„Spannende Dinge“ aus der Start-up-Szene
Auf dem Demo Day des Gründungsnetzwerks der Berliner Hochschulen fanden Start-ups und etablierte Unternehmen zusammen
22.03.2018
Drohnen mit Kabelverbindung zum Boden, ein digitaler Coach für Windräder und ein interaktives Schülerlabor für die Hosentasche – im Foyer des Konzertsaals der Universität der Künste warfen knapp 200 Industrievertreterinnen und -vertreter einen Blick in die Zukunft. Ausgestellt hatten 23 Start-ups von Berliner Hochschulen, darunter drei Ausgründungen der Freien Universität Berlin. B!GRÜNDET, das Gründungsnetzwerk der Berliner Hochschulen, und die Förderungsgesellschaft Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie hatten zum gegenseitigen Kennenlernen eingeladen.
Eröffnet wurde der Demo Day von Berlins Regierendem Bürgermeister und Senator für Wissenschaft und Forschung, Michael Müller. „Spannende Dinge“ hatte er nach eigenen Angaben auf seinem Rundgang entdeckt – etwa am Stand von Turbit Systems. Die Ausgründung aus dem Fachbereich Physik der Freien Universität hat herausgefunden, wie man Windräder dazu bringt, sich noch ein paar Quäntchen besser zum Wind auszurichten. Dadurch lässt sich ihr Energieertrag um ein paar Prozente steigern.
Als „Riesenpfund“ für die Berliner Wirtschaft bezeichnete Michael Müller die Hochschulen, weil erfolgreiche Ausgründungen fast immer in der Stadt blieben und neue Arbeitsplätze schafften. Aber nicht nur das: Das innovative Umfeld lockt auch große Unternehmen an. 13 Dax-Konzerne sind deshalb schon in Berlin ansässig – zwar nicht mit ihren Konzernzentralen, aber dafür mit Wissenszentren und Innovationslaboren. Tatsächlich hatten Firmen wie Bosch, Vodafone, Deutsche Bahn, Siemens, Volkswagen, SAP und Würth Elektronik ihre Scouts zum Demo Day geschickt, um zu sehen, welche Innovationen an Hochschulen für den Markt entwickelt worden waren. „Super spannend“ war das Wort des Tages, mit dem die Neugier auf beiden Seiten zu gleichen Teilen ihren Ausdruck fand.
Manchmal läuft es auch ohne Fremdfinanzierung
Gründerin Amelie Wiedemann nutzte die Chance. Trotz einsetzender Heiserkeit führte sie fast ununterbrochen Gespräche und erklärte Besucherinnen und Besuchern die Vorteile ihres Produkts: Mit ihrem Start-up DearEmployee hat sie eine digitale Lösung entwickelt, um die gesetzlich vorgeschriebene psychische Gefährdungsbeurteilung für Mitarbeiter in Betrieben effizient durchzuführen. Dabei werden Online-Fragebögen eingesetzt, aber auch Unternehmensdaten ausgewertet. „Das ist prinzipiell für alle Firmen interessant, aber besonders für solche mit vielen verschiedenen Standorten“, erklärte die Psychologin.
Neben potenziellen Kunden und Partnern kamen auch Abgesandte von Wagniskapitalgebern an ihren Stand. Die sogenannten VCs – die Abkürzung steht für Venture Capital, also Risikokapital – investieren in vielversprechende Start-ups und erhalten im Gegenzug Firmenanteile. Daran haben Amelie Wiedemann und ihr Team jedoch im Moment kein Interesse: „Bei uns läuft es auch ohne Fremdfinanzierung sehr gut. Wir stehen kurz vor dem Vertragsabschluss mit einem großen Vertriebspartner.“
Auf Nummer sicher gehen bei Nachrichten vom Handy
Auch bei Whispeer, einer Ausgründung aus dem Fachbereich Wirtschaftsinformatik der Freien Universität, wurden Gespräche mit möglichen Kunden geführt. Sebastian Reck knüpft dabei gern an den Alltag seiner Gesprächspartner an: „Welche Kanäle haben Sie heute schon mit ihrem Handy für geschäftliche Kommunikation genutzt? Und sind Sie sicher, dass die sicher sind?“ Personenbezogene Daten oder sensible Betriebsinformationen werden häufig unverschlüsselt und über unsichere Server übertragen, weil es so schön bequem ist. Whispeer bietet eine nutzerfreundliche Lösung, die dennoch sicher ist. „Informationen, die mit unserer Software verschickt werden, sind sogar für uns verschlüsselt“, erklärt der Gründer. Sollte Whispeer jemals von einem großen Unternehmen geschluckt werden, kommt auch der neue Eigentümer nicht an die Daten heran. Auf Interesse stößt das Angebot zum Beispiel bei Verkehrs- oder Versorgungsunternehmen, die kritische Infrastrukturen betreiben. „Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Bilder von Stellwerken oder Trafoanlagen auf ihren Handys hin und her schicken, dann wünscht man sich schon, dass diese Nachrichten nicht abgefangen werden können“, sagt Sebastian Reck.
Mit dem Venture Scout eines großen Energieversorgers tauschte Michael Tegtmeyer von Turbit Systems gerade Visitenkarten. War das vielleicht der Höhepunkt des Tages, der Schlüssel zum Erfolg? Wie viele große Unternehmen hat der Konzern einen Accelerator, ein Programm, mit dem die besten Start-ups der eigenen Branche unterstützt werden. Doch da möchte der Gründer sich nicht festlegen: „Hier ist jeder Kontakt Gold wert. Denn man weiß ja noch nicht, was daraus entstehen wird.“