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Das Auge als Fenster zum Hirn

Beim Sommerfest von NFUSION stellten sich drei Unternehmensgründungen aus dem Umfeld der Freien Universität dem Wettbewerb um den Gründerpreis der Berliner Sparkasse

06.07.2019

Ella Maria Kadas (2.v.l.) und Sunil Kumar Yadav (2.v.r.) nahmen den Gründerpreis der Berliner Sparkasse für die Nocturne GmbH von Christian Segal (l.) und Günter M. Ziegler (r.) entgegen.

Ella Maria Kadas (2.v.l.) und Sunil Kumar Yadav (2.v.r.) nahmen den Gründerpreis der Berliner Sparkasse für die Nocturne GmbH von Christian Segal (l.) und Günter M. Ziegler (r.) entgegen.
Bildquelle: Stefan Kny

Augen seien Spiegel der Seele, heißt es. Das Unternehmen Nocturne GmbH, Gewinner des Gründerpreises der Berliner Sparkasse 2019, beweist, dass Augen weit mehr verraten können – zum Beispiel über Multiple Sklerose, die Autoimmunerkrankung des Zentralen Nervensystems. Sie ist bislang noch nicht heilbar, aber früh genug erkannt und richtig therapiert, lässt sich ihr Ausbruch um mehrere Jahre verzögern. Heute wird für die Unterstützung der Erstdiagnose meist eine Magnetresonanztomographie (MRT) gemacht.

Doch das ist sehr teuer, insbesondere Entwicklungsländer können sich den häufigen Einsatz dieser Technologie nicht leisten. Nocturne entwickelt daher derzeit ein Verfahren, mit dem sich die Genauigkeit der Erstdiagnose von Autoimmunerkrankungen verbessern lässt. Dazu wird im ersten Schritt die Netzhaut des Auges gescannt.

Schau mir in die Augen

Dies kann mit einer optischen Kohärenztomografie (OCT) geschehen – das dafür nötige Gerät ist in den meisten Augenarztpraxen zu finden, was die künftigen Kosten der Untersuchung geringhalten dürfte. Veränderungen bei Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose können mit der OTC erkannt werden. Die so entstandenen Bilder werden dann über einen Web-Service an Nocturne weitergeleitet. Das Unternehmen analysiert die Bilder und erstellt einen Netzhautbefund. Diese Analysen unterstützen Neurologen bei der Diagnose, der Auswahl passender Therapien und der Beurteilung des Krankheitsverlaufs von Autoimmunerkrankungen. Noch findet das Verfahren aber keine reguläre Anwendung und wird erprobt.

Die Nocturne-Gründer Ella Maria Kadas, Sunil Kumar Yadav und Alexander Brandt haben ihre Idee am Forschungszentrum NeuroCure der Charité - Universitätsmedizin Berlin entwickelt. Mit dem neuen Verfahren könnten nicht nur die Kosten der Untersuchung gesenkt, sondern auch die Folgekosten der neurologischen Krankheiten reduziert werden, was zur Entlastung des Gesundheitssystems beiträgt. Nocturne arbeitet daran, dass künftig auch Parkinson und Alzheimer über die Netzhaut erkannt werden können.

Fabian Müller (Mitte) von Construyo nahm Glückwünsche zur Finalteilnahme von Günter M. Ziegler (l.) und Christian Segal (r.) entgegen.

Fabian Müller (Mitte) von Construyo nahm Glückwünsche zur Finalteilnahme von Günter M. Ziegler (l.) und Christian Segal (r.) entgegen.
Bildquelle: Stefan Kny

Wettstreit der Software-Unternehmen

Der Gründerpreis der Berliner Sparkasse ist mit 4000 Euro dotiert und wurde zum siebten Mal verliehen. Das Sommerfest mit Preisverleihung wird jedes Jahr gemeinsam ausgerichtet vom NFUSION Entrepreneurs Network (ehemals Netzwerk Unternehmertum der Freien Universität Berlin), von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität, und von der Berliner Sparkasse. Übergeben wurde der Preis von Dr. Christian Segal, Leiter des FirmenCenter Gründung und Nachfolge der Berliner Sparkasse, und Professor Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin.

„Die drei Teams sind alle Gewinner“, sagte der Universitätspräsident bei der Preisverleihung. Die Finalisten waren zuvor durch eine Fachjury ausgewählt worden und hatten an dem Abend jeweils zehn Minuten Zeit, um sich zu präsentieren. Dann durfte das Publikum per Online-Voting abstimmen. Die Konkurrenz wartete ebenfalls mit innovativen Konzepten auf. Construyo hat ein Projekt Management Tool entwickelt, das Bauherren und kleinere Architekturbüros oder Bauingenieure zusammenbringt. Die Software von QuadCover dient der mathematisch komplexen Neuvernetzung von Geometrien und kommt etwa bei digitalen Crash-Test-Simulationen zum Einsatz

Günter M. Ziegler (l.) und Christan Segal (r.) zeichneten auch Matthias Nieser (2.v.r.) und Thomas Jablonski (2.v.l.) von Quadcover für die Finalteilnahme aus.

Günter M. Ziegler (l.) und Christan Segal (r.) zeichneten auch Matthias Nieser (2.v.r.) und Thomas Jablonski (2.v.l.) von Quadcover für die Finalteilnahme aus.
Bildquelle: Stefan Kny

Hochmut kommt vor dem Fall

Die Wartezeit während der Auswertung der Abstimmung wurde mit einem Vortrag verkürzt. Janina Sundermeier, die an der Freien Universität in Betriebswirtschaftslehre promoviert hat, sprach über Diversität in jungen Unternehmen. Die Postdoktorandin ist Mitgründerin des Digital Entrepreneurship Hub (DEH), der die Entrepreneurship-Forschung und Entrepreneurship-Lehre an der Freien Universität Berlin bündelt. Auch weiche Faktoren wie persönliche Eigenschaften und Talente seien bei der Unternehmensgründung essenziell, sagte die Wissenschaftlerin. An die Produktidee zu glauben, sei zwar wichtig, doch vor Hybris, die so mancher prominenten Figur der US-Technologie-Branche nachgesagt werde, solle man sich hüten: Sonst ergehe es einem wie der Sagengestalt Ikarus, der allzu sehr der Erfindung seines Vaters – Flügel aus Wachs und Federn – vertraut hatte und ins Meer stürzte, als er der Sonne zu nah gekommen war.

Sonnenschein war den Gästen der Preisverleihung, die wie jedes Jahr im Veranstaltungshaus der Sparkasse am Wannsee stattfand, allerdings nicht vergönnt: Ein Gewitter verhinderte die Verlagerung der Festivität ans Ufer des Sees. Doch auch im Haus ließen sich nach dem offiziellen Teil des Abends weitere wichtige Kontakte knüpfen.

Weitere Informationen

Preisträger und Finalisten des Gründerpreises:

NFUSION Entrpreneurs Network:

https://www.fu-berlin.de/sites/profund/ueberprofund/Netzwerk-und-Partner/nfusion/index.html

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