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„Die NASA hat schon angerufen“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier diskutierte anlässlich der von seinem Haus ausgerufenen Gründungsoffensive „GO!“ an der Freien Universität Berlin mit Gründerinnen, Gründern und Studierenden

26.06.2019

Jörg Lichtenborg (l.), Guillaume Aimetti (2.v.l.), Patrick Mertes (2.v.r.) und Laura Büchler (r.) im Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Moderatorin Tanja Samrotzki.

Jörg Lichtenborg (l.), Guillaume Aimetti (2.v.l.), Patrick Mertes (2.v.r.) und Laura Büchler (r.) im Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Moderatorin Tanja Samrotzki.
Bildquelle: BMWi/Bildkraftwerk

Der Ort hat Symbol-Charakter: Für seinen Besuch an der Freien Universität hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die „Bibliothek ohne Bücher“ am Fachbereich Physik in der Arnimallee gewählt. Dort gibt es nur Tische, Stühle und WLAN, denn Bücher und Zeitschriften können sich Studierende ja schließlich virtuell auf ihren Laptop holen. Der Ort passt gut zur Gründungsoffensive des Ministeriums, denn heute haben fast alle Innovationen und Unternehmensgründungen zumindest indirekt mit der Digitalisierung zu tun.

Das trifft auch auf die fünf Start-ups zu, die Minister Altmaier im Laufe der Diskussion kennenlernt. Moderiert wird die Talk-Runde von der Journalistin Tanja Samrotzki. Zunächst stellt Jörg Lichtenborg das Projekt CerAMing vor. Mit seinem Team arbeitet der promovierte Materialwissenschaftler an einem Verfahren für den industriellen 3D-Druck von Keramikteilen, das für Serien von bis 50 Teilen enorme Vorteile gegenüber dem Fräsen oder Gießen hat. Dabei wendet CerAMing eine an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erforschte und patentierte Technologie an.

Universitätspräsident Günter M. Ziegler (links) betonte im Grußwort zur Veranstaltung mit Peter Altmaier (rechts), dass Ausgründungen aus der Wissenschaft sehr von den Initiativen des Bundeswirtschaftsministeriums profitieren.

Universitätspräsident Günter M. Ziegler (links) betonte im Grußwort zur Veranstaltung mit Peter Altmaier (rechts), dass Ausgründungen aus der Wissenschaft sehr von den Initiativen des Bundeswirtschaftsministeriums profitieren.
Bildquelle: BMWi/Bildkraftwerk

Die NASA habe schon bei ihm angerufen, sagt Jörg Lichtenborg, denn: „Unsere Materialien halten hohe Temperaturen und korrosive Umgebungen aus.“ Das Team wird mindestens zwei Jahre mit Mitteln aus dem Programm EXIST-Forschungstransfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert; dies ermöglicht, Grundlagen für die kommerzielle Nutzung zu erarbeiten.

Haptische Sprache zur Unterstützung Amputierter

Auch Gründerin Laura Bücheler, die als nächste zum Gespräch mit Peter Altmaier auf die Bühne kommt, hat schon Kontakt zu einem großen Unternehmen geknüpft: Ihr Team GHOST feel.it, zu dem auch Isabella Hillmer und Wie-Qing Tan gehören, hat kürzlich den Innovationswettbewerb des Autokonzerns Porsche gewonnen. Die Ausgründung der Charité – Universitätsmedizin Berlin beschäftigte sich ursprünglich damit, wie Amputierte durch haptische Signale ihre Prothese besser „fühlen“ und einsetzen können. Dazu haben die Gründerinnen eine „Sprache“ entwickelt, die es Menschen ermöglicht, Informationen von Maschinen über schnell erlernbare Vibrationsmuster zu empfangen und zu deuten. Für den Wettbewerb hat das Team die Technologie in Autositze integriert: Die Fahrerin oder der Fahrer spürt im Rücken, wie das Fahrzeug am besten und sichersten bewegt werden sollte. Im Januar 2019 hat das GHOST – feel.it ein EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erhalten.

Analysesoftware und künstliche Intelligenz

Die EXIST-Förderung von Guillaume Aimetti liegt bereits drei Jahre zurück. Der promovierte Informatiker stellt während der Veranstaltung die Inspirient GmbH vor, die inzwischen unter anderem Projekte für die Deutsche Bahn und die Bank BNP Paribas durchführt. Die Ausgründung der Freien Universität nutzt Künstliche Intelligenz, um Geschäftsdaten von Unternehmen effizient zu analysieren. In wenigen Minuten deckt die Software von Inspirient Trends und Besonderheiten auf, die ausschlaggebend für wichtige Entscheidungen sein können oder gar einen Wettbewerbsvorteil ausmachen.

Im Gespräch mit Nicolai Schork (l.) und Ina Remmers (2.v.l.) stieg der Bundesminister noch tiefer in gute und schlechte Erfahrungen von Entrepreneuren ein.

Im Gespräch mit Nicolai Schork (l.) und Ina Remmers (2.v.l.) stieg der Bundesminister noch tiefer in gute und schlechte Erfahrungen von Entrepreneuren ein.
Bildquelle: BMWi/Bildkraftwerk

Im Gespräch mit Ina Remmers, Gründerin der sozialen Plattform nebenan.de, und Nicolai Schork, Gründer der Lernplattform Simpleclub, steigt der Bundesminister noch tiefer in gute und schlechte Erfahrungen von Entrepreneuren ein. Danach richtet er seine Fragen auch an das gesamte Publikum: „Wir haben zwar schon ein 10-Punkte-Programm für mehr Gründungen entwickelt“, sagte Altmaier, „aber wir sind trotzdem auf Ihre Ideen angewiesen!“

Die Anregungen aus dem Publikum will Bundesminister Peter Altmaier „mit in die Amtsstuben“ nehmen.

Die Anregungen aus dem Publikum will Bundesminister Peter Altmaier „mit in die Amtsstuben“ nehmen.
Bildquelle: BMWi/Bildkraftwerk

Eine Gründerin aus dem Publikum schildert ein aktuelles Problem mit ihrem bi-nationalen Start-up: Der in Deutschland arbeitende Teil des Teams bekomme das EXIST-Gründerstipendium, der in Italien arbeitende Teil nicht. Ihre Frage: Ob eine solche Förderung nicht europaweit einheitlich gewährt werden könne? Der Minister überlegt und verweist schließlich auf Programme der Europäischen Union – für die dann aber leider ein neuer Antrag geschrieben werden müsse.

Ideen zur Entbürokratisierung gefragt

Ein anderer Teilnehmer aus dem Publikum möchte wissen, warum man als gescheiterter Gründer nach deutschem Insolvenzrecht häufig viele Jahre lang die Konsequenzen tragen müsse. In Amerika sei man schneller wieder auf den Beinen, dort sei ein gescheitertes Start-up im Lebenslauf sogar ein Pluspunkt für das nächste Gründungsprojekt. „Darüber denken wir nach, das nehmen wir mit in die Amtsstuben“, sagt Peter Altmaier. „Wenn Sie weitere Ideen zur Entbürokratisierung haben, dann schreiben Sie mir bitte!“ Tanja Samrotzki weist darauf hin, dass Wünsche und Vorschläge gleich vor Ort auf ausgelegte Karten eingetragen werden können: „Ganz direkt und analog!“

Nach diesem Appell und ein paar Fotos mit den Beteiligten verabschiedet sich der Bundesminister. Einige Gäste bleiben jedoch und lassen sich von den Expertinnen und Experten der Gründungsnetzwerke der Berliner Universitäten über Fördermöglichkeiten für Start-ups beraten.

Weitere Informationen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert Start-ups aus der Wissenschaft in der Vorgründungsphase mit dem EXIST-Programm. Bundesminister Altmaier: „Kreative Ideen und neue Technologien sind Treiber von Innovationen, die immer wieder neue Gründungskonzepte und Geschäftsmodelle ermöglichen. Deshalb unterstützen wir den Transfer von Wissen aus den Hochschulen durch Neugründungen und Startups, damit noch mehr Studierende und Forschende ihre Projekte unternehmerisch umsetzen können.“

Seit 2007 sind 91 EXIST-Gründerstipendien und 7 EXIST-Forschungstransfer-Projekte an der Freien Universität Berlin durch die EXIST-Förderung finanziell gefördert worden. Profund Innovation, die Service-Einrichtung für die Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen in der Abteilung Forschung der Freien Universität, berät auch Gründungsvorhaben aus der Charité und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Seit 2006 sind aus den geförderten und weiteren Gründungsprojekten 165 Unternehmen in Form von Kapitalgesellschaften entstanden.

Weitere Informationen zum EXIST-Programm und zur Gründungsoffensive „GO!“