In sechs Tagen um die Welt
Eine Woche lang standen an der Freien Universität im Rahmen der ersten International Week Austauschprogramme und internationale Kooperationen im Mittelpunkt
16.07.2015
„Internationalisierung kann nicht verordnet werden“, fasste es Marion Müller, Geschäftsführerin der Einstein Stiftung Berlin, zusammen, sondern müsse als „Bottom-up-Prozess“ von allen Hochschulangehörigen herbeigeführt werden. Anstoßen allerdings muss erlaubt sein: Und so sollte eine „International Week“ noch ein bisschen mehr Schwung in den bereits schwungvollen Internationalisierungsprozess an der Freien Universität bringen: mit mehr als 20 Veranstaltungen, die sich an Studierende, Mitarbeiter und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland richteten – also an alle Universitätsmitglieder.
Teil des Programms waren beispielsweise die von Marion Müller moderierte Podiumsdiskussion über zukünftige Herausforderungen für Universitäten und Wissenschaftsfördereinrichtungen sowie ein sogenannter Go-out-Tag für Studierende, bei dem sie alles über Auslandsstudium und -praktika erfahren konnten; hinzu kamen spezielle Karriereveranstaltungen für internationale Studierende und Doktoranden, viele Informationen für kooperationsinteressierte Wissenschaftler sowie ein Angebot internationaler Speisen in der großen Mensa.
Die Wissenschaftler konnten sich bei einem „Brown Bag Lunch“ über die Angebote der Verbindungsbüros der Freien Universität Berlin in sieben Ländern informieren und mit den Büroleitern, die sonst etwa in Peking, St. Petersburg, Kairo oder New York arbeiten, in Berlin ins Gespräch kommen.
Was hat Internationalisierung mit dem eigenen Arbeitsalltag zu tun?
Doch Internationalisierung ist längst nicht mehr nur ein Thema für Wissenschaftler – sie betrifft inzwischen viele Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit. An sie richtete sich eine Veranstaltung des Weiterbildungszentrums. Zum „Einmaleins der Internationalisierung“ kamen Sekretärinnen und Sachbearbeiter, Bibliotheksmitarbeiterinnen und Beschäftigte im Hochschulsport, dem Studierendenservice und anderen Einrichtungen zum Erfahrungsaustausch zusammen.
Für Britta Piel vom Center for International Cooperation, die die International Week koordiniert hat, war die Veranstaltung nicht nur wegen der gemischten Teilnehmergruppe ein Gewinn: „Es war toll zu sehen, wie viele Ideen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den unterschiedlichen Bereichen entwickelt haben. Jetzt wird es darum gehen, diese Ideen weiterzuführen.“
Empfang für 70 Gastwissenschaftlerinnen- und -wissenschaftler und ihre Betreuer
Um die Bedeutung des internationalen Hochschulpersonals für die Freie Universität herauszustellen und um neue gemeinsame Ideen zu entwickeln, lud die Universitätsleitung ihre internationalen Gastwissenschaftler aus mehr als 70 Ländern und ihre Betreuer an der Freien Universität Berlin in den Garten des Dahlemer Harnack-Hauses ein. Der Präsident der Freien Universität Professor Peter-André Alt bezeichnete den Abend als einen, der die Wissenschaft voranbringen könnte. Zwar wäre es vordergründig eine zweckfreie Veranstaltung, bei der Geselligkeit und Musik Vorrang vor Powerpoint-Vorträgen und Büchern hätten. Jedoch entwickelten sich gute Ideen – auch und gerade für Kooperationsprojekte – vielfach im Gespräch, „wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, mit verschiedenen Ansichten und Erfahrungen zusammenkommen und sich über ein Problem austauschen".
„Nur in internationalen Teams kann es gelingen, sich den Problemen einer multikulturellen Gesellschaft zu stellen"
Doch warum sollten sich Hochschulen überhaupt internationalisieren? Auf diese Frage versuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Internationalization 3.0 – Current Challenges and Models for Higher Education and Research“ eine Antwort zu finden. Die Veranstaltung, an die sich Praxisworkshops für Nachwuchswissenschaftler anschlossen, war vom Center for Research Strategy und dem Center for International Cooperation der Freien Universität als Veranstaltung des „Jungen Wissenschaftsforums Dahlem“ im Rahmen der International Week organisiert worden.
Neben der Moderatorin Marion Müller, Geschäftsführerin der Einstein Stiftung Berlin, waren mit Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, und Anjana Buckow, Programmleiterin Nachwuchsförderung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, auch weitere Wissenschaftsfördereinrichtungen an der Veranstaltung beteiligt. Klaus Mühlhahn, Professor für Sinologie und Vizepräsident der Freien Universität für Internationales, und Ana-Nicoleta Bondar, Professorin für Theoretische Molekulare Biophysik, saßen für die Freie Universität auf dem Podium.
Es sei eine Frage des Überlebens für die Universitäten, sich zu internationalisieren, erklärte Volker Meyer-Guckel. Ohne Internationalisierung verschwänden die Hochschulen als Institutionen über kurz oder lang – mit dramatischen Folgen für die Wirtschaftskraft. Nur in internationalen Teams könne es gelingen, sich den Problemen einer multikulturellen Gesellschaft zu stellen. Er lobte die Internationalisierungsstrategie der Freien Universität, fragte jedoch, was passieren würde, wenn die Mittel aus der Exzellenzinitiative nach 2017 wegfielen.
Was folgt nach 2017?
Viele Maßnahmen der Freien Universität seien aus dem Zukunftskonzept finanziert worden, mit dem die Hochschule in der Exzellenzinitiative erfolgreich abgeschnitten hat, bestätigte Klaus Mühlhahn. Er betonte jedoch auch, dass die Universität auf eine lange Tradition internationaler Kooperationen zurückblicke und auch nach der Exzellenzinitiative ihre Zukunft in einer Zusammenarbeit mit den besten Wissenschaftlern weltweit sehe. Hierfür müsse an der Freien Universität ein gutes Umfeld geschaffen werden. Internationalisierung sei kein Selbstzweck, erklärte Mühlhahn. Das betonte auch Anjana Buckow. Deshalb fördere die DFG ungeachtet der Nationalität eines Wissenschaftlers oder einer Wissenschaftlerin exzellente Projekte an deutschen Universitäten.
Herausforderung für die gesamte Universität
Der Lebenslauf von Physikerin Ana-Nicoleta Bondar – ein Beispiel für eine heutzutage ganz normale Wissenschaftlerinnenkarriere – zeigt, dass bereits die Berufung von Wissenschaftlern eine Internationalisierungsstrategie sein kann, weil diese Kontakte von ihren verschiedenen Lebenslauf-Stationen mitbringen. In Rumänien geboren, promovierte Ana-Nicoleta Bondar in Heidelberg, forschte an der University of California at Irvine und seit dem Wintersemester 2010/11 an der Freien Universität.
Sie lobte die Bedingungen für Wissenschaftler in Berlin, bedauerte aber, dass es keine „Tenure Track“-Optionen für Juniorprofessoren gäbe. Ein Problem sei auch die Unterrichtssprache. Das eigene Forschungsthema auf Deutsch zu erklären, sei für viele Wissenschaftler aus dem Ausland doch schwer, meinte sie. Womit die Diskussion wieder im Universitätsalltag angekommen war und klar wurde, dass bei der Lösung praktischer Probleme alle „mitgenommen“ werden müssten: Studierende, Wissenschaftler und Verwaltungsmitarbeiter. Oder, wie Klaus Mühlhahn es ausdrückte: „Internationalisierung ist eine Herausforderung für die gesamte Universität.“