die Ausstellungsleiterin des Botanischen Gartens und Botanisches Museums der Freien Universität Berlin hat den Schatz der 600 dauerhaft gezeigten Modelle des Museums für diese Sonderausstellung um 200 weitere, entliehene Modelle erweitert. Früchte aus Wachs, Blumen aus Glas, Pilze aus Terrakotta, Kakteen aus Legosteinen, aber auch Objekte aus dem 3D-Drucker oder am Computer programmierte Modelle sind zu sehen.

Überall Modelle

„Eigentlich sind wir im Alltag ständig von Modellen umgegeben“, sagt Kathrin Grotz. Plastik-Dinosaurier in Kinderzimmern, Kunstblumen auf Fenstersimsen oder – das war einmal – Lebensmittelattrappen in den Schaufenstern von Geschäften.

Während Modelle von Obst oder Schinken Appetit machen sollten, sollten andere das Gegenteil bewirken. In Kathrin Grotz‘ „Giftschrank“ aus dem 18. Jahrhundert sind Wachsmodelle von giftigen Pilzen ausgestellt. „Damit konnten auch Menschen, die nicht lesen konnten, lernen, welche Pilze ungenießbar sind“, sagt Grotz. Und wer sich vergiftet hatte, konnte dem Arzt zeigen, welches Exemplar er verzehrt hatte, und erhielt schneller das passende Gegenmittel. Inzwischen sind die Wachsmodelle längst durch digitale Bestimmungshilfen ersetzt.

Modelle in der Wissenschaft

„Auch für Wissenschaftler sind Modelle von Bedeutung, sie können mit ihnen verschiedene Denkmöglichkeiten ausprobieren. Ein bekanntes Beispiel ist das dreidimensionale DNA-Modell von Watson und Crick: Der Physiker und der Biologe puzzelten fast zwei Jahre an der richtigen Basen- und Molekül-Konstruktion, bis sie 1953 endlich die richtige Raumstruktur fanden. Bei der „modellSCHAU“ darf eine Nachbildung der Doppelhelix deshalb nicht fehlen.

An der Freien Universität fließt das Erkenntnispotenzial von botanischen und zoologischen Modellen auch in die Lehre ein. Am Institut für Biologie forscht Dirk Krüger, Professor für Didaktik der Biologie, dazu, wie sich mit Modellen Wissen vermitteln lässt und sich umgekehrt Wissen aus Modellen generieren lässt.

Und manchmal ist das Modell selbst ein Kunstwerk. Der japanische Künstler Macoto Murayama etwa erschafft botanische Modelle am Computer. Für seine Bilder seziert und fotografiert er Pflanzenteile unter dem Mikroskop und baut sie anschließend als 3D-Modelle nach. Auch wenn Murayamas Pflanzen nicht duften – eine Schönheit sind sie allemal. Rund 40 Arbeiten Murayamas sind derzeit in der Galerie des Museums zu bewundern.

Weitere Informationen

Ausstellung „modellSCHAU“

Zeit und Ort

Der Eintritt in das Museum beträgt 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro (bei Garteneintritt 6 Euro, ermäßigt 3 Euro ist der Museumseintritt inklusive)

Die Galerie-Ausstellung „KOSMOS“ von Macoto Murayama läuft noch bis zum 11. November 2015.