Wissen und Wirtschaft in Dahlem halten
In einer Anwohnerversammlung wurde über das geplante Technologie- und Gründungszentrum Südwest (TGZ SW) informiert
16.02.2015
Das ehemalige US-Militärkrankenhaus in der Fabeckstraße 62 – in unmittelbarer Nähe zum Dahlemer Campus der Freien Universität – soll in ein Zentrum für junge und forschungsorientierte Unternehmen umgewandelt werden. In dem geplanten Technologie- und Gründungszentrum Südwest sollen die Gründer in der Anfangsphase Büroräume und Labore nutzen und so in geografisch und inhaltlich engem Kontakt zu ihren Forschungseinrichtungen bleiben können. Um Anwohner und Interessierte über den Stand der Planung zu informieren und ein Meinungsbild einzuholen, war kürzlich zu einem öffentlichen Informationsabend eingeladen worden.
Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Wettbewerb „EXIST-Gründungskultur – Die Gründerhochschule“ ausgezeichnete Freie Universität zählt zu den Gründerhochschulen in Deutschland. Unter den nichttechnischen Universitäten ist sie führend bei Ausgründungen. Profund – die Gründungsförderung der Hochschule – unterstützt Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Alumni der Freien Universität bereits seit 2006. „Wir bringen jährlich bis zu 15 Ausgründungen auf den Weg“, sagt Peter Lange, Kanzler der Freien Universität.
Bisher wanderte jedoch ein Großteil nach erfolgreichem Start aus Steglitz-Zehlendorf in andere Bezirke und ins Umland ab, da sich dort bessere Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens fanden. Gerade in den ersten Jahren brauchen die jungen Unternehmen aber weiterhin die Nähe zu ihren ehemaligen Instituten. Daher ist der Standort Fabeckstraße 62 mit seinen kurzen Entfernungen zur Freien Universität, zu weiteren Forschungseinrichtungen wie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, den Max-Planck-Instituten, dem Konrad-Zuse-Zentrum sowie dem Campus Benjamin Franklin der Charité ideal für das geplante Technologie- und Gründungszentrum Südwest (TGZ SW).
Kreative, junge Gründer im Bezirk halten
Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen seien ein wichtiger Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor, sagte Norbert Kopp, Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf. „Deshalb sollte alles dafür getan werden, dieses kreative, junge Zukunftspotenzial im Bezirk zu halten und auch Arbeitsplätze zu schaffen.“ Mit dem Zentrum würden die Stärken des Wissenschaftsstandortes Dahlem mit der Wirtschaft kombiniert. „So können wir Unternehmen und Arbeitsplätze in unserem Bezirk halten.“
Mit der Entwicklung des TGZ ist die Wista-Management GmbH beauftragt, die auch den Forschungs- und Technologiepark Berlin Adlershof verantwortet. „Durch dieses Projekt haben wir bereits ein gutes Gefühl dafür, wo Risiken liegen“, sagte Hardy Schmitz, Geschäftsführer der Wista-Management GmbH. Nach einem Auswahlverfahren wurde das Büro „Numrich Albrecht Klumpp Gesellschaft von Architekten mbH“ mit einem ersten städtebaulichen Entwurf zur Gesamtentwicklung des 50.000 Quadratmeter großen Geländes beauftragt. Der Entwurf wurde auf der Anwohnerversammlung öffentlich vorgestellt.
Vielfacher Wunsch nach einer schnellen Umsetzung
Rund 150 Nachbarn, Interessierte und an dem Projekt Beteiligte versammelten sich dazu im Foyer des ehemaligen US-Militärhospitals. Moderiert wurde der Abend von Peter Strunk, Kommunikationschef und Sprecher der Wista-Management GmbH. Für das Regionalmanagement Südwest stand Projektleiter Reinhard Baumgarten für Fragen zur Verfügung. Die Reaktionen des Publikums zu dem Vorhaben waren ausschließlich positiv. Fragen gab es unter anderem zur Ästhetik des Baus, zum Verbleib der Unternehmen nach der Gründungsphase und zur Finanzierung und Verantwortung. Zudem wurde mehrfach der Wunsch nach einer schnelleren Realisierung betont.
„Bebauungsplanverfahren in Berlin zeitlich einzuschätzen, ist eine ganz schwierige Aufgabe“, sagte Sabine Lappe, Leiterin des Stadtplanungsamtes von Steglitz-Zehlendorf. Wenn alles gut laufe, werde der fertige Bebauungsplan Ende 2016 vorliegen. Daran schlössen sich die Beantragung von Fördermitteln und die Ausschreibungen unter anderem für Planer, Bauunternehmer und Architekten an. „Wenn wir schnell arbeiten und ein straffes Projekt haben, werden wir vielleicht zu Weihnachten 2020 durch das fertige Gebäude flanieren können“, sagte Jörg Israel, Projektleiter für das TGZ.
Auf dem Gelände sollen Büros ebenso wie Labore entstehen, die von den Unternehmen für jeweils maximal acht Jahre genutzt werden können. Zudem seien Grünflächen, eine Promenade und Platz für Cafeteria und Kindertagesstätte angedacht, stellte Architekt Timo Klumpp das mögliche Nutzungskonzept vor. Abhängig von ihrer Größe werden sich nach fertiger Bebauung zwischen 60 und 80 Unternehmen mit ungefähr 900 Mitarbeitern in dem Zentrum einrichten können. Die meisten der zirka 300 Parkplätze werden im Untergeschoss zur Verfügung gestellt. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind fußläufig gut zu erreichen.
Das Investitionsvolumen wird voraussichtlich zwischen 40 und 50 Millionen Euro betragen. „Wenn die Hälfte der Nutzfläche Labore sein sollen, dann ist man schnell bei dieser Summe“, sagte Jörg Israel. „Es geht darum, Flächen zu schaffen, die es in Berlin nicht überall gibt und die speziell von Gründern nachgefragt werden.“
Geschichte der Fabeckstraße 62
Der Gebäudekomplex an der Fabeckstraße 62 wurde in den 1970er Jahren als modernes Krankenhaus errichtet, das der US-Army in Berlin als Hauptgesundheitszentrum diente. Die Kapazität lag bei rund 220 Betten. 1994 wurde das Hospital dem Land Berlin übergeben. Bereits auf dem Gelände ansässig sind unter anderem die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie die „High-Tech-Firmen Laser- und Medizin-Technologie Berlin GmbH“, „Alacris Theranostics GmbH“ und „Erdmann Technologies GmbH“. Für die Auslagerung der Unternehmen nach der Gründungsphase werden bereits weitere Wachstumsflächen vom Regionalmanagement Berlin Südwest (RMSW) in den Blick genommen, so zum Beispiel das ehemalige Krone-Gelände am Beeskowdamm. Ausreichend Zeit zur Planung sei vorhanden.
Das Projekt soll auch weiterhin von Bürgerbefragungen und durch Beteiligung der Anwohner im Bezirk begleitet werden. Beispielsweise soll das Gebäude – wie im vergangenen Jahr – zur Langen Nacht der Wissenschaften besichtigt werden können. Zusätzlich wurde zum Abschluss der Informationsveranstaltung die Idee geäußert, für Interessierte einen Besuch des Technologieparks in Adlershof zu organisieren.