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Rechtliche Einordnung von Tierversuchen

Tierversuche dürfen demnach nur durchgeführt werden, wenn keine vergleichbar verlässliche Alternativmethode zur Verfügung steht.

Das Tierschutzgesetz dient dazu, „aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“

Das Tierschutzgesetz dient dazu, „aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Das Wohlergehen von Tieren ist in Artikel 13 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert. Die gesetzliche Grundlage zur rechtlichen Einordnung von Tierversuchen bildet die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere.

Sie dient der Harmonisierung des Umgangs mit Versuchstieren in Europa. Ihre Umsetzung soll gegenüber der Öffentlichkeit eine größere Transparenz in Bezug auf die genehmigten Tierversuche bieten.

Ziel ist es, Tierversuche vollständig zu ersetzen. Bis dahin wird ein konsequentes Anwenden der sogenannten „3 R“ (Replace, Reduce, Refine) sowie die Beachtung des intrinsischen Werts der Tiere und der ethischen Bedenken der Öffentlichkeit gefordert.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/63/EU in nationales Recht erfolgte mit der Ratifizierung des deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG) im Juli 2013 und der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (TierSchVersV).

Die Unerlässlichkeit eines Tierversuchs muss dargelegt werden

Tierversuche dürfen demnach nur durchgeführt werden, wenn keine vergleichbar verlässliche Alternativmethode zur Verfügung steht. Jedes Tierversuchsvorhaben muss von der zuständigen Behörde unter Mitwirkung der §15-Kommission (zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern von Tierschutzverbänden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Behördenmitgliedern) auf Genehmigungsfähigkeit geprüft werden.

Ein Antrag wird nur genehmigt, wenn durch den Tierversuch neue Erkenntnisse erwartet werden können, das Versuchsziel einem zulässigen Zweck zugeordnet werden kann, die Unerlässlichkeit dargelegt wurde und der erwartete Erkenntnisgewinn im Verhältnis zur Belastung des Tieres ethisch Vertretbarkeit erscheint.

Die Belastung wird im Analogieschluss vom Menschen auf das Tier prospektiv im Rahmen der Antragstellung abgeschätzt. Sie muss dann während der Versuchsdurchführung als tatsächlicher Schweregrad dokumentiert und im Rahmen der Versuchstiermeldung mitgeteilt werden. Für Versuche mit schweren Belastungen muss eine rückblickende Bewertung der Belastung durchgeführt werden. Es gilt, wo immer möglich, den Tod von Tieren zu vermeiden. Wenn darauf aber nicht verzichtet werden kann – zum Beispiel, weil an den Organen weitere Untersuchungen erforderlich sind – muss die schonendste Tötungsmethode angewendet werden. Bei der Durchführung der Versuche sind die Vorschriften und Auflagen der Genehmigungsbehörde einzuhalten und entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Bei der erneuten Verwendung von Tieren muss der gesamte Lebenslauf des Tieres berücksichtigt werden.

Tierschutzbeauftragte sind notwendig

Antragsteller und Versuchsdurchführende müssen nachweislich über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Jede Einrichtung, in der Tierversuche durchgeführt werden, muss eine angemessene Zahl an Tierschutzbeauftragten bestellen. Sie dürfen nicht zugleich für die Zucht und Haltung von Versuchstieren verantwortlich oder selbst Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in einem von ihnen betreuten Tierversuchsvorhaben sein. Außerdem muss ein Tierschutzausschuss eingerichtet werden.

Für die Haltung von Versuchstieren muss eine Zucht- und Haltungserlaubnis gemäß § 11 TierSchG vorliegen. Die jeweils zuständigen Behörden führen regelmäßige Überwachungen durch. Diese können sowohl angekündigt als auch risikobasiert unangekündigt erfolgen. Dadurch werden die Haltungsanforderungen regelmäßig aktualisiert und ständig verbessert.

Je nach wissenschaftlicher Fragestellung sind weitere Gesetze zu beachten, etwa das Gentechnikgesetz (wenn mit gentechnisch veränderten Organismen gearbeitet wird), das Infektionsschutzgesetz (wenn Infektionsversuche durchgeführt werden) oder die Biostoffverordnung, die Gefahrstoffverordnung und das Arbeitsschutzgesetz.

Alternativmethoden fördern

Die Freie Universität Berlin ist nicht nur führend in der Qualität ihrer Forschung, sondern fördert insbesondere auch die Entwicklung und Anwendung von Alternativmethoden in Forschung und Lehre. Sie hat eine Richtlinie zur Umsetzung des Tierschutzgesetzes an der Freien Universität erlassen, drei Tierschutzbeauftragte bestellt und einen Tierschutzausschuss gegründet. In Zusammenarbeit mit Tierschutzorganisationen wurden an der Freien Universität  Strategien zur Vermittlung und privaten Unterbringung ehemaliger Versuchstiere (Rehomingstrategien) etabliert. In Abstimmung mit dem Tierschutzausschuss werden diese kontinuierlich weiter entwickelt und mit den zuständigen Behörden abgestimmt.