Biographien, Ideen, Milieus: Annäherungen an die Intellectual History der Freien Universität
Vor allem seit den 1960er Jahren lehrten und forschten Wissenschaftler:innen an der Freien Universität, die eine große theoretische und konzeptionelle Originalität mit Ausstrahlung auf die Studierenden und in eine weitere Öffentlichkeit oder mit der Prägung von intellektuell-sozial-kulturellen Milieus in West-Berlin und darüber hinaus verbinden konnten. Viele von ihnen brachen mit Traditionen, suchten Neuansätze für ihre Fächer, aber auch intellektuelle Ansatzpunkte für einen grundlegenden Umbau von Gesellschaft und Kultur. Viele, jedoch keineswegs alle stellten sich in die Traditionen des Marxismus, zumal im Umfeld der Neuen Linken und der 68er-Bewegung, aber insgesamt lassen sie sich eher als Vertreter eines bewusst heterodoxen Denkens (und Handelns) verstehen, das sich bewusst in den Gegensatz zu herrschenden Strömungen und Verhältnissen setzte. Das gilt für Klaus Heinrich genauso wie für Jacob Taubes und Peter Szondi, für Klaus Holzkamp und Ute Osterkamp, für Wolfgang Fritz und Frigga Haug und viele mehr. Exil und Remigration, die Erfahrung des Nationalsozialismus und der nachnationalsozialistischen Bundesrepublik spielten dabei eine wichtige Rolle.
Zu einigen von ihnen und den durch sie geprägten Milieus liegen Forschungen vor (z.B. Szondi, Taubes) oder sind Projekte im Gange (Klaus Heinrich), aber das Feld einer Intellectual History der Freien Universität in den 1960er bis 1980er Jahren (und möglicherweise darüber hinaus) bleibt weit offen. Der Ansatz, intellektuelle Biographien mit Theoriegeschichte ebenso wie mit Milieugeschichte zu verbinden, ist in letzter Zeit oft erprobt worden und bleibt sehr attraktiv. Als Schwerpunktthema für die Arbeitsstelle FU-Geschichte bietet sich dieses Feld an, weil es ebenso einen klaren FU-Bezug hat wie in seiner Bedeutung weit darüber hinausreicht, und weil unter diesem Dach eine Vielzahl von Registern bespielt werden kann: die Koordination laufender Einzelvorhaben ganz unterschiedlicher Art; Ringvorlesungen oder essayistische Skizzen; aber auch in die Tiefe gehende monographische Forschungsprojekte, die für viele auch der oben exemplarisch genannten Personen noch fehlen (etwa die Haugs und ihr „Argument“-Unternehmen; Holzkamp-Osterkamp und die Kritische Psychologie, etc.). Zugleich verbindet diese Perspektive die (heutigen) drei geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachbereiche, die die Arbeitsstelle vor allem tragen, ist aber für die Einbeziehung anderer Fächer und ihrer „Heterodoxien“, auch in die Naturwissenschaften hinein, offen.
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