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„Wer gründet, muss täglich neue Probleme lösen“

Seit 2016 vergeben die Berliner Universitäten und die Charité gemeinsam das Berliner Startup Stipendium. Die Erfolge können sich sehen lassen.

13.06.2019

88 Gründungsvorhaben wurden bisher an den drei großen Berliner Universitäten und der Charité mit dem Berliner Startup Stipendium gefördert. Viele Gründerinnen und Gründer nutzten das Netzwerktreffen zum Erfahrungsaustausch.

88 Gründungsvorhaben wurden bisher an den drei großen Berliner Universitäten und der Charité mit dem Berliner Startup Stipendium gefördert. Viele Gründerinnen und Gründer nutzten das Netzwerktreffen zum Erfahrungsaustausch.
Bildquelle: Daniel Pasche

Die Idee ist innovativ und hat Marktpotenzial, das Team ist gut aufgestellt – doch für Investoren oder große Förderprogramme ist das Projekt einfach noch nicht weit genug gediehen. Für solche Fälle bieten die Freie Universität Berlin, die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin und die Technische Universität Berlin gemeinsam das Berliner Startup Stipendium an, das schnell und unbürokratisch vergeben werden kann. Finanziert wird das Projekt mit dem Titel University Startup Factory aus Mitteln der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie des Europäischen Sozialfonds. Zwei bis vier Teammitglieder können mit 2.000 Euro monatlich über eine Laufzeit von sechs Monaten gefördert werden, eine Verlängerung um weitere sechs Monate ist möglich. Betreut werden die Teams an den Gründungszentren der jeweiligen Universitäten.

Bestandteil des Projekts ist eine umfangreiche Evaluation. Die ersten Ergebnisse aus qualitativen und quantitativen Erhebungen wurden nun auf einem Netzwerktreffen im Inkubator der Freien Universität Berlin vorgestellt.

Während der Pilotphase im Zeitraum von August 2016 bis März 2018 haben sich 62 Teams von zwei bis vier Personen für das Stipendium beworben. Jeder Bewerbung ging ein Vorgespräch bei der Gründungsberatung der jeweiligen Hochschule voraus. 31 Teams wurden ausgewählt, ihr Projekt persönlich vorzustellen. 26 Gründungsvorhaben wurden schließlich gefördert. Bis Januar 2019 gingen daraus 19 Unternehmensgründungen hervor – rund drei Viertel der Vorhaben wurden somit im Erhebungszeitraum in die Tat umgesetzt.


Der Inkubator auf dem Campus der Freien Universität Berlin bietet 21 Büroräume für Gründerinnen und Gründer und einen Co-Working Space mit 32 Arbeitsplätzen. Dort finden häufig Netzwerk-Veranstaltungen statt.

Der Inkubator auf dem Campus der Freien Universität Berlin bietet 21 Büroräume für Gründerinnen und Gründer und einen Co-Working Space mit 32 Arbeitsplätzen. Dort finden häufig Netzwerk-Veranstaltungen statt.
Bildquelle: Daniel Pasche

In der zweiten, noch laufenden Projektphase konnte die Anzahl der Bewerbungen und die Anzahl der geförderten Start-ups noch deutlich gesteigert werden: Beworben hatten sich112 Teams, gefördert wurden und werden 61 Teams, elf davon haben bereits ein Unternehmen gegründet. Viele der geförderten Unternehmen können bereits Erfolge vorweisen:

Ina Budde, die Gründerin des Start-ups circular.fashion UG (haftungsbeschränkt) hat mit ihrem an der Freien Universität geförderten Team ein Kreislaufsystem für nachhaltige Mode entwickelt. Über eine digitale Plattform wird der Zyklus jedes Kleidungsstücks vom Design über das Tragen bis zum Recycling begleitet und gesteuert. Circular.fashion hat im April 2019 den mit 300.000 Euro dotierten Global Change Award der H&M-Foundation gewonnen.

Die von Adham Badr und Mladen Milosevic gegründete Blloc GmbH konnte mehrere Investoren gewinnen und verkaufte ihr Produkt, ein Android-basiertes Smartphone mit minimalistisch gestalteter Nutzeroberfläche, weltweit. Daud Zulfacar und Frank Bartels, die Gründer der License.rocks GmbH, haben auf Basis von Blockchain-Technologie einen digitalen Marktplatz für Käufer und Verkäufer von gebrauchter Software geschaffen und eine Finanzierungsrunde mit inländischen Investoren abgeschlossen. Die Software der Turbit Systems GmbH von Michael Tegtmeier und Alexander Patas wird bereits zur effizienten Steuerung von mehr als 300 Windanlagen eingesetzt.

Für die Evaluation des Berliner Startup Stipendiums wurden Stipendiatinnen und Stipendiaten auch um ein ausführliches qualitatives Feedback gebeten. Als großer Vorteil erwies sich, dass zwischen Bewerbung und Bescheid keine langen Wartezeiten liegen. Eine Jury aus Mitgliedern der vier Hochschulen und externen Jurorinnen und Juroren entscheidet innerhalb kürzester Zeit, sodass die Gründerinnen und Gründer nicht durch Ungewissheit in ihrer Entwicklung blockiert werden. Positiv wurde auch die Abwicklung vom Antrag bis zur Überweisung des Geldes aufs Konto bewertet. Gute Noten gab es außerdem für Leistungen wie Gründerräume, Zugang zu Laboren, Beratung, Vermittlung von Kontakten und Netzwerk-Veranstaltungen. „Wer gründet, muss täglich neue Probleme lösen“, sagt Florian Hoos, Leiter des Centre for Entrepreneurship der Technischen Universität Berlin. Das könnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gründungsförderungen zwar niemandem abnehmen, durch langjährige Erfahrung, Expertise und Kenntnis der Berliner Start-up-Szene könnten sie jedoch häufig einen geeigneten Weg zur Lösung aufzeigen.

Fazit der Evaluation: Vieles funktioniert bereits gut, einiges kann noch verbessert werden. „Das Programm hat volle Fahrt aufgenommen“, sagt Volker Hofmann, Leiter des Wissenstransfers an der Humboldt-Universität zu Berlin. Deshalb arbeiteten die drei Universitäten und die Charité bereits an einem Antrag, um die Vergabe der Stipendien für weitere zwei Jahre gemeinsam fortzusetzen. Das Konzept werde bis 30. Juni 2019 bei der Senatsverwaltung eingereicht. „Was sich bewährt hat, wollen wir natürlich beibehalten“, verrät Volker Hofmann. „Zusätzlich werden wir jedoch einen Schwerpunkt auf Internationalisierung legen und an die Smart-City-Strategie des Berliner Senats anknüpfen.“

Aneta Bärwolf, Projektleiterin für die Berliner Startup Stipendien an der Freien Universität, betont einen weiteren Aspekt der universitären Gründungsförderung: „Wir haben zwar ähnliche Kriterien für förderungswürdige Ideen wie private Geldgeber, etwa den Innovationsgrad und Marktchancen eines Produkts. Zusätzlich achten wir aber auch darauf, dass die von uns geförderten Gründungsideen nachhaltig sind und die angehenden Gründerinnen und Gründer Verantwortung für die Zukunft übernehmen.“

Weitere Informationen

Aktuell sind keine Bewerbungen möglich. Falls die Mittel zur Fortsetzung des Programms bewilligt werden, kann die nächste Ausschreibung voraussichtlich Ende 2019 erfolgen.