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„Das Großprojekt erfolgreich gemeistert“

Interview mit dem Leiter der Bauabteilung, Uwe Meising, über die Höhen und Tiefen des Bauvorhabens „Neubau Kleine Fächer“

24.04.2015

Der holzverkleidete Erweiterungsbau schließt an die Rost- und Silberlaube an. 14 Kleine Fächer und eine neue Campusbibliothek werden hier unter einem Dach zusammengebracht.

Der holzverkleidete Erweiterungsbau schließt an die Rost- und Silberlaube an. 14 Kleine Fächer und eine neue Campusbibliothek werden hier unter einem Dach zusammengebracht.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Uwe Meising, Leiter der Bauabteilung der Freien Universität stemmte gemeinsam mit seinem Team das Bauprojekt "Neubau Kleine Fächer".

Uwe Meising, Leiter der Bauabteilung der Freien Universität stemmte gemeinsam mit seinem Team das Bauprojekt "Neubau Kleine Fächer".
Bildquelle: privat

Er hat die Größe von knapp zwei Fußballfeldern und ist das ehrgeizigste Projekt zur Verdichtung der Freien Universität seit Bestehen der Hochschule: Der Neubau für die sogenannten Kleinen Fächer an der Fabeckstraße, der die Rost- und Silberlaube nach Nordosten erweitert. Ende Mai wird das Gebäude offiziell eröffnet. 14 Institute des Fachbereiches Geschichts- und Kulturwissenschaften, von denen viele bisher auf dem Dahlemer Campus in verstreut liegenden Villen untergebracht waren, werden dort künftig unter einem Dach beheimatet sein. Gemeinsam mit einer neuen Campusbibliothek, die mit der Bereichsbibliothek Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Psychologie verbunden ist und insgesamt 24 Institutsbibliotheken zusammenführt – inklusive der Bibliotheken der Naturwissenschaften, Informatik und Mathematik. Campusleben sprach mit dem Leiter der Bauabteilung, Uwe Meising, über Kosten, ökologisches Bauen und die besonderen Herausforderungen des Mammutprojektes.

Herr Meising, hat die Freie Universität schon einmal ein vergleichbar großes Bauprojekt gestemmt?

Nein. Das Robert-von-Ostertag-Haus auf unserem Campus in Düppel, das fünf infektionsmedizinische Institute unter einem Dach vereint und im März 2014 eröffnet worden ist, war schon ein sehr großes und komplexes technisches Projekt. Aber der Neubau für die Kleinen Fächer mit der integrierten neuen Campusbibliothek toppt diesen Bau bei weitem.

Die Freie Universität ist erstmals Bauherrin eines so großen Projektes. Wie kam es dazu?

Hintergrund ist eine Grundgesetzänderung bei der Finanzierung von Hochschulbauten. Bis Ende 2006 war der Hochschulbau eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, die sich die Kosten für die Errichtung von Gebäuden geteilt haben. Seit 2007 ist der Hochschulbau Ländersache. Der Bund fördert Neubauten und die wissenschaftliche Infrastruktur nur noch im Rahmen der von ihm anerkannten Forschungsvorhaben. Die Konzentration der Kleinen Fächer und ihrer Bibliotheken unter einem Dach ist als förderungswürdig gemäß Paragraph 91b des Grundgesetzes anerkannt worden, weil dadurch erhebliche wissenschaftliche Synergien erzeugt werden.

Wie viel hat das ganze Projekt gekostet?

Inklusive der Naturwissenschaftlichen Bibliotheken, die in die neue Campusbibliothek integriert wurden, wird der Neubau voraussichtlich 52 Millionen Euro kosten. Knapp 18,5 Millionen davon hat der Bund als Förderung dazugegeben, 33,6 Millionen hat die Freie Universität aus ihrem Budget für bauliche Investitionen finanziert und durch Villenverkäufe.

Wie viele Villen werden durch den Neubau denn aufgegeben?

Die Universität zieht sich voraussichtlich aus elf Villen zurück. Sieben davon gehen in den Verkauf, drei waren angemietet und werden gekündigt, und eine Villa geben wir an die Berliner Immobilien Gesellschaft zurück.

Lagen Sie, was den Baufortschritt angeht, immer im Zeitplan?

Ja, und darauf sind wir auch stolz. Denn Planungs- und Bauzeiten waren sehr kurz. 2004 wurde ein europaweiter Wettbewerb ausgelobt, den das Büro Florian Nagler Architekten aus München Mitte 2005 für sich entscheiden konnte. Aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen mussten die Architektenpläne 2007 noch einmal überarbeitet werden. Die reine Bauzeit hat nur etwa gut zweieinhalb Jahre gedauert. Natürlich gab es manchmal auch Zeitverzüge. So mussten wir zum Beispiel dem Planungsbüro für die Technische Ausrüstung kündigen, weil es die geschuldete Leistung nicht erbracht hatte. Während der Planungsphase von einem Planungsbüro zu einem anderen zu wechseln – unter Einhaltung der europaweiten Ausschreibung –, bringt erhebliche Probleme mit sich. Das war schon eine Herausforderung. Aber wir haben die entstandenen Verzüge immer an anderen Stellen wieder aufholen können. Dazu hat auch die hervorragende Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz und der Bauleitung des Architektenbüros Nagler beigetragen.

Was waren die größten Herausforderungen?

Das Ganze ist ein riesiger Bau, der auf sehr engem Raum errichtet wurde. Und das, während nebenan der Lehr-, Forschungs- und Bibliotheksbetrieb gefahrlos weitergehen musste. Es ist glücklicherweise nichts passiert, aber durch die Bauarbeiten wurde schon mal die Erde zum Zittern gebracht, und damit natürlich auch messtechnische Versuchsaufbauten in den Naturwissenschaften. Da gab‘s manchmal empörte Anrufe aus der benachbarten Chemie an der Fabeckstraße. Auch die bauliche und technische Anbindung an die Silberlaube und die Erziehungswissenschaftliche Bibliothek waren kompliziert, wir mussten eine Fernheizungstrasse verlegen und Ebenen angleichen, um eine barrierefreie Nutzung der Bibliotheken und der Büro- und Seminarbereiche sicherzustellen. Und dann gab es noch eine Gesetzesänderung während der Bauphase, die uns doch etwas in Panik versetzt hat.

Warum?

Der Rohbau war gerade errichtet, da wurde es Vorschrift für Polizei und Feuerwehr in Deutschland, von analogem auf digitalen Funkverkehr umzustellen. Der Neubau ist aber ebenso wie die Rost- und Silberlaube ein Faraday'scher Käfig, da kommen kaum Signale rein und raus, jedenfalls nicht so, wie die Sicherheitskräfte der Polizei und der Feuerwehr es sich vorstellen. Erst haben wir befürchtet, wir müssten durch das ganze Gebäude Antennen schlagen, das wären zusätzliche Kosten von mehr als einer Million Euro gewesen. Aber wir haben uns mit der Senatsverwaltung für Inneres, der Polizei und der Feuerwehr zusammengesetzt und einen Kompromiss gefunden: Auf einem benachbarten Gebäude wurde eine digitale Sende- und Empfangsstation errichtet. Davon profitieren jetzt alle Gebäude auf dem Campus im Radius von mehreren Kilometern.

Wie viele Büros, Hörsäle und Seminarräume sind in dem Neubau untergebracht?

Es gibt dort 220 Büros, drei Hörsäle und zwölf Seminarräume.

Die Freie Universität hat gerade den Leitbegriff der Nachhaltigkeit in ihr Profil aufgenommen. Erfüllt der Neubau diesen Anspruch?  

Ja. Das Dach ist extensiv begrünt, und wenn die Gewährleistungsfrist gegenüber den Baufirmen verstrichen ist, könnten dort oben an ausgewählten Stellen auch Solaranlagen errichtet werden. Dafür vorbereitet ist alles. Eine energetische Besonderheit ist auch die natürliche Klimatisierung der Räume. Durch eine spezielle Lamellenkonstruktion kann in jedem Raum nachts ein Fenster offenbleiben, sodass die Nachtkühle zur Belüftung genutzt werden kann. Die Bibliothek hat eine Be- und Entfeuchtungsanlage mit Rotationswärmetauschern. Das heißt, die Wärme der Abluft wird über die Trennwand eines Wärmetauschers auf die Zuluft übertragen. Es besteht also keine direkte Verbindung zwischen Innen- und Außenluft und damit keine Vermischung und Übertragung von Feuchtigkeit.

Der Neubau hat eine Holzfassade. Ist das nicht sehr pflegeintensiv?

Die Verschalung besteht aus Alaska-Zeder. Das ist ein sehr dicht gewachsenes Holz mit feiner Struktur, das nicht reißt und auch hitze- und kälteunempfindlich ist. Wir haben das mit großen Holzfeldern getestet, die wir draußen aufgestellt und damit Sonne und Regen ausgesetzt haben.

Wie viele Personen der Bauabteilung waren in das Projekt einbezogen?

Um so etwas zu stemmen, braucht es eine ganze Abteilung. Der harte Kern waren aber nur etwa zehn Leute. Für die Planung war Markus Porn zuständig, für den Hochbau Jörg Cybulski und für die Technische Gebäudeausstattung Sebastian Block.

Würden Sie so ein großes Projekt noch einmal in Angriff nehmen?

Wir wissen jetzt, wie es geht, aber auch dass die Herausforderungen riesig sind. Deshalb brauchten wir dafür ganz sicher eine bessere personelle Ausstattung. Aber wenn das gewährleistet wäre, ja, dann würden wir es noch einmal machen.

An dem Gespräch nahmen auch die verantwortlichen Referatsleiter der Technischen Abteilung teil: Markus Porn, Jörg Cybulski und Sebastian Block.

Weitere Informationen

Der Neubau der Freien Universität für die Kleinen Fächer

  • Zweieinhalb Jahre nach der Grundsteinlegung steht der Neubau für die sogenannten Kleinen Fächer des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften in der Dahlemer Fabeckstraße 23 – 25 planmäßig kurz vor seiner Fertigstellung.
  • Der Erweiterungsbau beherbergt auch eine neue, integrierte Campusbibliothek für die Kleinen Fächer und die Naturwissenschaften. Etwa eine Million Bände aus 24 Instituts- und Bereichsbibliotheken werden in der  Campusbibliothek Natur-, Kultur- und Bildungswissenschaften, Mathematik, Informatik und Psychologie zusammengebracht. Campus.leben begleitete den Umzug der Institutsbibliotheken mit einer Serie.
  • Der Eröffnung des Neubaus widmet sich campus.leben ebenfalls mit einer Serie.