Bildungschancen in Deutschland sind immer noch ungleich verteilt. Dies wurde während der pandemiebedingten Schulschließungen 2020 besonders deutlich. Unterschiedlich große Bildungschancen gab und gibt es jedoch unabhängig davon auf verschiedenen Ebenen von einzelnen Unterrichtssituationen bis hin zum Bildungssystem. Viele Studien, u.a. der IQB Bildungstrend 2018, zeigen: Schüler*innen aus sozioökonomisch privilegierten Familien erhalten zu Hause mehr Unterstützung und erreichen häufiger gute Schulleistungen und höhere Bildungsabschlüsse. Zusammen mit einer geringen Durchlässigkeit des Bildungssystems führt dies dazu, dass Abiturient*innen mit akademischem Hintergrund sehr viel häufiger ein Studium aufnehmen als diejenigen ohne einen solchen Hintergrund. Diese Disparitäten nehmen zu, wenn sich der sozioökomische Status intersektional mit einem sog. Migrationsstatus überschneidet. Hier können weitere Benachteiligungen hinzutreten, indem z. B. allein aufgrund eines „fremd“ klingenden Namens die Benotung schlechter ausfällt. Auch wird Schüler*innen mit nicht-deutscher Muttersprache und sozioökonomisch benachteiligten Schüler*innen häufiger ein sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert. Führt dieser zu einem Besuch einer Förderschule, ist damit häufig auch ein erschwerter Zugang zu weiterführender (Aus-)Bildung und zu einer Teilhabe an der Gesellschaft verbunden. Je höher dabei die Bildungsstufe ist, desto geringer sind die Chancen auf Inklusion. Neben diesen Intersektionalitätsdimensionen treten weitere Dimensionen hinzu, die Geschlechtsidentitäten jenseits einer heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Norm oder verschiedene Formen von Behinderungen betreffen.
Häufig finden diese Benachteiligungen unbewusst statt oder basieren auf einem gut gemeinten, aber unpassend umgesetzten Fördergedanken. Von dem Ideal einer Umsetzung des Rechts auf „zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung“ ungeachtet individueller Merkmale oder Hintergründe (Berliner Schulgesetz, §2 Abs. 1) sind wir somit momentan noch weit entfernt. Die Möglichkeiten von Schüler*innen für eine selbstbestimmte Gestaltung ihrer Zukunft sind z.T. stark eingeschränkt. Gleichzeitig gehen der Gesellschaft Ideen und Perspektiven verloren, die Schüler*innen durch fehlende Bildungschancen nicht entwickeln konnten.
Mit dem Jahresthema 2020/21 möchten wir den Blick auf Fragen rund um die Ermöglichung von Bildungschancen lenken:
- Was können wir in der Lehrkräftebildung dafür tun, gerechte Bildungschancen zu ermöglichen?
- Wie können wir angehende Lehrkräfte professionalisieren, dass sie Barrieren abbauen können und zu einem gerechteren Bildungssystem beitragen?
- Was sind erfolgreiche Konzepte und Ansätze gegen Vorurteile, Stereotype und Diskriminierungen in Schule?
Darüber möchten wir als DSE mit den Angehörigen der FU und unseren Gästen in den nächsten Monaten diskutieren.