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„Ein Reformmodell, das sich bewährt hat“

Das Zentrum für Lehrerbildung an der Freien Universität feiert fünfjähriges Bestehen

14.10.2011

Die rund 3000 Studierenden, die derzeit in 17 Fächern in Bachelor- und Masterstudiengängen an der Freien Universität eingeschrieben sind, haben ein Ziel: Sie wollen Lehrer werden. Es ist keine Übertreibung, wenn man ihnen bescheinigt, dass sie sich damit für einen der wichtigsten Berufe überhaupt entschieden haben. Allerdings auch für einen, der gesellschaftlich kein hohes Ansehen genießt.

Dass die Debatte um die Ausbildung und deren Organisation – eher an einer Pädagogischen Hochschule oder besser eingebunden in eine Universität? – immer wieder neu entflammt, macht die Sache nicht einfacher.Das Modell, das die Freie Universität Berlin seit fünf Jahren erfolgreich umsetzt, heißt Zentrum für Lehrerbildung (ZfL).

Das Zentrum, unter dessen Dach die Lehramtsausbildung an der Universität über alle lehrerbildenden Fachbereiche hinweg gebündelt wird, ist keine von den Instituten abgekoppelte Einrichtung, sondern am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie angesiedelt und mit den an der Lehrerbildung beteiligten Fächern gut vernetzt.

Anlass dafür, das ZfL im Herbst 2006 zu gründen, war die Vorgabe der Kultusministerkonferenz, die Lehrerbildung bis zum Jahr 2013 zu reformieren. Damals war das ZfL der Freien Universität Berlin bundesweit eines der ersten seiner Art. Heute blicken die beteiligten Wissenschaftler und die Hochschulleitung auf fünf erfolgreiche Jahre zurück: „Das Zentrum gewährleistet eine fachlich und praktisch hervorragende Qualifizierung der Studierenden auf aktueller wissenschaftlicher Basis“, sagt Universitätspräsident Professor Peter-André Alt.

Die Herausforderung, der sich die Freie Universität Berlin mit dem ZfL stellt, besteht darin, die Lehramtsausbildung zu reformieren und dadurch mittelfristig den Unterricht an deutschen Schulen zu verbessern. Bei den Lehramtsstudierenden handele es sich um eine besondere Gruppe unter den Studierenden, sagt Diemut Ophardt, promovierte Erziehungswissenschaftlerin und Geschäftsführerin des ZfL: „Deren speziellen Bedürfnissen wollen wir gerecht werden, indem wir sie durch alle Ausbildungsphasen begleiten.“

Neun Mitarbeiter und 26 studentische Tutoren arbeiten daran, durch Koordination, Information und Verwaltung sowie die Konzeption und Durchführung eigener Projekte die Lehrerbildung an der Freien Universität weiterzuentwickeln und die Studierenden zu unterstützen. Sie helfen ihnen dabei, einen überschneidungsfreien Stundenplan zusammenzustellen und beraten sie, wie sie ihr Studium reibungslos organisieren können.

So werden die Masterstudierenden in einem eigens für sie eingerichteten Prüfungsbüro betreut und nicht wie an anderen Universitäten in den Prüfungsbüros der jeweiligen Fächer. Das spart lange Wege und viel Zeit. Zusätzlich startet in diesem Wintersemester ein neues Mentoringprogramm, das Studienanfängern eine zweisemestrige Begleitung anbietet.

Um geeignete Lehramtsstudierende zu gewinnen, setzt das ZfL schon bei Jugendlichen an. Neben den etablierten Informationstagen lädt das ZfL Schüler zu der Veranstaltung „Einen Tag auf Lehramt studieren“ ein. Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund gibt es ein zusätzliches Angebot: den Schülercampus „Mehr Migranten werden Lehrer“.

Um diese wichtige Gruppe zu gewinnen, hat die ZEIT-Stiftung eine Informationsveranstaltung iniitiert, die im Juni erstmals an der Freien Universität stattfand: 30 Schüler aus Einwandererfamilien konnten vier Tage lang in Übungen und Gesprächen mit Studierenden, Wissenschaftlern, Referendaren, Ausbildern und Lehrern testen, ob ihnen der Lehrerberuf zusagt. Das ebenfalls am ZfL angesiedelte Projekt „MigraMentor“ zielt grundsätzlich darauf ab, studieninteressierte Schüler, Studierende und Lehrkräfte mit Migrationshintergrund zu fördern.

Solche praktischen Angebote und Begleitveranstaltungen halten die Wissenschaftler am ZfL für effektiver als die häufig propagierten Eignungstests. „Vorinformation ja, Vorauswahl nein“, sagt Diemut Ophardt. Auswahlgespräche mit 18- oder 19-Jährigen seien kein Mittel, um festzustellen, wer für den Lehrerberuf geeignet ist und wer nicht. „Die Persönlichkeit entwickelt sich noch.“ Lehren sei erlernbar – schließlich gehe es für Lehrer niemals nur darum, Wissen zu vermitteln, sondern auch darum, eine Klasse zu leiten, Konfliktsituationen zu lösen, Vorbild zu sein. „Wir wollen die Studierenden dazu anleiten, eine eigene Rolle zu finden und ein professionelles Ethos zu entwickeln“, sagt Ophardt.

Neben der Ausbildung der Studierenden nimmt das ZfL auch die Weiterbildung in den Fokus. Fortbildungen kämen im Schulalltag häufig zu kurz, oft fehlten die Mittel, sagt Miriam Pech, Schulleiterin der Heinz-Brand-Sekundarschule in Berlin-Weißensee und Absolventin des Masterstudiengangs „Schulentwicklung und Qualitätssicherung“ an der Freien Universität.

Der berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengang richtet sich an Lehrer, Schulleiter und Seminarleiter. Anderthalb Tage pro Woche wechseln die Teilnehmer hier von der lehrenden in die lernende Rolle. Freitagnachmittags und samstags werden sie an der Freien Universität in Schulentwicklung, Evaluation und Qualitätssicherung sowie Unterrichtsentwicklung geschult. Sie erwerben fundierte Kenntnisse über Organisations- und Personalentwicklung, Projektplanung, -steuerung und -entwicklung, Mitarbeiterbeurteilung und -führung.

Darüber hinaus werden die Lehrer darin geschult, ihre eigene Arbeit zu evaluieren. „Wir legen in dem Masterstudiengang großes Gewicht auf die Verküpfung von theoretischem Wissen und praktischen Übungen, in denen anwendungs- und problembezogene Lernformen trainiert werden können“, sagt Felicitas Thiel, Professorin am Arbeitsbereich Schul- und Unterrichtsforschung der Freien Universität. Die Weiterbildung schließt mit einem Praxismodul ab, bei dem es darum geht, das Erlernte im Schulalltag umzusetzen.

Dass der Bedarf an Fort- und Weiterbildungsangeboten durch die Universität groß ist, bestätigt auch Daniela Caspari, Professorin für Didaktik der Romanischen Sprachen und Literaturen an der Freien Universität: „Die Lehrer rennen uns die Bude ein. Bei 114 Anmeldungen mussten wir die Liste beim letzten Studientag der Romanischen Sprachen schließen.“ Auch die dreijährige Weiterbildung zum Erwerb der Lehrbefähigung in einem weiteren Schulfach ist trotz der damit verbundenen hohen Zusatzbelastung sehr gefragt.

Im Zusammenhang mit dem von der Kulturministerkonferenz beschlossenen und von 2013 an vorgesehenen Praxissemester für Lehramtsstudierende wird das ZfL seine langjährigen Kooperationsprojekte mit Schulen ausweiten. Ein Schwerpunktthema ist das Klassenmanagement. Ziel sei es, angehenden Lehrern Wege aufzuzeigen, wie sie mit Schülern umgehen können, die den Unterricht stören, erläutert Diemut Ophardt.

Dabei würden Lehramtsstudierende etwa anhand praxisnaher Videos mit Konfliktsituationen konfrontiert und durch Rollenspiele in ihrer Handlungskompetenz geschult. Eine wichtige Rolle für die Vorbereitung auf den Unterricht spielen in dem geplanten Praxissemester Mentoren, die die Studierenden an den Schulen beratend begleiten. Diese Mentoren sind Lehrer, die durch das ZfL auf ihre Tätigkeit mit einer hochwertigen Qualifizierung vorbereitet werden.

Von der Notwendigkeit, die verschiedenen Ausbildungsorte und -stufen – Universität, Referendariat, Hauptseminar, Schule – eng miteinander zu verzahnen, sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Lehrerbildung überzeugt. Nur so könne man auf die jeweiligen Bedürfnisse reagieren. Bewährt habe sich außerdem, die Studierenden „am Nabel der Forschung“ auszubilden, sagt Diemut Ophardt. Durch den Verbleib der Fachdidaktiken in den Fächern seien Lehre und Forschung im Lehramtsstudium eng miteinander verbunden. Davon profitierten die Studierenden, die Lehrer und – durch den besseren Unterricht – nicht zuletzt auch die Schüler.