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"Verständigung beruht auf Verständnis"

Forschungszentrum zur Geistesgeschichte der islamischen Welt an der Freien Universität eröffnet

14.10.2011

Im Mschatta-Saal des Museums für Islamische Kunst im Pergamonmuseum: Das von Sabine Schmidtke geleitete neue Forschungszentrum nimmt Islam, Judentum und Christentum gemeinsam in den Blick.

Im Mschatta-Saal des Museums für Islamische Kunst im Pergamonmuseum: Das von Sabine Schmidtke geleitete neue Forschungszentrum nimmt Islam, Judentum und Christentum gemeinsam in den Blick.
Bildquelle: Ernst Fesseler

Respekt für andere Glaubensrichtungen und interreligiöser Austausch sind nicht allein Errungenschaften der Aufklärung und der Moderne. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eines neu gegründeten Forschungszentrums der Freien Universität Berlin zur Geistesgeschichte der islamischen Welt untersuchen, in welcher Form gelehrte Muslime, Christen und Juden in der islamischen Welt schon seit dem Mittelalter in regem intellektuellem Austausch standen. Im Rahmen eines Festakts im Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum stellte Sabine Schmidtke Forscherteam und Forschungsthema der „Research Unit Intellectual History of the Islamicate World“ vor.

„Verständigung beruht auf Verständnis“, sagte der Präsident der Freien Universität Berlin, Peter-André Alt, in seinem Grußwort vor den zahlreich erschienenen Festgästen. Verständnis wiederum entstehe durch das Wissen, das aus der Kenntnis der Geschichte erwachse. Eine neue fundierte Bewertung der Ideengeschichte des Islam und Erkenntnisse über die Möglichkeiten eines gedeihlich-friedvollen Zusammenlebens der Religionen seien „wesentlich für die künftige Gestaltung der globalisierten Welt“.

Sabine Schmidtke, Leiterin des Forschungszentrums und Professorin für Islamwissenschaft an der Freien Universität, beschrieb die Symbiose muslimischen, jüdischen und christlichen Denkens in der islamischen Welt seit dem Mittelalter. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, unterstrich anlässlich der Eröffnung die wichtigen Impulse für eine rationale Wahrnehmung des Islam, die das Forschungszentrum setze: „Wir brauchen ein umfassendes Bild der Geistesgeschichte des Islam vom Mittelalter bis zur Neuzeit für sein Selbstverständnis, seine Wahrnehmung in der westlichen Welt, um das Miteinander besser gestalten zu können.“

Der Mschatta-Saal des Museums für Islamische Kunst im Pergamonmuseum bot einen würdigen Rahmen für die feierliche Eröffnung des Forschungszentrums: Hier befindet sich die kunstvoll verzierte Fassade eines Wüstenpalastes aus dem achten Jahrhundert im heutigen Jordanien. Das aufwendig gestaltete Bauwerk symbolisiert die Komplexität der islamischen Welt des Mittelalters und war damit eindrucksvoller und passender Hintergrund für die Reden und Vorträge.

In den vielfältigen wissenschaftlichen Perspektiven der Vortragenden spiegelten sich die unterschiedlichen Disziplinen des Forschungszentrums wider, aus deren Vertretern sich das Team zusammensetzt: Islamwissenschaftler, Judaisten und Christliche Orientalisten haben es sich zur Aufgabe gemacht, in gemeinsamer Arbeit die bisher übliche Trennung in muslimische und nicht-muslimische Forschung zum Islam zu überwinden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Nahen Osten, Europa und Nordamerika, unter ihnen Muslime und Nicht-Muslime, untersuchen den intellektuellen Reichtum und die kulturelle Vielfalt, die die islamische Welt seit dem Mittelalter kennzeichneten. So werden nicht nur herkömmliche Fächergrenzen überwunden, es fließen auch die verschiedenen Glaubensrichtungen islamischer Gesellschaften der in der Arbeitsgruppe versammelten Forscher ein. Damit arbeitet das Team um Sabine Schmidtke in der Tradition der Gelehrten, deren Gedankenwelt es erforscht. Auf die Arbeit in dem multireligiösen Team freut sich die Islamwissenschaftlerin: „Uns ist es wichtig zu betonen, dass Pluralität als Grundlage von Gesellschaftsmodellen keineswegs eine neue Erfindung ist, sondern in der islamischen Welt schon über Jahrhunderte hinweg gelebt wurde: Seit dem Mittelalter haben sich muslimische, jüdische und christliche Denker gegenseitig beeinflusst.“