Nächster Halt: Zukunft
Auf Entdeckungstour durch Steglitz-Zehlendorf besuchte der Berliner Wirtschaftssenator Stephan Schwarz die Startup-Villa der Freien Universität Berlin
02.08.2022
Sommer, Sonne, Ferien – die passende Zeit für eine Entdeckungstour. Der Berliner Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) war dafür aber nicht an einsamen Stränden oder in wilden Wäldern unterwegs, sondern im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Gemeinsam mit Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg und Stefan Franzke, dem Geschäftsführer von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie, sowie weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern reiste er im roten Doppeldeckerbus mit offenem Dach.
Stationen waren Tourismus-Projekte in Glienicke und am Wannsee, innovative Unternehmen, das Gelände des künftigen Technologie- und Gründungszentrums FUBIC in der Dahlemer Fabeckstraße 60–62 sowie eben auch – gleich nebenan – die Startup-Villa der Freien Universität Berlin in der Altensteinstraße 40.
Im modernen Co-Working Space wurde die Reisegruppe begrüßt von Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin, und Aneta Bärwolf, der kommissarischen Leiterin von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität.
Die Startup-Villa und das FUBIC seien optimal in die vielfältige und exzellente Dahlemer Wissenschaftslandschaft eingebettet, betonte der Präsident: „Ein lebendiger Ort, an dem bereits viele Unternehmen entstehen, und der mit dem FUBIC in Zukunft seine Stärken noch besser entfalten wird.“
Aneta Bärwolf erläuterte die Rolle der Gründungsförderung an Hochschulen: „Bei uns kommen die Ideen aus der Wissenschaft an. Wir sorgen dafür, dass sie sich schnell und erfolgreich weiterentwickeln. Wir sortieren, formen, unterstützen, beraten so lange, bis Ideen und Menschen reif für die nächsten Schritte sind: Patentierung, Produktentwicklung, Geschäftsmodell, Kapitalsuche, Gründung, Markteintritt.“ In den vergangenen 15 Jahren seien an der Freien Universität Berlin rund 200 Kapitalgesellschaften entstanden.
Viele Ausgründungen aus der Forschung
„Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind Netzwerke“, betonte Aneta Bärwolf, also die enge Verbindung von Gründenden zu Forschungseinrichtungen, anderen Start-ups, Kapitalgebern, etablierten Unternehmen, Verbänden, Kammern und Behörden. Im Verbund Science & Startups arbeite die Freie Universität Berlin zum Beispiel eng mit der Technischen Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen, die auch Partner im Exzellenz-Verbund Berlin University Alliance sind.
Beeindruckt nahm Stephan Schwarz zur Kenntnis, wie gründungsaktiv die Freie Universität Berlin ist. Das belegt unter anderem die Zahl der eingeworbenen EXIST-Gründungsstipendien, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für innovative, technologiebasierte Ausgründungsvorhaben vergibt: Hinter zwei technischen Universitäten lag die Freie Universität im vergangenen Jahr im bundesweiten Vergleich auf Platz 3.
Digitaler Coach für ein gesundes Herz
Von einem solchen Stipendium profitierte auch Mio Health, eine der drei in der Villa ansässigen Ausgründungen und Projekte, die sich anschließend dem Publikum vorstellten. Sein Vater habe mit 50 Jahren einen Herzinfarkt erlitten, berichtete Mitgründer Max Schubert. Eine stationäre Reha lehnte der Vater ab. Das brachte seinen Sohn auf den Gedanken, einen digitalen Coach für Herzpatientinnen und -patienten zu entwickeln.
Das individuell zugeschnittene Programm von Mio Health hilft Menschen, in ihrem Alltag herzgesunde Routinen einzuüben. Die App habe gerade die offizielle Zertifizierung zum Medizinprodukt erhalten, sagt der Gründer. Jetzt sei sein Team auf der Suche nach Kooperationspartnern, etwa Kliniken und Reha-Zentren sowie Ärztinnen und Ärzten, und nach Personen, die die digitale Therapie kostenlos testen wollen.
Software für Enzyme und antivirale Materialien für Luftfilter
Das Start-up Exazyme nutzt maschinelles Lernen, um Baupläne für neue Enzyme zu entwickeln. Künstlich hergestellte Enzyme könnten nützliche Dinge erledigen, etwa klimaschädliches Kohlenstoffdioxid in Proteine und essbare Fette umwandeln und viele andere biotechnologische und pharmazeutische Prozesse effizienter machen, erläuterte Mitgründer Ingmar Schuster. Die Software von Exazyme könne helfen, die passenden Enzyme für verschiedene industrielle Zwecke schneller zu finden und zu optimieren.
Die Technologie von Novirall soll uns dagegen in Zukunft vor Virusinfektionen schützen. Das Team arbeitet an einer antiviralen Beschichtung für Luftfiltermaterialien, die Viren nicht nur abfängt, sondern sie vollständig zerstört und so für erregerfreie Luft in geschlossenen Räumen sorgt. Die promovierte Chemikerin Paria Pouyan und ihr Team sind noch in der Vorgründungsphase und werden mit Mitteln aus dem Programm EXIST-Forschungstransfer gefördert.
FUBIC soll im Herbst 2025 fertig werden
Das Team von Novirall hat somit noch Chancen, von der Villa direkt nach nebenan in das Gründungs- und Technologiezentrum FUBIC einzuziehen. Dort wird derzeit die Fassade des ehemaligen US-Militärkrankenhauses abgerissen, damit der Wiederaufbau beginnen kann. 80 junge Firmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten sollen dort einziehen, neben Büros entstehen auch dringend benötigte Laborflächen.
Laut Projektleiter Jörg Israel von der Wista Management GmbH, die für das FUBIC verantwortlich ist, kann das Gebäude voraussichtlich im Herbst 2025 in Betrieb genommen werden. So wird der Bezirk Steglitz-Zehlendorf auf der nächsten Entdeckungstour um eine Attraktion reicher sein.