„Ausdruck des Rechts auf angemessene Bildung und Ausbildung“
Gespräch über den Bildungsstreik mit Vizepräsidentin Professorin Ursula Lehmkuhl
17.11.2009
Vor allem die sogenannte Bologna-Reform, die eine straffere Organisation des Studiums und die Abschlüsse Bachelor und Master vorsieht, wurde heute auf der zentralen Kundgebung des bundesweiten Bildungsstreiks in der Berliner Innenstadt kritisiert. Auch Studenten der Freien Universität beteiligen sich mit Hörsaalaktionen an ihrer Hochschule. Ein Gespräch mit Professorin Ursula Lehmkuhl, Vizepräsidentin der Freien Universität, über die Unzufriedenheit der Studentinnen und Studenten mit der Situation im deutschen Bildungswesen.
Auch an der Freien Universität zeigen Studierende mit Aktionen im Rahmen des bundesweiten Bildungsstreiks die Unzufriedenheit mit ihrer Studiensituation. Haben sie Recht?
Auf die Probleme im deutschen Bildungswesen muss sicherlich aufmerksam gemacht werden. Das Präsidium hat großes Verständnis, wenn Studentinnen und Studenten sich für ihr Recht auf eine angemessene Bildung und Ausbildung einsetzen und ihre Sorge darum im Rahmen von friedlichen Veranstaltungen zeigen. Heute hat in Berlin eine zentrale Kundgebung stattgefunden. Wie bereits im Juni 2009 hat das Präsidium der Freien Universität auch dieses Mal alle Lehrenden gebeten, den Studierenden, die teilnehmen und in den Lehrveranstaltungen aus diesem Grund fehlen werden, sofern möglich keinen Nachteil erwachsen zu lassen und für diese Zeit geeignete Formen zu finden, die den Studienerfolg dennoch sicherstellen.
Was ist der Grund für die Unzufriedenheit der Studierenden?
Der zentrale Punkt aus meiner Sicht ist die Unterfinanzierung des Bildungssystems und die teilweise mangelhafte Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland. Das Präsidium teilt, wie auch im Sommersemester bereits mehrfach dargelegt und in neuen Aktionsplänen aufgegriffen, durchaus Kritikpunkte der aktuellen Studiensituation. Besonders problematisch ist zudem die dramatische Situation an den Berliner Universitäten, die chronisch unterfinanziert sind, wie wir im Rahmen der Hochschulvertragsverhandlungen betont haben.
Spielen die Haushalthaltsverhandlungen mit dem Senat für den Protest der Studierenden eine Rolle?
Diese sind bislang nicht zum Thema gemacht worden, eine Unterstützung der Studierenden an dieser Stelle halte ich aber für wünschenswert.
Wie geht die Hochschulleitung mit den Aktionen im Hörsaal der Freien Universität um?
Wir dulden derzeit die Aktion im Hörsaal 1 A, solange die Spielregeln eingehalten werden, das heißt: kein Vandalismus und die Einhaltung der Hausordnung muss gewährleistet werden.
Wie sehen Sie die Verteilung unter den Studenten, in Bezug auf das Verhältnis von Protestierenden und Nichtprotestierenden?
Es gibt eine Gruppe von Studierenden, die sich im Bildungsstreik engagiert. Wir erhalten aber ebenso Rückmeldungen und Bitten von Studierenden, die sich wünschen, dass der laufende Studienbetrieb wieder hergestellt wird.
Wie kommunizieren Universitätsleitung und Studierende?
Wir haben unsere Gesprächsbereitschaft deutlich gemacht. Mitglieder des Präsidiums haben in den letzten Tagen bereits mehrfach Gespräche mit Teilnehmern der Aktion geführt, unter anderem auch im Rahmen eines studentischen Plenums.