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Jahresthema 2020/21: Bildungschancen eröffnen – Wege zu gesellschaftlicher Teilhabe und Anerkennung von Vielfalt

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Bildquelle: unmöglich oder möglich - mach es möglich von David-W, Basislizenz 6.0

Bildungschancen in Deutschland sind immer noch ungleich verteilt. Dies wurde während der pandemiebedingten Schulschließungen 2020 besonders deutlich. Unterschiedlich große Bildungschancen gab und gibt es jedoch unabhängig davon auf verschiedenen Ebenen von einzelnen Unterrichtssituationen bis hin zum Bildungssystem. Viele Studien, u.a. der IQB Bildungstrend 2018, zeigen: Schüler*innen aus sozioökonomisch privilegierten Familien erhalten zu Hause mehr Unterstützung und erreichen häufiger gute Schulleistungen und höhere Bildungsabschlüsse. Zusammen mit einer geringen Durchlässigkeit des Bildungssystems führt dies dazu, dass Abiturient*innen mit akademischem Hintergrund sehr viel häufiger ein Studium aufnehmen als diejenigen ohne einen solchen Hintergrund. Diese Disparitäten nehmen zu, wenn sich der sozioökomische Status intersektional mit einem sog. Migrationsstatus überschneidet. Hier können weitere Benachteiligungen hinzutreten, indem z. B. allein aufgrund eines „fremd“ klingenden Namens die Benotung schlechter ausfällt. Auch wird Schüler*innen mit nicht-deutscher Muttersprache und sozioökonomisch benachteiligten Schüler*innen häufiger ein sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert. Führt dieser zu einem Besuch einer Förderschule, ist damit häufig auch ein erschwerter Zugang zu weiterführender (Aus-)Bildung und zu einer Teilhabe an der Gesellschaft verbunden. Je höher dabei die Bildungsstufe ist, desto geringer sind die Chancen auf Inklusion. Neben diesen Intersektionalitätsdimensionen treten weitere Dimensionen hinzu, die Geschlechtsidentitäten jenseits einer heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Norm oder verschiedene Formen von Behinderungen betreffen.

Häufig finden diese Benachteiligungen unbewusst statt oder basieren auf einem gut gemeinten, aber unpassend umgesetzten Fördergedanken. Von dem Ideal einer Umsetzung des Rechts auf „zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung“ ungeachtet individueller Merkmale oder Hintergründe (Berliner Schulgesetz, §2 Abs. 1) sind wir somit momentan noch weit entfernt. Die Möglichkeiten von Schüler*innen für eine selbstbestimmte Gestaltung ihrer Zukunft sind z.T. stark eingeschränkt. Gleichzeitig gehen der Gesellschaft Ideen und Perspektiven verloren, die Schüler*innen durch fehlende Bildungschancen nicht entwickeln konnten.

Mit dem Jahresthema 2020/21 möchten wir den Blick auf Fragen rund um die Ermöglichung von Bildungschancen lenken:

  • Was können wir in der Lehrkräftebildung dafür tun, gerechte Bildungschancen zu ermöglichen?
  • Wie können wir angehende Lehrkräfte professionalisieren, dass sie Barrieren abbauen können und zu einem gerechteren Bildungssystem beitragen?
  • Was sind erfolgreiche Konzepte und Ansätze gegen Vorurteile, Stereotype und Diskriminierungen in Schule?

Darüber möchten wir als DSE mit den Angehörigen der FU und unseren Gästen in den nächsten Monaten diskutieren.

Wir haben nachgefragt: Was bedeutet Bildungsgerechtigkeit?

Von Wissenschaft bis Zivilgesellschaft - in den folgenden Videos erläutern unterschiedliche Akteur:innen ihr Verständnis von Bildungsgerechtigkeit, definieren bestehende Probleme und zeigen Lösungen auf.

Katja Urbatsch, ArbeiterKind.de

„Ich möchte, dass man frei entscheiden kann, welchen beruflichen Weg man wählt, ob man studieren will und nicht Angst hat, dass man das nicht finanzieren kann."

Aliyeh Yegane, Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen

„Das Recht auf diskriminierungsfreie und inklusive Bildung ist ein Menschenrecht.“

Dr. Julia Frohn, Goethe-Universität Frankfurt a.M.

„Lehrkräfte sind der Meinung, dass Schüler:innen, die ohnehin über wenig Kapital verfügen, dies in der Corona-Pandemie noch schlechter ausgleichen können.“

Fachschaftsinitiative Lehramt, Freie Universität Berlin

„Bildungsgerechtigkeit bedeutet, dass alle Schülerinnen und Schüler den gleichen Zugang zu Bildung bekommen.“

Steffen Zimmermann, Anderes Sehen e.V. zur Förderung blinder Kinder

„Wir müssen unser Schulsystem reformieren und zwar vom Kindergarten bis zum Abschluss. Die Vielfalt der Kinder ist die Norm und nicht ein normiertes Kind.“

DSE-Talk als Abschluss des DSE-Jahresthemas 2021/22

lesung_nadire biskin

Am 21.05.2022 diskutierten Studierende und Dozierende über gerechte Bildungschancen. Nadire Biskin, Berliner Autorin und Lehrerin, eröffnete den DSE-Talk mit einem fiktionalen Impuls aus ihrem Debütroman “Ein Spiegel für mein Gegenüber” zu Rassismus im Lehrer*innenzimmer und Klassismus-Erfahrungen. Die anschließende Diskussion berührte viele Themen: Was bedeutet Othering? Was braucht es, um Räume in Schule und Universität für alle inklusiver zu gestalten? Was ist Identität und woran macht sie sich fest? Welche best practice Ansätze gibt es, um Schüler*innen in ihrer Identität zu bestärken und auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen? Wie muss eine Lehrkräftebildung aussehen, die die Vielfalt unserer Gesellschaft angemessen repräsentiert und anerkennt? Damit wurden viele Fragen aufgeworfen, die im Rahmen der Veranstaltung nicht erschöpfend beantwortet werden konnten, jedoch viele wichtige Impulse lieferten. Hierzu wird der Austausch in der DSE fortgesetzt.

Die Veranstaltung bildete den Abschluss zum DSE-Jahresthema Bildungschancen eröffnen – Wege zu gesellschaftlicher Teilhabe und Anerkennung von Vielfalt. Ein Jahr lang widmete sich die DSE der Frage, wie gerechte Bildung ermöglicht werden können und kam dabei in Workshops mit Expert*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft sowie mit zahlreichen Studierenden in den Austausch. 

Sie haben Anmerkungen, Kritik, Ideen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns: geschaeftsfuehrung@dse.fu-berlin.de