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Kämpfen für die Erinnerung

Vertreter der südkoreanischen Wahrheitskommission zu Gast an der Freien Universität

30.04.2009

Dr. Lee Young-Jo, Standing Commissioner der südkoreanischen Wahrheitskommission

Dr. Lee Young-Jo, Standing Commissioner der südkoreanischen Wahrheitskommission
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Das Institut für Koreastudien begrüßte  am 23. April gemeinsam mit dem Center for Area Studies Dr. Lee Young-Jo, den Standing Commissioner der südkoreanischen Wahrheitskommission zu einem Vortrag.

Sechzig Jahre nach der Unabhängigkeit und fast zwei Jahrzehnte nach der Demokratisierung ist in Südkorea die Frage der Vergangenheit so aktuell geworden, dass von einem "Kampf um die Vergangenheitsbereinigung" gesprochen wird. Die alten Eliten Südkoreas, deren historische Wurzeln in der Zeit der japanischen Kolonialisierung und im Großgrundbesitz liegen, konnten bis 2002 eine Aufarbeitung der Geschichte verhindern, die ihre Legitimität infrage gestellt hätte.

Erst die Präsidentschaftswahl 2002, aus der Roh Moo Hyun siegreich hervorging, stellte die bis dahin geltenden gesellschaftlichen und politischen Machtverhältnisse vor eine neue Herausforderung: In seine Amtszeit fällt die Verabschiedung eines Rahmengesetzes zur Aufarbeitung der Vergangenheit zum Zwecke der Wahrheitsfindung und Aussöhnung  das die Legitimitätsgrundlage für die am 1. Dezember 2005 gegründete  Wahrheitskommission bildet.

In seinem Vortrag erläuterte Dr. Lee die drei Kernbereiche der Arbeit seiner Kommission, die sich vornehmlich aus der koreanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts ergeben. Hierzu gehören Fragen der Kollaboration und Zwangsmobilisierung von Soldaten, Zwangsarbeitern und den sogenannten "comfort women" während der japanischen Kolonialzeit, und die Massaker an der Zivilbevölkerung in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit Koreas sowie während des Korea-Krieges, der von 1950 bis 1953 Millionen Koreaner das Leben kostete. Gegenstand der Aufarbeitung ist darüber hinaus die Behandlung von Opfern  staatlicher Gewalt während der Diktaturen von Park Chung Hee (1961 bis 1979), Chun Doo Hwan (1980 bis 1988) und während der Übergangsperiode unter Roh Tae Woo.

Dr. Lee schloss seinen Vortrag mit den Worten "what has been done cannot be undone completely" und verlieh gleichsam seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Wahrheitssuche der Kommission eines Tages tatsächlich zur Aussöhnung aller gesellschaftlichen Gruppen Koreas führen werde.