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Liebesgezwitscher und Kampftöne

Verhaltensbiologen untersuchen den Gesang von Nachtigall-Männchen

14.10.2011

Mehr als 150 Nachtigall- Männchen wurden bisher im Treptower Park beringt.

Mehr als 150 Nachtigall- Männchen wurden bisher im Treptower Park beringt.
Bildquelle: Susanne Walter

Der Nachtigall-Gesang wird mit einem Parabol- Mikrofon aufgenommen

Der Nachtigall-Gesang wird mit einem Parabol- Mikrofon aufgenommen
Bildquelle: Michael Lierz

Sein Repertoire lässt gestandene Popstars, Rockröhren oder Schlagerbarden wie Hobbykünstler wirken: Bis zu 200 Strophen trällert ein Nachtigallen-Männchen in einer Stunde. Der Gesang wirkt nicht nur anziehend auf Artgenossinnen – auch Wissenschaftlerinnen der Freien Universität hat der kleine Vogel mit der großen Stimme in den Bann gezogen.

Silke Kipper zählt vermutlich zu den größten Fans des gefiederten Sängers. Seit elf Jahren betreut die Verhaltensbiologin eine Langzeitstudie und beobachtet Nachtigallen im Treptower Park. In der Berliner Grünanlage wimmelt es jedes Frühjahr geradezu von den Nachtschwärmern. Aber nicht nur hier, die Hauptstadt ist überhaupt ein beliebtes Nest für die Singvögel: In keiner anderen deutschen Stadt und in keinem anderen Bundesland leben so viele Nachtigallen wie in Berlin.

Die Population im Treptower Park untersucht Silke Kipper gemeinsam mit Biologie-Studierenden der Freien Universität. Im Fokus der Forschung steht der Gesang der männlichen Vögel, der zweierlei Funktion hat: Zum einen soll die musikalische Darbietung Nachtigall-Weibchen anlocken, zum anderen soll durch den Gesang das eigene Territorium gegenüber anderen Männchen verteidigt werden.

„Um beide Rollen des Gesangs detailliert erforschen zu können ist es wichtig, die Individuen wiederzuerkennen“, sagt Silke Kipper. Mehr als 150 Nachtigall-Männchen im Treptower Park wurden im Laufe des Jahres daher mit kleinen Metall- und farbigen Plastikringen an den Beinen gekennzeichnet.

Mitte April kehren die ersten Tiere aus ihrem sonnigen Winterquartier jenseits der Sahara in ihre Berliner Heimat zurück – die ältesten der „Stammgäste“ bereits das neunte Jahr in Folge. Mit der Ankunft der Nachtigallen beginnt für Wissenschaftlerin Silke Kipper und ihre Studenten eine spannende Jahreszeit: Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden nehmen sie die Gesänge der liebeshungrigen Nachtigall-Männchen auf, tagsüber werden die Daten ausgewertet.

Die Tiere trällern allerdings nur so lange, bis sie ein Weibchen gefunden haben: „Das heißt, dass manche Männchen vielleicht gerade einmal drei Nächte singen, andere wiederum zwei Monate, bis sie Erfolg haben“, sagt Silke Kipper.

Wie lange die Nachtigall-Forschungs-Saison andauert, weiß die Wissenschaftlerin vorher nie. „Mit Beginn der Paarungszeit ist uns kein Wetter zu schlecht und kein Schlafdefizit zu hoch“, sagt Kipper. „Wir verbringen jede nur mögliche Stunde damit, die Tiere zu beobachten.“

Und dennoch sind viele Fragen ungeklärt: Was klingt am Gesang der männlichen Nachtigall in den Ohren des Vogel-Weibchens „sexy“? Und was wirkt bedrohlich auf andere Männchen? Der scheue Vogel gibt den Wissenschaftlern nach wie vor Rätsel auf.

Um an mehr Daten zu gelangen, sind Professorin Kipper und ihre Mitarbeiter auf eine besondere Idee gekommen. In einem neuen Projekt im kommenden Frühjahr wollen sie die Berliner Bevölkerung um Mithilfe bitten: Jeder, der eine Nachtigall singen hört, solle ein kurzes Stück des Liedes mit dem Handy oder einem anderen Gerät aufnehmen und die Audiodatei an die Wissenschaftlerinnen schicken.

Auf diese Weise könnte ein Datensatz entstehen, der als Forschungsgrundlage dienen kann. „So könnten wir von der großen Berliner Nachtigallen-Population profitieren“, sagt Silke Kipper. Das Grundgerüst für das Projekt steht, nun muss Kipper noch die Finanzierung auf die Beine stellen.

Wenn Sie das Projekt der Verhaltensbiologen finanziell unterstützen möchten, dann schicken Sie eine E-Mail an:

s.kipper@fu-berlin.de