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Stimmen zum Ausgang der Wahl

Professorenlisten neu gemischt: Neue Gruppe zieht auf Anhieb in den Akademischen Senat ein

17.01.2011

Nach der zentralen Gremienwahl vom 11. und 12 Januar 2011

Nach der zentralen Gremienwahl vom 11. und 12 Januar 2011
Bildquelle: Fotolia/Nikolai Sorokin

Das hatten wohl die wenigsten erwartet: Bei der zentralen Gremienwahl errang in der Gruppe der Professoren die gerade aus der Taufe gehobene Gruppierung „Exzellenz und Transparenz“ zwei Sitze im Akademischen Senat. Campus.leben hat Stimmen zur Wahl eingefangen und den Präsidenten im Interview nach seiner Einschätzung gefragt.

Dass sie auf Anhieb den Sprung in den Akademischen Senat schaffen würden, hätten wohl selbst die Mitglieder der Liste „Exzellenz und Transparenz“ nicht geglaubt. Zumal die Gruppierung um den Informatikprofessor Raùl Rojas die erste neue Hochschullehrer-Liste seit 20 Jahren ist. Zwei der 13 Professoren-Sitze im Akademischen Senat (AS) gingen an die erst kurz vor der Wahl gegründete Liste. Die „Vereinte Mitte“ blieb mit sieben Sitzen stärkste Kraft in der Gruppe der Hochschullehrer, jeweils zwei weitere Sitze gingen an den „Demokratisch-Plural-Dienstagskreis“ und die „Liberale Aktion".

„Ich denke, unser gutes Ergebnis macht deutlich, dass man in der Professorenschaft gewisse Änderungen anstrebt und unterstützt“, erklärt Raùl Rojas den Erfolg. „Wir nehmen den Wählerauftrag ernst und werden ihn mit großer Verantwortung umsetzen.“ Als vorrangiges Ziel müsse es darum gehen, den Wissenschaftsstandort Berlin zu stärken, zum Beispiel durch eine engere Zusammenarbeit der hiesigen Universitäten. „Es muss mehr gemeinsame Studienabschlüsse geben, und die Studenten sollten unbürokratischer als bisher Vorlesungen an allen drei Hochschulen besuchen können. Ich denke da an die Schaffung einer virtuellen Berliner Universität, in der man sich am Computer beispielsweise einen Semesterplan zusammenstellen kann.“ Rojas sagte, er werde aber keine Anträge einreichen, die er nicht vorher mit den Gremienmitgliedern diskutiert habe: „Ich möchte den Diskussionsprozess stärken. Selbst wenn nur 20 Prozent meiner Vorschläge umgesetzt werden könnten, dann wäre das schon etwas.“

Das Wahlergebnis analysieren

Der Stimmengewinn für die neue Liste ging vermutlich zu Lasten der „Liberalen Aktion“ (LA). Dort will man jetzt nach den Ursachen für den Wählerschwund suchen. „Was unser eigenes Wahlergebnis anlangt, werden wir es sorgfältig analysieren und uns überlegen, wie wir in Zukunft wieder eine größere Zahl von Kolleginnen und Kollegen für eine Hochschulpolitik gewinnen können, wie sie die Liberale Aktion vertritt“, sagte LA-Mitglied Professor Joachim Küpper. „Die Liberale Aktion ist zuversichtlich, dass der Akademische Senat auch in Zukunft konstruktiv im Sinne der Weiterentwicklung der Freien Universität zusammenarbeitet, und sie wird ihren Beitrag dazu leisten.“

Stabiler Wählerzuspruch

Zufrieden zeigte sich die Gruppierung „Demokratisch-Plural-Dienstagskreis“. „Der Dienstagskreis hat als einzige professorale Gruppierung erfreulicherweise die Zahl seiner Wahlstimmen stabil halten können“, sagte Professorin Mechthild Leutner. „Wir werden uns auch weiterhin engagiert für unsere Ziele einsetzen: für eine Stärkung der demokratischen Verfasstheit der Universität, für Pluralität der Meinungsbildung, für eine neue Verbindung von Demokratie und Exzellenz, für Gleichstellung und Partizipation. Wir werden selbstverständlich auch künftig mit allen Gruppen im Akademischen Senat, auch mit den Vertretern der neuen Listen, Gespräche führen und hoffen natürlich, unsere hochschulpolitischen Anliegen künftig noch erfolgreicher durchsetzen zu können."

Universitätspräsident Professor Peter-André Alt, selbst Mitglied der „Vereinten Mitte“, sieht der Arbeit im neuen Senat zuversichtlich entgegen. Er plädiert für ein konstruktives Miteinander, will aber auch keinem Streit aus dem Wege gehen.


„Unterscheidung in links und rechts ist wenig überzeugend“

Campus.leben sprach mit dem Präsidenten über den Ausgang der Wahl

Herr Alt, wie bewerten Sie den Wahlausgang?

Ich finde es sehr erfreulich, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist – insbesondere bei den Sonstigen Mitarbeitern – und dass es einen Generationenwechsel im Akademischen Senat gegeben hat, zumal in der Gruppe der Wissenschaftlichen Mitarbeiter und Professoren. Man wird nicht alles im Konsens entscheiden können, wir werden uns auch streiten – zum Beispiel über Exzellenzstrukturen, den Umgang mit Nachhaltigkeit, die Arbeitsverhältnisse im Mittelbau oder das Dauerthema Studienreform. Ich denke aber, dass man in diesem Senat gut und konstruktiv zusammenarbeiten wird.

Die Gruppierungen links von der Mitte haben im neuen Akademischen Senat mehr Gewicht. Was bedeutet das für die Arbeit im Senat und im Präsidium?

Ich kann diese Differenzierung in „links“ und in „rechts“ insofern nicht akzeptieren, als politische Verortungen in der universitären Arbeit des Senats keinen Sinn ergeben. Wir besprechen dort Sachthemen, die außerhalb politischer Optionen liegen. Nehmen Sie beispielsweise die Liste von Herrn Rojas, die die „Liberale Aktion“ stimmenmäßig beerbt hat: Heißt das, dass es jetzt zwei konservative Listen gibt? Also ich meine, dass eine solche Unterscheidung wenig überzeugend ist, schon weil sie der Komplexität der Verhältnisse nicht gerecht wird. Im Übrigen wissen wir aus vielen Senatssitzungen, dass Universitätsmitglieder Individualisten sind. Schon deshalb greift eine Einteilung in „links“ und „rechts“ nicht.

Die von Ihnen bereits angesprochene Liste „Exzellenz und Transparenz“ hat auf Anhieb zwei Sitze bekommen. Wie erklären Sie sich den großen Zuspruch?

Das sind natürlich zwei Begriffe, die attraktiv sind und jeden Wähler erst einmal hellhörig machen. Ich kann das sagen, weil ich als Präsident für die hier bezeichneten Ziele aktiv eintrete. Meine Arbeit ist wesentlich über diese beiden Begriffe definiert, deshalb ist mir das Programm durchaus vertraut. Es ist doch so, dass uns die Themen „Exzellenz“ und „Transparenz“ im Akademischen Senat schon seit langem gemeinsam beschäftigen: Die Frage, wie man auf strategischer Ebene eine Forschungs- und Lehrperspektive entwickeln kann, die allen Bedürfnissen gerecht wird, und zugleich ein Zukunftskonzept zu planen und zu realisieren vermag, das dem Umstand Rechnung trägt, dass der Staat einem nicht mehr in dem Maße wie vor 20 Jahren hilft. Was die Transparenz angeht: Ich habe unser Zukunftskonzept in allen Fachbereichen vorgestellt, ich halte – ebenso wie unser Vizepräsident Professor Bongardt – Sprechstunden, die für jeden offen sind, ich beantworte jede E-Mail in großem Tempo – ich denke, die Universität hat ein hohes Maß an Transparenz erreicht.

Die Liste, die Herr Rojas anführt, fordert „Exzellenz von unten“ statt „von oben verordnet“. Wird es künftig schwieriger werden, Entscheidungen zu Exzellenzprojekten im Akademischen Senat zu treffen?

Exzellenz ist immer Exzellenz von unten. Wobei ich schon das „von unten“ ablehne. Das Präsidium ist eine Einrichtung, die eine Universität steuert, aber Forschungsexzellenz kommt immer aus der Wissenschaft. Wenn man die mit „unten“ definieren will: Ich finde die Metapher zwar verunglückt, aber meinetwegen. Ich glaube, dass man vielleicht noch von zentral und dezentral reden kann, aber nicht von unten und oben. Es ist völlig klar, dass die Ideen auch von jungen und von erfahrenen engagierten Wissenschaftlern kommen, ohne die würden wir keine Exzellenz erzielen.

Werden Sie auf die neue Gruppe zugehen?

Ich denke, wir werden ganz offen miteinander reden. Wir haben ja auch noch ein paar Aufträge, die sich aus der Arbeit des alten Senats ergeben, wie zum Beispiel den Auftrag, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die sich mit Fragen der künftigen Gremienentwicklung beschäftigt. Dieser Arbeitsgruppe werde ich ausdrücklich den Auftrag mit auf den Weg geben, eine Kultur des Miteinander Redens zu pflegen. Ich möchte sehr gern, dass wir – anders als bisher im Senat – weniger mit Gegenüberstellungen und Konfrontationen arbeiten. Und wenn das nicht klappt, dann behalte ich mir vor, auch mal einen Klausur-Workshop mit dem gesamten Akademischen Senat zu veranstalten.

Der Akademische Senat:

Der Akademische Senat der Freien Universität Berlin besteht aus 25 Mitgliedern, die für zwei Jahre gewählt werden: 13 Professorinnen und Professoren und jeweils vier Studierende, wissenschaftliche sowie sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Den Vorsitz hat der Universitätspräsident.

Der Akademische Senat beschließt unter anderem Hochschulentwicklungs- und Ausstattungspläne und stellt Grundsätze für Lehre, Studium und Forschung auf. Er legt die Anzahl der jährlich zuzulassenden Studierenden fest. Ferner gibt er eine Stellungnahme zum Entwurf des Haushaltsplans ab und wirkt mit bei der Einrichtung bzw. Aufhebung von Studiengängen. Alle vier Jahre wählen die 61 Mitglieder des erweiterten Akademischen Senats den Präsidenten und die Vizepräsidenten der Freien Universität.

Das Kuratorium:

Das Kuratorium ist ein zentrales Organ des Zusammenwirkens zwischen Hochschule, Staat und Gesellschaft. Es ist unter anderem zuständig für die Feststellung des Haushaltsplans der Freien Universität, die Einrichtung, Veränderung und Aufhebung von Organisationseinheiten und die der Freien Universität Berlin zugewiesenen staatlichen Angelegenheiten von grundsätzlicher oder besonderer Bedeutung. Das Kuratorium berät das Präsidium und die zentralen Gremien bei Entscheidungen, erlässt Gebührensatzungen und wählt die/den Kanzler/in.

Die zehn Mitglieder des Kuratoriums setzen sich zusammen aus fünf außeruniversitären Mitgliedern (Persönlichkeiten des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens) und dem jeweiligen Wissenschaftssenator sowie jeweils einem Mitglied aus der Gruppe der Hochschullehrer, der akademischen Mitarbeiter, der sonstigen Mitarbeiter und der Studierenden und Doktoranden der Freien Universität Berlin.

Derzeit gibt es an der Freien Universität Berlin zwei Kuratorien: Ein aktives Kuratorium im Rahmen der Erprobungsklausel des Berliner Hochschulgesetzes sowie das alte „ruhende“ Kuratorium, das jetzt gewählt wurde. Jede Mitgliedergruppe im Akademischen Senat entsendet jeweils einen Vertreter als Mitglied in das aktive Kuratorium.