HEUREKA - Karrierewege 2024
Zwei Alumnae der Freien Universität, Clara Solzbacher, aktuell tätig als Policy Officer bei der Europäischen Kommission in Brüssel, sowie Kim Winkler, aktuell Regionale Kommunikationskoordinatorin für West Afrika beim International Rescue Committee in London, gaben Studierenden und Alumni Einblick in ihre Berufsfelder und individuellen Berufslaufbahnen in internationalem Umfeld. Rund 30 Studierende und Alumni nutzen die Gelegenheit, den beiden Alumnae Fragen zu stellen und sich über Möglichkeiten internationaler Karrierewege zu informieren und inspirieren zu lassen.
Welche Kompetenzen erachtet ihr als besonders wichtig im internationalen Bereich?
Netzwerken ist eine wichtige Kompetenz, wenn man international arbeiten möchte. Wen kennt man? Mit wem spricht man, wer hat Informationen, die ich brauche? Oft erfährt man über Kontakte von Stipendien, interessanten Stellen und Arbeitsbereichen und was es dafür braucht oder welche Finanzierungsmöglichkeiten es gibt. Natürlich muss man entsprechende Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz haben. Und eine Portion Mut, Kreativität und Durchsetzungsvermögen.
Wie sieht ein konkreter Arbeitstag bei euch aus?
Clara arbeitet bei der Europäischen Kommission in Brüssel zum Thema Umweltgesetzgebung und grüne Finanzierung. Sie kümmert sich aktuell beispielsweise um Umwelt-Mindeststandards für EU-Gelder und um eine Folgenabschätzung im Bereich Klima und Umwelt für die Vorbereitungen des nächsten langfristigen EU-Haushalts. „Die Arbeit ist super interessant, ich lerne jeden Tag ganz viel. Alles ist Teamwork, man arbeitet fast immer mit anderen zusammen.“ Gutes Netzwerken ist hierbei sehr hilfreich, sie telefoniert viel, um Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenzubringen und die Arbeit mit anderen abzustimmen. Manchmal gibt es kurze Fristen, so kommt es vor, dass schnell mal 60+ Seiten gelesen werden müssen, um zu prüfen, ob noch etwas Wichtiges hinzugefügt werden sollte. „Interessant ist es immer, es gibt wenig Aufgaben, die ich langweilig finde“, sagt Clara.
Kim arbeitet in einer internationalen NGO, beim International Rescue Komitee in London als Koordinatorin für Kommunikation und ist zuständig für Westafrika. „Jede Woche ist anders“, berichtet Kim. Sie ist viel in Meetings und verbringt viel Zeit mit redaktionellen Aufgaben; sie hat eine Mittler-Rolle zwischen den Länderbüros und dem Hauptsitz, in der es auch um Lobbyarbeit geht. Sie muss herauszufinden, wie die Situation in den Ländern ist und bietet Kolleg*innen dort Hilfestellung. „Woran arbeitet ihr gerade? Was sind die Anforderungen der Geldgeber?“ „Welche Kommunikation wird gebraucht? Pressebericht, Videobeiträge oder Social Media Beiträge?“ Es werden Inhalte und Fotos zu Projekten geteilt, spannende Geschichten über Personen erzählt, denen die NGO geholfen hat. Häufiger Bestandteil ihrer Arbeit ist das Übersetzen oder Dolmetschen in Meetings, hier zahlen sich ihre guten Französischkenntnisse aus. „Die Arbeit ist recht kreativ, jeder Tag und jede Woche sehen anders aus“, bestätigt auch Kim.
Wusstet ihr zu Beginn des Studiums bereits, wo ihr beruflich hinwollt?
Kim: „Ich habe mein Studium danach gewählt, was mir in der Schule Spaß gemacht hat und habe Französisch und Philosophie an der FU studiert. Ich habe mir keinen Stress gemacht, wohin es danach gehen soll, und ungefähr Journalismus im Kopf gehabt“, sagt sie. Als AuPair in Frankreich hatte sie bereits erste Auslandserfahrung vor dem Studium gesammelt, die Sprachkenntnisse waren sehr hilfreich für den zweiten Studienabschnitt in Paris. In London absolvierte Kim einen Master in Journalismus. Danach hatte sie Übersetzungsjobs, hat für verschiedene Magazine geschrieben und ist schließlich zur Pressearbeit gekommen. Damit begann ihr Berufsweg im internationalen Bereich der Entwicklungsarbeit und humanitärer Hilfe.
Clara: „Ich hatte lange keinen klaren Plan und habe viele Sachen ausprobiert. Ich wusste, dass ich gerne etwas machen würde, was eine gesellschaftliche Wirkung hat. Privat interessierte ich mich schon recht lange für Umwelt- und Klimapolitik. Ich habe im Bachelor VWL, BWL und Geschichte in Mannheim studiert und mich nach einem Master an der HEC Paris für den Master in Politikwissenschaften an der FU entschieden. Das Carlo-Schmid-Programm für internationale Organisationen kann ich sehr empfehlen. Es bietet die Möglichkeit, bezahlte Praktika, bzw. Fellowships im internationalen Kontext zu machen. Über das Programm hatte ich mich bei WWF in Paris beworben und konnte im Bereich grüne Finanzierung arbeiten. Dieser Bereich hat es mir angetan, da er viele meiner Interessen zusammenbringen konnte.“ Als sie bereits in Frankreich war, hatte Clara die Ausschreibung für die ENA – Ecole Nationale d’Administration gesehen und sich beworben. Und über ein ENA-Praktikum kam sie zur Europäischen Kommission. „Im Nachhinein sieht es vielleicht aus, wie ein perfekt geplanter Lebenslauf, dabei war vieles wahrscheinlich auch Zufall. Mein Rat ist: Einfach auf alles bewerben, das euch interessiert! Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, wie man denkt, dass es klappt. Viel ausprobieren und offen sein! Meistens wächst man sehr schnell in Sachen hinein.“
Zum Thema Bewerbungen hat auch Kim noch einen Rat: Sie erzählt, wie sie sich auf Stipendien nicht beworben hatte, weil sie meinte, nur Überflieger würden das schaffen. Dann habe sie gehört, wie viele Stipendien unbesetzt blieben, da es nicht genügend Bewerbungen gab. „Der Unterschied zwischen Stipendiatinnen und nicht-Stipendiatinnen ist, dass die einen sich beworben haben!“, ergänzt Clara.
Wie ist es mit Praktika im außereuropäischen Ausland?
Clara war in Peru und hat ihr freiwilliges soziales Jahr in einem Waisenheim in Lima absolviert. “Jede Auslandserfahrung ist wertvoll, für mich galt: je mehr, desto besser.“ Sie berichtet, dass dieses Jahr für sie sehr prägend und sehr bereichernd war, gleichzeitig hat es sie nach Abschluss und Rückkehr in eine Sinnkrise gebracht. Sie empfiehlt, zuversichtlich zu bleiben: „Man findet seinen Platz.“ Für die Europäische Kommission sind Praktika in der EU relevanter als im außereuropäischen Ausland, dennoch möchte sie ihre Erfahrung in Peru nicht missen, denn es war ein wichtiger Teil ihres Weges.
Kim war für 14 Monate im Senegal. Auch bei ihr hat diese Erfahrung an ihrem Weltbild gerüttelt. Zuvor hatte sie schon einige Jahre im Londoner Büro einer humanitären Organisation gearbeitet und sich gefragt, wie es denn vor Ort wäre. Die Versetzung über den damaligen Arbeitgeber hatte nicht geklappt, dennoch fand sie dank ihrer guten Französischkenntnisse über ihr Netzwerk eine Stelle bei der UN-Migrationsbehörde in Senegal. „Beruflich war diese Auslandserfahrung sehr förderlich, ich habe den Kontext vor Ort sehr viel besser verstanden, langfristig wollte ich aber nicht die ‚weiße Retterin‘ als Angestellte einer UN-Behörde mit gutem Gehalt und vielen Privilegien in einem der ärmsten Länder der Welt sein.“
Was sind Einstiegsmöglichkeiten und wie sieht es mit der Work-Life-Balance aus?
Kim: „Wenn man sich bei der UN bewerben möchte, lohnt es sich nach Länderprogrammen zu schauen. Mitgliedstaaten haben ein Kontingent an Arbeitsplätzen für gewisse UN-Institutionen und man kann zum Beispiel als Junior Professional Officer (JPO) einsteigen.“
Clara: „Bei der Europäischen Kommission sind BlueBook Traineeships hilfreich. Man kann sich auch direkt auf EU-Jobs bewerben, aber Praktika können gute Türöffner sein, da man schon Kontakte hat. Man kann sich auch auf eine Festanstellung als Beamtin oder Beamter bewerben, dafür gibt es das sogenannte EPSO-Auswahlverfahren.“ Wenn man bei der Kommission einen Beamtenstatus hat, kann man auch eine Pause machen und sich unbezahlt freistellen lassen, unter bestimmten Umständen sogar bis zu 12 Jahren. Diese Zeit könne man nutzen, um in einem ganz anderen Bereich, zum Beispiel im Privatsektor, zu arbeiten, sofern kein Interessenskonflikt besteht, sagt Clara.
Kim: „Auch bei der UN ist je nach Bereich eine Freistellung möglich und man kann auch Stellen außerhalb des Systems wahrnehmen. Es gibt jedoch leider auch prekäre Stellen mit befristeten Verträgen.“
Clara: „Es lohnt sich, verschiedene Seiten zu kennen – nicht nur den öffentlichen Sektor. Ich persönlich finde es hilfreich, mit Leuten zu arbeiten, die auch schon etwas anderes gemacht haben.“ Der Beruf ist insgesamt toll, man arbeitet viele Stunden, gleichzeitig bietet er aber auch Flexibilität, man kann intern wechseln oder auch Pausen nehmen. Familienvereinbarkeit ist grundsätzlich gut möglich.“
Was sind eure abschließenden Tipps?
„Studiert das, was euch Spaß macht!“
„Auslandsaufenthalte sind alle relevant!“
„Bewerbt euch auf alles, was euch interessiert – auch auf Stipendien, probiert vieles aus und seid offen!“
„Und seid zuversichtlich – ihr findet euren Weg!“
Clara Solzbacher, Policy Officer, Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt, Umweltgesetzgebung und grüne Investitionen, Brüssel, Belgien
Clara absolvierte 2012 einen Bachelor in BWL, VWL, Geschichte und Kulturwissenschaften an der Universität Mannheim und verbrachte im Rahmen ihres Studiums ein Semester an der Universidad de Sevilla in Spanien. Nach ihrem Bachelor arbeitete Clara zehn Monate in einem Waisenheim in Lima in Peru. 2016 schloss sie an der HEC Paris Business School ihren MSc in Public Policy und Management ab und 2018 ihren MA in Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Während des Studiums arbeitete sie als wissenschaftliche Hilfskraft beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und ging als Carlo-Schmid-Fellow zum WWF Frankreich, wo sie nach Abschluss ihres Stipendiums als Projektmanagerin im Bereich grüne Finanzierung in Paris arbeitete. Es folgte ein Diplom der ENA - Ecole Nationale d'Administration in Straßburg 2019. Im Rahmen ihres Studiums an der ENA war sie als Trainee bei der Europäischen Kommission im Bereich Nachhaltige Finanzierung, seit Januar 2020 arbeitet sie zu verschiedenen Themen als Policy Officer ebenda. Seit November 2023 arbeitet Clara als Policy Officer zum Thema Umweltgesetzgebung und grüne Investitionen.
Kim Winkler, Kommunikationskoordinatorin für die Region Westafrika beim International Rescue Committee, London, England
Kim absolvierte ihren Bachelor in Französischer Sprache und Literatur an der Freien Universität Berlin sowie an der Université Sorbonne Nouvelle in Paris in 2011. Es folgte ein Master in Internationalem Journalismus an der London Metropolitan University in 2012. Nach mehrjähriger Tätigkeit als freie Autorin und Übersetzerin, arbeitete Kim 2017-2021 bei Action Against Hunger in London. Danach war sie für die International Organization for Migration der Vereinten Nationen in Dakar, Senegal, tätig. Seit Januar 2023 arbeitet sie beim International Rescue Committee, zunächst als Kommunikationsmanagerin, seit März 2024 als Kommunikationskoordinatorin für die Region Westafrika.
Die Veranstaltung „HEUREKA – Internationale Karrierewege“ wurde erstmals im Rahmen des HEUREKA-Berufsperspektivtags 2024 vom Alumni-Büro gemeinsam mit dem Frankreichzentrum der Freien Universität Berlin ausgerichtet.
Die Veranstaltung "Internationale Karrierewege" wird jährlich vom Alumni-Netzwerk der Freien Universität gemeinsam mit dem Career Service der Freien Universität durchgeführt. Die jährlichen Termine in der Reihe werden u.a. im Terminkalender des Alumni-Netzwerks veröffentlicht.
Das Alumni-Netzwerk der Freien Universität Berlin steht allen Ehemaligen aus dem In- und Ausland offen. Dazu zählen nicht nur Absolventinnen und Absolventen, sondern auch Austauschstudierende, Beschäftigte und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ziel des Alumni-Netzwerks ist es, die Verbindung zu Ehemaligen weltweit zu pflegen und Alumni und ihre Expertise in die Aktivitäten der Hochschule einzubinden. Weitere Informationen und die Online-Registrierung finden Sie auf den Seiten des Alumni-Netzwerks.