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Der Weg zum besseren Klima

Wissenschaftler der Freien Universität untersuchen die Effekte von Umweltprogrammen

18.04.2011

Energiereserve der Zukunft: Auch mithilfe von WIndkraft möchte die Bundesregierung bis 2020 die Treibhausgasemission in Deutschland um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 senken.

Energiereserve der Zukunft: Auch mithilfe von WIndkraft möchte die Bundesregierung bis 2020 die Treibhausgasemission in Deutschland um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 senken.
Bildquelle: BMU/Konrad Hölzl

Von Ortrun Huber

Wer Schadstoffe durch den Schornstein pustet, muss zahlen. Seit 2005 wird in der Europäischen Union durch die Zuteilung von Emissionszertifikaten festgelegt, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid von Kraftwerken und Industrieanlagen in die Luft abgegeben werden darf.

Ein Handel, der sich lohnt: „Das Bundesumweltministerium stellt aus der Veräußerung der Emissionsrechte Mittel für Klimaschutzprojekte bereit“, erklärt Kerstin Tews, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität Berlin. „Davon fließen 280 Millionen Euro in Programme der Nationalen Klimaschutzinitiative, die helfen sollen, Treibhausgase in Deutschland einzusparen.

“Geld für jene Maßnahmen, mit deren Hilfe die Bundesregierung ihr Klimaschutzziel erreichen will: Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 sinken. Dafür unterstützt die „Nationale Klimaschutzinitiative“ (NKI) seit 2008 Investitionen in energieeffiziente Technologien, aber auch Bildungsprogramme oder andere klimaschützende Initiativen, die von Privathaushalten, Kommunen, Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft angestoßen werden. Ob die Millionen aus dem Emissionshandel dabei auch zielgerichtet eingesetzt werden – das zu überprüfen, ist Gegenstand einer großen Begutachtung im Auftrag des Bundesumweltministeriums, an dem Kerstin Tews arbeitet. Gemeinsam mit Projektleiter Lutz Mez ist sie mit vier weiteren Wissenschaftlern des FFU an der Evaluierung von neun Einzelprojekten der NKI beteiligt: „Unser Ziel ist es einerseits zu ermitteln, inwiefern in den Programmen messbare Emissionseinsparungen erzielt werden. Zudem untersuchen wir, welche wirtschaftlichen und strukturellen Effekte – etwa Investitionen oder mehr Beschäftigung, aber auch Verhaltensänderungen im privaten oder gewerblichen Bereich – erreicht werden“, sagt Kerstin Tews. Die begleitende NKI-Evaluation erstellt das Forschungszentrum über drei Jahre gemeinsam mit den Einrichtungen Öko-Institut, Ecologic, Arepo consult und dem Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität Köln.

Beispiel „Stromsparcheck“: Das vom FFU evaluierte Projekt – eine gemeinsame Aktion des Deutschen Caritasverbandes und des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands – richtet sich an einkommensschwache Haushalte. Energiesparwillige, die Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Wohngeld beziehen, können sich in den eigenen vier Wänden kostenlos von einem geschulten Stromsparhelfer beraten lassen. Er erarbeitet einen individuellen Plan mit Tipps, wie in Zukunft weniger Energie verbraucht und damit Geld gespart werden kann. Bei einem zweiten Besuch installiert der Berater – wiederum kostenfrei – Energiespargeräte: Energiesparlampen, schaltbare Steckdosenleisten oder Strahlregler für den Wasserhahn.

Mit messbarem Erfolg: „Unsere Evaluierung ergab, dass sowohl der Stromverbrauch als auch der jährliche Kohlendioxid-Ausstoß der teilnehmenden Haushalte durch den Stromsparcheck deutlich reduziert wurden“, sagt Kerstin Tews. Das jährliche Gesamtziel zum Einsparen von 3500 bis 4500 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr – gerechnet auf 12 000 am „Stromsparcheck“ teilnehmende Haushalte – wurde übertroffen: Mehr als 17 000 teilnehmende Haushalte sparten im Jahr 5 935 Tonnen Kohlendioxid ein.

Zugleich stellten die Wissenschaftler fest, dass die Beratung durch den Stromsparhelfer auch deutliche Lerneffekte brachte. Zehn Prozent der befragten Teilnehmer gaben an, sich aufgrund der Beratung einen Kühlschrank mit geringerem Stromverbrauch gekauft zu haben, sechs Prozent hatten eine neue Waschmaschine angeschafft. „Ganz wichtig bei der Evaluierung des Stromsparchecks war die Erhebung der Effekte energiesparender Verhaltensänderungen in den Haushalten infolge der Beratung“, sagt Kerstin Tews, „denn durch veränderte Verhaltensroutinen können ebenfalls beträchtliche Spareffekte erzielt werden.“ Kleine Ursache, große Wirkung: Wer regelmäßig sein Gefrierfach abtaut, den Boiler niedrig einstellt und richtig lüftet, verbraucht erheblich weniger Energie. Und nicht zuletzt profitieren davon die Kommunen – denn diese übernehmen die Heizkosten für Harz-IV-Empfänger.

Noch bis Mitte 2012 bewertet das FFU gemeinsam mit den Projektpartnern die NKI-Programme und gibt Optimierungsvorschläge an das Bundesumweltministerium weiter. Ein Ende der Klimaschutzprogramme ist dabei nicht in Sicht: Ende Januar hat das Ministerium bereits eine neue Bewerbungsrunde für innovative Projekte im Rahmen der „Nationalen Klimaschutzinitiative“ gestartet.