Mehr Frauen am Start
An der Freien Universität Berlin werden mit dem Berliner Startup Stipendium besonders viele Gründerinnen gefördert
19.02.2021
Klimafreundliche Baustoffe aus Pyrokohle, eine App für die geschlechtergerechte Aufteilung von Care-Arbeit im Haushalt, eine Suchfunktion für Audio-Archive, psychische Prävention für Kinder und digitale Paartherapie – diese fünf Gründungsprojekte werden seit Oktober 2020 an der Freien Universität mit dem „Berliner Startup Stipendium“ gefördert. Sie haben noch etwas gemeinsam: Zu jedem Team gehört mindestens eine Frau. Betrachtet man alle elf Projekte, die 2020 gefördert wurden, sind Gründerinnen mit 20 zu 12 sogar in der Überzahl.
Das ist immer noch ungewöhnlich – denn die Start-up-Welt ist mit einem Frauenanteil von 16 Prozent laut dem „Deutschen Startup Monitor“ nach wie vor eine Männerdomäne. Janina Sundermeier will dazu beitragen, das zu ändern. Die Juniorprofessorin für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt „Digital Entrepreneurship und Diversity“ ist Mentorin für Ausgründungen und hat gemeinsam mit NFUSION, dem Entrepreneurs Network der Freien Universität, die informelle Gesprächsreihe „WoMenventures“ ins Leben gerufen. Dort tauschen sich erfolgreiche Start-up-Unternehmerinnen mit angehenden Gründerinnen aus.
Die Botschaft von weiblichen Vorbildern: Du kannst es schaffen
„Unsere Themen sind erst einmal geschlechtsneutral – es geht etwa um die Jahresplanung, die Suche nach Investoren oder die Firmenpräsentation“, sagt Janina Sundermeier. Aber die Teilnehmerinnen schätzten den geschützten Raum, weil sie auch zunächst einfach klingende Fragen stellen könnten.
Wichtig ist der Juniorprofessorin auch, dass Frauen von Frauen lernen: „Die Botschaft von weiblichen Vorbildern ist: Du kannst es schaffen.“ In den Start-up-Metropolen Berlin, Hamburg und München gebe es einige Instrumente, die Frauen Gründungen erleichtern sollen – darunter auch Risikokapital-Fonds, die speziell in Frauengründungen investieren.
„Das größte Hindernis ist jedoch, dass viele mit Unternehmensgründungen zuerst Aspekte wie hohes Risiko und starken Wettbewerb assoziieren. In der gesellschaftlichen Vorstellung werden die dafür notwendigen Fähigkeiten immer noch eher Männern zugeschrieben. Frauen können sich damit häufig nicht identifizieren, obwohl Studien zeigen, dass es dahingehend kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.“
Zu viel Homogenität kann schwierig werden
Wenn Frauen sich doch gemeinsam zu einer Gründung entschließen, waren sie häufig vorher schon durch eine Freundschaft oder gemeinsame berufliche Tätigkeiten verbunden, so die Erfahrung von Janina Sundermeier. Das treffe ebenso auf Männer zu. Es lohne sich jedoch, einen Gründungspartner des jeweils anderen Geschlechts ins Team aufzunehmen. „Zu viel Homogenität im Hinblick auf das Geschlecht, aber auch auf andere Facetten, kann schwierig sein, weil dadurch die Perspektiven begrenzt sind.“
So gesehen machen Jaane Henning und Johanna Lubig gerade alles richtig: Seit ihrem Masterstudium der Psychologie an der Freien Universität sind sie ein eingespieltes Team. Vor dem Wagnis der Selbstständigkeit sammelten sie ein paar Jahre Berufserfahrung und legten sich eifinanzielles Polster an. Nun arbeiten sie zusammen an recoupling.de, einer digitalen Paartherapie, die sich durch Machine-Learning an die individuellen Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anpasst. Sie holten Tom Haubner ins Team, der seine Expertise als Informatiker einbringt.
Neben der Betreuung durch Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität, nehmen die Psychologinnen regelmäßig an den WoMenventures-Treffen teil. Kürzlich sei es dort etwa um Schlagfertigkeit gegangen, sagt Johanna Lubig, um die Frage, wie man sich darauf vorbereitet, dass Investoren manchmal Kommentare abgeben, die nichts mit dem Produkt, sondern mit der Gründerin zu tun haben. „Ich kann nur sagen: Vorsicht – wir sind darauf vorbereitet!“
Weitere Informationen
Mit dem Berliner Startup Stipendium fördern die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin Gründerinnen und Gründer, die innovative und technologiebasierte Geschäftsideen im Team umsetzen wollen. Das Programm wird aus Mitteln der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie des Europäischen Sozialfonds finanziert.