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Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik

Wolfgang Ischinger über das neue Denken der Obama-Regierung

18.06.2009

Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, bei seinem Vortrag im Henry-Ford-Bau der Freien Universität

Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, bei seinem Vortrag im Henry-Ford-Bau der Freien Universität
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Wolfgang Ischinger, der neue Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, zog am 16. Juni im Henry-Ford-Bau eine außen- und sicherheitspolitische Zwischenbilanz der Obama-Regierung. Mit der von der Stiftung Luftbrückendank geförderten Veranstaltung, zu der neben Studierenden und Alumni der Freien Universität auch mehrere Botschafter und Vertreter von Think Tanks kamen, setzte das John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien seine Vortrags- und Diskussionsreihe zu transatlantischen Themen fort.

In seiner Rede betonte Wolfgang Ischinger, der unter anderem persönlicher Referent von Außenminister Hans-Dietrich Genscher und von 2001 bis 2006 deutscher Botschafter in den USA war, vor allem die positiven Aspekte und das neue Denken in Washington, das sich etwa in der Kubapolitik oder in dem überraschenden Druck auf Israel zeige.

Unter Obama gebe es insgesamt wieder einen Primat des Politischen, und das Militär habe an Bedeutung verloren. Auf die Politik der An- und Verkündungen müsse nun aber eine Politik der Umsetzung folgen, was nicht nur mit Blick auf die aktuelle Lage im Irak oder die Probleme im Nahen Osten weit schwieriger werde. Deutlich optimistischer schätzte Ischinger  eine mögliche Annäherung Russlands und der USA ein, denn hier gäbe es gemeinsame Interessen etwa bei der Rüstungskontrolle und der Verminderung des nukleareren Arsenals.

Ischinger sah "kein Ende des amerikanischen Jahrhunderts", insbesondere  weil die militärische Überlegenheit der USA bestehen bleibe. Von den Europäern forderte er größeres Engagement für die transatlantischen Beziehungen, weniger Forderungen an die Amerikaner und mehr konkrete eigene Vorschläge.

Das deutsch-amerikanische Verhältnis funktioniere nicht auf "Autopilot". Mit der neuen US-Regierung sieht Ischinger gute Chancen für eine Reform der Vereinten Nationen einschließlich des Sicherheitsrates, auch um den Vereinten Nationen neue Legitimität zu verschaffen. Deutschland solle sich mit Nachdruck dafür einsetzen, ohne jedoch einen eigenen Sitz im Sicherheitsrat zur Bedingung zu machen. Dass Barack Obama im Wahlkampf und nun als Präsident in weniger als einem Jahr bereits dreimal nach Deutschland gereist ist – während viele andere Länder weiterhin auf seinen Besuch warten – sei ein Beleg dafür, dass auch trotz anders lautender Presseberichte das deutsch-amerikanische Verhältnis auf einem guten Weg sei.