Pause in der Honigproduktion: Bienen überwintern auf Sparflamme
Imker an der Freien Universität helfen mehr als 600.000 Bienen auf dem Campus beim Überwintern
11.11.2008
Würde eine Biene Kilometergeld für ihre fleißigen Flüge bekommen, hätte sie mit Sicherheit einen Platz in der Forbes-Liste der weltweiten Milliardäre. "Für ein Glas Honig muss eine Biene eine Strecke fliegen, die einer dreimaligen Umrundung der Erde gleichkäme", sagt Benedikt Polaczek, promovierter Imkermeister an der Freien Universität.
Im Herbst machen die Bienen erst einmal Pause – da zu ihrer Ernährung nicht genügend Blüten vorhanden sind, helfen die Imker mit Zucker aus.
Kuscheln an den Honigwaben
In ganz Berlin leben rund 2400 Bienenvölker, die von rund 500 Imkern in der Stadt betreut werden. 30 Bienenvölker überwintern derzeit am Institut für Biologie an der Freien Universität Berlin, das entspricht grob 600 000 Bienen. In einem Kasten aus Styropor leben auf elf Waben etwa 20000 Bienen auf engstem Raum.
Wenn die Temperaturen im Herbst auf 10 Grad sinken, dann wird es den Bienen kalt um die Flügel: Sie bilden mit ihrem Volk eine sogenannte Traube, die eine Größe zwischen einem Hand- und einem Fußball hat. Dicht an dicht kuscheln sie sich an die Honigwaben und schlagen mit den Flügeln, um für die Königin eine wohlige Temperatur von 25 Grad zu erzeugen: "Die Bienen funktionieren ähnlich wie eine Klimaanlage, die ihre Temperatur selbst reguliert", erklärt Polaczek.
Im Winter sind Bienen auf Diät
Im Gegensatz zu anderen Tieren, die sich einen richtigen Wintervorrat zulegen, kochen die Bienen auf Sparflamme: "Im Winter ernährt sich ein Bienenvolk von nur einem Kilo Futter pro Monat, wenn er keine Brut hat und nicht fliegt, im Sommer hingegen benötigt er etwa zehn Kilo Futter", weiß der Imker, „durchschnittlich verbraucht ein Volk zwischen 70 und 90 Kilo Futter im Jahr.“
Die Bienenvölker haben ein ausgeklügeltes Wachsystem: Der Eingang der Bienenfamilie, das sogenannte Flugloch, wird ständig bewacht, um den Bienenstock vor Plünderungen durch andere Völker zu schützen. "Die Bienen merken sofort, wenn andere Bienen ihnen Futter rauben wollen", sagt Polaczek, "sie nehmen nur junge Bienen auf, die sich verflogen haben, und auch solche, die mit vollem Honigmagen kommen."
Berliner sind die größten Honig-Fans
Nicht selbst schützen können sich Bienen vor Milben, die sich von dem Blut der Larven und Puppen ernähren. Für den Bienennachwuchs bedeutet dies, dass er verkrüppelt und viel zu klein zur Welt kommt, zum Beispiel mit verstümmelten Flügeln. Er wird dann von seinem übrigen Bienenvolk verstoßen. Um dem Bienensterben vorzubeugen, bekämpfen die Imker Milben und machen die Völker winterfest. "Die Bienenvölker werden dazu mit verdunsteter Ameisensäure behandelt, die mit einem Applikator zugegeben wird", erklärt Polaczek, "und die Dämpfe töten die Milben ab."
Bis zu 50 Kilogramm Honig produzieren manche Bienenvölker in den Sommermonaten. Im gesamten Bundesgebiet werden um die 25000 Tonnen Honig hergestellt, das ist nur etwa ein Viertel des deutschen Honigverbrauchs: 1,4 Kilogramm Honig isst der Durchschnittsdeutsche im Jahr. Die größten Honig-Fans unter den Deutschen sind die Berliner: "Mit einem Verbrauch von gut drei Kilo pro Kopf liegen wir in der Hauptstadt bundesweit an der Spitze", weiß Polaczek.