Korea, Deutschland und die Europäische Union
Wissenschaftler des Instituts für Koreastudien laden zu international besetzter Podiumsdiskussion am 17. November 2011 ein
15.11.2011
Rund 8580 km Luftlinie liegen zwischen Deutschland und Korea – geografisch eine große Entfernung. Doch gibt es neben den bestehenden wirtschaftlichen Verbindungen und sicherheitspolitischen Erwägungen Parallelen zwischen beiden Staaten: Das Land, das seit dem Zweiten Weltkrieg in zwei Staaten geteilt ist – in das kommunistische Nordkorea und das demokratische Korea – schaut seit der geglückten Vereinigung der beiden deutschen Staaten noch gespannter Richtung Europa. Ein Gespräch mit Professorin Eun-Jeung Lee über Chancen und Grenzen in Korea und die Rollen Deutschlands und der EU.
Frau Professorin Lee, die Podiumsdiskussion, die das Korea-Institut veranstaltet, heißt „Deutschland, die EU und die Frage von Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel“. Wie schätzen Experten die dortige Sicherheitslage ein?
Nach den dramatischen Zwischenfällen im Jahr 2010 – der Versenkung der südkoreanischen Korvette Ch’ŏnan und dem Beschuss der südkoreanischen Insel Yŏn’pyŏng durch Nordkorea – hat sich die Lage wieder etwas „entspannt“. In jüngerer Zeit lassen sich denn auch einige Signale beobachten, die auf eine Wiederaufnahme des Dialogs nicht nur zwischen den beiden Koreas, sondern auch auf einen erneuten Dialog zwischen Nordkorea und den USA zur Lösung der sogenannten zweiten Nuklearkrise hindeuten. Diese Krise beeinflusst die politischen Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel seit 2002.
Welchen Handlungsspielraum und welchen Einfluss haben Deutschland und die EU auf die dortige Lage?
Vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte – als ehemals geteiltes und heute wiedervereinigtes Land – kommt Deutschland zweifelsohne eine besondere Rolle auf der koreanischen Halbinsel zu. Gleichermaßen ist der Handlungsspielraum Berlins und Brüssels aufgrund der strategischen Dominanz der USA und Chinas (sowie abgestuft Russlands und Japans) in der nordostasiatischen Region im Allgemeinen und der koreanischen Halbinsel im Besonderen begrenzt. Während die Region für Deutschland und die EU in wirtschaftlicher Hinsicht sehr wichtig ist und eine herausragende Rolle spielt, scheint die von der EU angestrebte Rolle als globaler sicherheitspolitischer „player“ insbesondere in der Lösung der „Nordkorea-Frage“ an ihre Grenzen zu stoßen. In der Veranstaltung sollen deshalb nicht nur Strategien diskutiert werden, wie Deutschland und die EU den eigenen Handlungsspielraum auf der koreanischen Halbinsel auch im sicherheitspolitischen Bereich vergrößern können, sondern auch der grundlegenden Frage nachgegangen werden, wie die neue sicherheitspolitische Rolle Berlins und Brüssels konkret ausgestaltet werden kann.
In welcher Form engagieren sich Deutschland und die EU derzeit in Korea?
Das primäre Engagement Deutschlands und der EU in Nordostasien ist zweifelsohne wirtschaftlicher Natur. Sind Korea und die Staaten Nordostasiens wie etwa China und Japan immens wichtige Handelspartner für Berlin und Brüssel, so ist das sicherheitspolitische Engagement in der Region primär von einer defensiven Haltung geprägt. Dies wurde nicht zuletzt seit dem Ausbruch der zweiten Nuklearkrise 2002 erneut deutlich, im Zuge derer Brüssel den eigenen ambitionierten Engagementkurs (Nordkoreas) quasi vollständig aufgab und sich seither primär auf eine rein rhetorische Unterstützung einer „friedlichen Lösung“ beschränkt. Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch durchaus die Frage, ob – und wie lange – die herausragenden ökonomischen Interessen Berlins und Brüssels in der Region von einem solch defensiven sicherheitspolitischen Kurs gestützt werden.
Welche Positionen werden bei der Podiumsdiskussion zu erwarten sein, welche Gesprächsergebnisse erhoffen Sie sich?
Bei der Podiumsdiskussion werden verschiedene Positionen aufeinandertreffen, deren gemeinsame Schnittmenge in der übereinstimmenden Ansicht besteht, dass die Rolle Deutschlands und der EU in ihrer derzeitigen Ausgestaltung den eigenen Zielen in Korea und Nordostasien nicht gerecht werden. Wir erhoffen uns vor diesem Hintergrund eine lebendige Debatte über die Möglichkeit neuer sicherheitspolitischer Initiativen Deutschlands und der EU in Korea und möchten über deren Chancen und Grenzen ausführlich diskutieren. Hierbei sollen sowohl deutsche und europäische als auch koreanische Perspektiven inkorporiert werden.
Die Fragen stellte Juliane Bartsch
Weitere Informationen
Podiumsdiskussion:
Deutschland, die EU und die Fragen von Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel“
Zeit und Ort
- 17. November 2011, 18.30 Uhr
- Henry-Ford-Bau, Freie Universität Berlin, Garystraße 35, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U3)