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Innovation ohne Umwege

Mit einer GmbH und einem Scale-up-Labor erweitert die Freie Universität ihr Ökosystem für den Transfer von Erkenntnissen aus der Forschung in die Anwendung

13.10.2025

„Wir haben Grenzen überwunden, zwischen Institutionen, zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung, zwischen Innovation und wirtschaftlichem Erfolg“, sagte Berlins Wissenschaftssenatorin Dr. Ina Czyborra zur Eröffnung des Scale-up-Lab.

„Wir haben Grenzen überwunden, zwischen Institutionen, zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung, zwischen Innovation und wirtschaftlichem Erfolg“, sagte Berlins Wissenschaftssenatorin Dr. Ina Czyborra zur Eröffnung des Scale-up-Lab.
Bildquelle: Sascha Vojticsek

Mit SHIFT, der FUB Innovation GmbH und dem Netzwerk Science & Startups stellt die Freie Universität Transfer, Gründungsförderung und wissenschaftsnahe Dienstleistungen neu auf. Neu ist auch das Scale-up-Lab, ein Labor, in dem neue Materialien und Moleküle aus der Forschung erstmas in größeren Mengen hergestellt werden können. Referatsleiterin Aneta Bärwolf ist Geschäftsführerin der neuen GmbH. Im Interview erklärt sie, wie sich die Aufgaben in der neuen Struktur verteilen, welche Chancen sie bietet – und warum die Freie Universität mit einer GmbH für Innovationen neue Wege geht.

Frau Bärwolf, Profund Innovation, die Gründungsförderung der Freien Universität Berlin, gibt es nicht mehr. Was tritt an ihre Stelle?

Vor etwa 20 Jahren wurde in der Abteilung Forschung der Freien Universität Profund gegründet – zuletzt bekannt als „Profund Innovation“. Zuerst mit einem starken Fokus auf Ausgründungen aus der Universität, hat das Team mit der Zeit weitere Aufgabenbereiche wie Innovationsmanagement, Transfermanagement mit Fokus auf Industriekooperationen und Technologiescouting übernommen. Seither hat sich viel verändert. Auch durch die Arbeit der Universitäten ist Berlin zu einem Hotspot für wissensbasierte Start-ups geworden.

Seit 2019 arbeiten die Gründungsservices der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, Technischen Universität Berlin sowie der Charité – Universitätsmedizin Berlin unter dem Dach von Science & Startups eng zusammen. Gemeinsam haben sie ein einzigartiges, international beachtetes universitäres Start-up-Ökosystem geschaffen, das auch eine wichtige Rolle im Exzellenzverbund Berlin University Alliance spielt. Im Jahr 2024 haben die Präsidien beschlossen, dieser erfolgreichen Zusammenarbeit auch einen formalen Rahmen zu geben. Erster Schritt ist ein Kooperationsvertrag, später soll die gemeinsame Gründung einer GmbH folgen.

Die Vorteile sind unübersehbar: Wenn mehrere Spitzenuniversitäten sich Infrastruktur, Inkubator-Räume, Fördermittel, Mentor*innen, Coaches, ein Reservoir an Co-Foundern und Kontakte zu potenziellen Investor*innen teilen, ist das hocheffizient. Und effizient müssen wir sein, denn unser Angebot für Gründer*innen ist kostenlos und wird zum größten Teil von den Universitäten und mit Drittmitteln aus Förderprogrammen des Landes und Bundes finanziert.

Referatsleiterin Aneta Bärwolf ist Geschäftsführerin der FUB Innovation GmbH.

Referatsleiterin Aneta Bärwolf ist Geschäftsführerin der FUB Innovation GmbH.
Bildquelle: Peter Himsel

Den Inkubator für Start-ups betreiben wir also gemeinsam, jede Universität gibt ihre Ressourcen – Gründungsberater*innen, Räume und vieles mehr in einen gemeinsamen Topf. Daraus erhält jedes Gründungsteam die optimale Förderung.

So kann etwa eine Gründungsberaterin der Freien Universität ein Team mit Gründenden aus der Humboldt-Universität beraten, das in einem Raum im Startup-Zentrum der TU Berlin arbeitet. Das EXIST-Gründerstipendium für dieses Teams kommt in diesem Beispielfall möglicherweise vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und wird über die HU ausgezahlt.

Wer was beiträgt, spielt keine Rolle: Der Inkubationsprozess folgt klaren Strukturen und einheitlichen Qualitätsstandards. So steigern wir die Professionalität – ähnlich wie Krankenhäuser, die durch häufige Eingriffe einer Art immer besser werden. Wir können zum Beispiel mehrere Teams derselben Branche gleichzeitig am selben Standort starten lassen, um zusätzliche Synergien zu schaffen.

Und welche Aufgaben übernimmt jede Universität weiterhin für sich?

Start-ups mit innovativen, wissensbasierten Geschäftsideen fallen nicht vom Himmel. Ihre Grundlagen liefern die Forschungsgruppen der Fachbereiche und Institute. Bevor es zur Gründung eines Unternehmens kommt, muss geklärt werden, ob eine neue Methode, ein Verfahren, ein Algorithmus oder ein Wirkstoff außerhalb des Labors zuverlässig funktioniert. Gibt es genügend Anwendungsmöglichkeiten? Besteht eine kommerzialisierbare Nachfrage? Und finden sich Mitglieder der Arbeitsgruppe, die die Innovation weiterentwickeln wollen?

Die Vorarbeit – Innovationen in Forschungsgruppen aufzuspüren, einzuordnen, zu prüfen, zu beraten, zu validieren und Verwertungswege zu finden – macht jede Universität selbst, weil dabei enge Vernetzung mit den Forschenden gefragt ist. An der Freien Universität bleibt diese Aufgabe weiterhin beim Referat für Innovation und Transfer in der Abteilung Forschung der Zentralen Universitätsverwaltung. Für das Referat haben wir uns jedoch einen neuen Namen ausgedacht: SHIFT. Das englische Verb „to shift“ bedeutet „etwas verschieben“ – etwa von der Forschung in die Anwendung. Es steckt natürlich auch ein Akronym darin – für Serviceeinrichtung Hochschulinnovationen und ForschungsTransfer.

„Der räumliche Weg von der Grundlagenforschung auf dem Campups zur Anwendung hier im Scale-up-Lab war noch nie so kurz wie jetzt. Das eröffnet Potenziale“, sagte Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität, auf der Eröffnungfeier.

„Der räumliche Weg von der Grundlagenforschung auf dem Campups zur Anwendung hier im Scale-up-Lab war noch nie so kurz wie jetzt. Das eröffnet Potenziale“, sagte Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität, auf der Eröffnungfeier.
Bildquelle: Sascha Vojticsek

Neben SHIFT gibt es eine weitere Neuerung: die FUB Innovation GmbH. Warum gründet die Freie Universität jetzt selbst?

Die FUB Innovation GmbH ist seit Mitte 2025 aktiv und erzielt schon erste Umsätze. Sie hat auch eigene Mitarbeiter*innen, unter anderem mich als Geschäftsführerin ebenso wie je eine Person für Laborleitung, Administration, Web und IT sowie einen Prokuristen. Alle Kolleg*innen arbeiten ausschließlich im Kerngeschäft der FUB Innovation; keine Stellen der Universität wurden oder werden in die GmbH verlagert. Zum Aufsichtsrat gehören die Biochemieprofessorin und Vizepräsidentin der Freien Universität, Petra Knaus, der Wirtschaftsprofessor Martin Gersch, der Seriengründer und Berater Dr. Moritz Viehweger, Oleksandra Ambach von der Berliner Sparkasse und Bettina Oehlert, Mitglied des Kuratoriums der Freien Universität.

Die GmbH macht es möglich, wissenschaftsnahe Dienstleistungen für Unternehmen und externe Forschungseinrichtungen einfach abzuwickeln. Ein Schwerpunkt liegt auf Analysen mit hochspezialisierten Großgeräten wie Elektronenmikroskopen, NMR-Spektrometern, Massenspektrometern, Geräten zur Oberflächenanalytik, zur Kristallstrukturanalyse und für bioanalytische Verfahren. Diese Methoden ermöglichen es zum Beispiel, Zusammensetzung, Struktur und Qualität von Materialproben präzise zu bestimmen.

Die Geräte sind teuer und rar. Externe Aufträge helfen den Forschungsgruppen, ihre Geräte voll auszulasten und Wartung sowie Betrieb zu finanzieren. Zudem knüpfen sie wertvolle Kontakte zu privaten und öffentlichen Partnern, die ähnliche Themen erforschen.

Eine weitere Dienstleistung ist das Scale-up-Lab. Die Bio- und Life-Science-Forschung, vor allem die Grundlagenforschung, arbeitet oft auf der kaum greifbaren Nanometerskala. Die dabei entstehenden Stoffe und Strukturen zielen meist auf medizinische Anwendungen oder neue Materialien ab. Doch bevor diese Innovationen in der Industrie oder auf dem Markt ankommen, müssen sie im Gramm- oder Kilogrammmaßstab produziert werden können. Genau diese Skalierung ermöglicht das neue Scale-up-Lab.

„Mit der GmbH haben wir ein Format für Kooperationen zwischen Wirtschaft und der Universität geschaffen“, sagte Andrea Güttner (2.v.l.), Kanzlerin der Freien Universität, zur Eröffnung.

„Mit der GmbH haben wir ein Format für Kooperationen zwischen Wirtschaft und der Universität geschaffen“, sagte Andrea Güttner (2.v.l.), Kanzlerin der Freien Universität, zur Eröffnung.
Bildquelle: Sascha Vojticsek

„Im großen Kessel rühren“ – so beschreibt es Rainer Haag, Professor für organische und makromolekulare Chemie und Leiter des Scale-up-Labs. Die Freie Universität hat dafür als einer der ersten Mieter im Life-Science-Gebäude FUHUB nahe dem Campus an der Fabeckstraße 60-62 mehr als 800 Quadratmeter Laborfläche für zehn Jahre gemietet. Dort vermieten wir bei Bedarf gut ausgestattete Laborplätze an Unternehmen oder Forschungseinrichtungen, die Scale-up-Projekte umsetzen wollen.

Haben Sie ein Beispiel für einen Auftrag?

Ein Unternehmen, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Reifung von Wein in Fässern und Tanks überwacht, hat fünf Sensoren beschichten und verfeinern lassen. Bisher finden Nachfrage und Angebot eher über Forschungskooperationen zueinander. Die Mitarbeiter*innen der GmbH können das Angebot nun auch aktiv vermarkten. Kleine und mittlere Unternehmen im Bezirk, in der Stadt und natürlich auch von außerhalb können davon profitieren. Wer glaubt, die Zusammenarbeit mit einer Universität sei kompliziert, dem will die GmbH das Gegenteil zeigen. Fast jede große Universität hat inzwischen eine unternehmerische Tochtergesellschaft – ein modernes Werkzeug, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Auf der Webseite der FUB Innovation GmbH wird auch eine Netzwerkmitgliedschaft angeboten. Was hat es damit auf sich?

Unternehmen wollen oft nah an der Forschung bleiben, denn dort entstehen laufend neue Entdeckungen und Erfindungen. Wir schaffen direkte Verbindungen – durch Einladungen zu Vorträgen, Symposien oder individuell gestaltete Gesprächsrunden. Zudem öffnen wir den Zugang zu Publikationen, praxisnahen Fallstudien und zum Scale-up-Lab. Erstes Mitglied ist die Berliner Firma PolyAn, die funktionalisierte Verbrauchsmaterialien für Life-Science-Anwendungen herstellt. Mit weiteren interessierten Unternehmen sind wir im Kontakt.

Die Fragen stellte Marion Kuka

Weitere Informationen

Kontakt:

Aneta Bärwolf, Geschäftsführerin / Managing Director, FUB Innovation GmbH
Altensteinstraße 40, 14195 Berlin, E-Mail: aneta.baerwolf@fub-innovation.de