Mord am Fachbereich
Blutige Verbrechen geschehen an der Freien Universität – allerdings nur auf dem Papier
18.12.2010
Die Mitarbeiter des Philosophischen Instituts stehen unter Schock – Professor Rudolf Schreiner ist ermordet worden. Und das auf besonders brutale Art und Weise: Der Körper des Nietzsche-Spezialisten wurde in „vierundfünfzig Teile zerlegt, in Gefrierbeutel verpackt und gleichmäßig auf die vierundfünfzig Postfächer des Philosophischen Instituts an der Universität Berlin verteilt.“
Mit dieser schauerlichen Szene beginnt der Kriminalroman „Berliner Aufklärung“ der Autorin und Alumna der Freien Universität, Thea Dorn. Auch wenn die Schriftstellerin die Freie Universität nicht explizit als Tatort des blutigen Verbrechens benennt, wird doch schnell klar, dass Professor Schreiner im Philosophischen Institut in Dahlem ermordet wurde.
Thea Dorn studierte vom Wintersemester 1991/92 bis 1995 Philosophie an der Freien Universität und blieb bis zum Jahr 2000 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut.
Frühere Kommilitonen von Thea Dorn glauben, im Roman viele der handelnden Personen wiedererkannt zu haben, wenn auch der Fall komplett erfunden ist. Doch die Autorin sagt: „Das ist natürlich Unsinn, mein Buch ist kein Doku-Drama.“ Aber ein paar Ähnlichkeiten zu realen Personen und Orten gebe es schon. Das lasse sich nicht vermeiden, wenn man als Studentin an einem konkreten Institut arbeite und Krimis schreibe, sagt Dorn.
Dieser Ansicht stimmt auch Herbert Büning zu. Wie Thea Dorn wählte der emeritierte Statistik-Professor einen ihm vertrauten Schauplatz für seinen ersten Krimi: seine ehemalige Arbeitsstätte, die Freie Universität. Der Wissenschaftler, der sonst Fachbücher über „Nichtparametrische statistische Methoden“ und „Mathematik für Ökonomen im Hauptstudium“ veröffentlicht, hat sich mit seinem Buch „Wie oft klingen die Gläser?“ einen Kindheitstraum erfüllt. „Einen Krimi wollte ich schon immer schreiben“, sagt Herbert Büning. Zweieinhalb Jahre hat er an seinem Werk gearbeitet. Büning erzählt die Geschichte des unbeliebten Professors Felix Einstern. Reihenweise lässt der Professor seine Studenten durch die Statistik-Prüfung fallen. So auch Max Winterstein, der an der mündlichen Nachprüfung scheitert und sich anschließend noch die sarkastischen Äußerungen des Professors anhören muss. Max Wintersteins Studium der Betriebswirtschaftslehre ist damit Geschichte.
Kurz darauf entdeckt Hausmeister Waldemar Stein den leblosen, blutüberströmten Körper des Wissenschaftlers. In der Brust eine klaffende Wunde, Felix Einstern ist tot. Ist Winterstein aus Wut über sein verpatztes Studium etwa zum Mörder geworden? Kommissar Karl-Friedrich Matern geht der Sache auf den Grund. Ungebetene Hilfe erhält dieser immer wieder von Walter Reichmann, einem nervenden Amateur-Detektiv, Kollegen und guten Freund des Ermordeten.
Als mögliche Täter kommen allerdings noch weitere Personen in Betracht: Neben anderen die untreue Ehefrau des Ermordeten und ein Mitarbeiter des Professors, mit dessen Freundin der Ermordete ab und an das Bett teilte.
Autor Herbert Büning räumt ein, dass er sich von Larry Beinharts Buch „Crime, Krimi und Thriller schreiben“ hat inspirieren lassen. Darin lehrt Beinhart die Kunst, einen Kriminalroman zu verfassen. Sein Rat: nur über Dinge zu schreiben, die dem Autoren vertraut sind. „Darum spielt der Krimi an der Freien Universität und an der Deutschen Oper“, erklärt Herbert Büning. Der langjährige Arbeitsplatz und das Lieblingsopernhaus des emeritierten Professors durften einfach nicht fehlen. Der ehemalige Hochschullehrer Herbert Büning gibt dem Leser im Laufe des Buches Hinweise auf den Mörder, die allerdings erst entschlüsselt werden müssen. Dabei fordert der Wirtschaftswissenschaftler auch die mathematischen Fähigkeiten seiner Leser heraus. „Die Aufgaben sind relativ einfach, aber effektvoll“, sagt er.
Der Professor spielt mit dem Wechsel von Wirklichkeit und Fiktion. So teilt der Autor nicht nur Beruf und Arbeitsstätte mit seiner Hauptfigur Felix Einstern, sondern auch den Geburtsort Oberhausen mit Amateur-Detektiv Walter Reichmann. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter, Professoren-Kollegen und vieles mehr hat sich Büning allerdings ausgedacht – ebenso wie den Mord.
Zu den Lesern des Krimis zählen nicht nur Studenten, Mitarbeiter und Freunde der Freien Universität Berlin. Auf der Leipziger Buchmesse war das Interesse dermaßen groß, dass sogar drei Exemplare geklaut wurden. Herbert Büning freut‘s: „Das ist doch das schönste Kompliment, das sich ein Autor wünschen kann.“