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Ukraine im Fokus

Salon transregionale Studien zum „Land an der Grenze“

23.02.2009

Juri Andruchowytsch, Romanautor und Schöpfer einer „fiktiven Landeskunde“

Juri Andruchowytsch, Romanautor und Schöpfer einer „fiktiven Landeskunde“
Bildquelle: Catya de Laczkovich

Mykola Rjabtschuk, Essayist aus der Ukraine.

Mykola Rjabtschuk, Essayist aus der Ukraine.
Bildquelle: Catya de Laczkovich

Serhij Zhadan, Dichter einer postproletarisch-anarchistischen Befreiung

Serhij Zhadan, Dichter einer postproletarisch-anarchistischen Befreiung
Bildquelle: Anja vom Stein

„Fokus Ukraine" war das Thema des fünften „Salon transregionale Studien", zu dem das Center for Area Studies (CAS) gemeinsam mit dem Osteuropa-Institut der Freien Universität und der Literaturwerkstatt Berlin  eingeladen hatte.

Als Land „an der Grenze“ stellte Professor Georg Witte vom Osteuropa- Institut der Freien Universität als  einer der Sprecher des CAS die Ukraine vor: „Dieses  Land zeigt, wie historisch beweglich und relativ unsere Vorstellungen von festgefügten territorialen Ordnungen sind. Die Ukraine ist – das besagt die Herkunft ihres Namens – ein Land „an der Grenze". Ein Ort des Dazwischen war sie schon immer: zwischen dem Polnisch-Litauischen Königreich, Russland, dem Osmanischen Reich, der Habsburger Monarchie. Die Grenze der Ukraine war in permanenter Bewegung.“ Wenn man heute von der mitteleuropäischen ‚westlichen' Ukraine spreche und der russischen ‚östlichen', sei das eine grobe Trivialisierung.

Weg von geopolitischen Schubladen

Um derartigen geopolitischen Schubladen auszuweichen, hatte das CAS drei ukrainische Autoren unterschiedlicher geographischer Herkunft eingeladen: Mykola Rjabtschukgilt als der bedeutendste politische und historische Essayist der Ukraine, Juri Andruchowytsch, ist Romanautor und Schöpfer einer „fiktiven Landeskunde“. Serhij Zhadan wird als Dichter einer postproletarisch-anarchistischen Befreiung gefeiert. Alle  drei Autoren werden im Suhrkamp Verlag publiziert.

In Lesungen und Diskussion thematisierten alle drei mit viel Gespür für groteske Situationen, wie schwer sich die anderen Europäer im Umgang mit dem Land des "Dazwischen" tun. Dabei vermitteln alle drei Autoren den Eindruck, dass in ihrem Land etwas gelingt, was auch für andere Kulturen immer mehr zur Herausforderung wird: die diffusen Identitäten als Normalität, wenn nicht gar als das eigentlich Ukrainische wahrzunehmen und mit der Vielfalt der Sprachen virtuos umzugehen. Kein Wunder, dass daraus dann eine fulminante Geopoetik entsteht.

Die Magnetwirkung der drei Autoren überstieg alle Erwartungen

Vom großen Zuspruch zum Salon „Ukraine im Fokus“ waren die Veranstalter positiv überrascht: Die Literaturwerkstatt in Berlin-Pankow platzte mit über 100 Besuchern aus allen Nähten. „Wir freuen uns, dass die drei Autoren eine solche Magnetwirkung haben“, sagte Georg Witte. Der Direktor des Osteuropa-Instituts der Freien Universität sieht darin ein Symptom für eine Veränderung: „Der ‚tiefe Osten', der für uns mental einmal ungefähr so weit entfernt war wie Afrika, ist offenbar näher gerückt, er ist keine ‚tabula rasa‘ mehr.“