Eine architektonische Bereicherung
Auf dem Campus der Freien Universität hat im März das Seminaris-Campushotel mit Tagungszentrum seinen Betrieb aufgenommen
Licht und transparent zeigen sich Fassaden und das Innere des Campushotels.
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Das Tagungshotel (gelber Rand) liegt in unmittelbarer Nähe zu natur- und geisteswissenschaftlichen Instituten sowie der Philologischen Bibliothek.
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Von Carsten Wette
Helmut Jahn wäre belächelt worden. Spöttisch geschaut hätten wohl die meisten Gäste des ersten Spatenstichs, der im Juli 2007 bei lausigem Wetter stattfand, wenn der renommierte US-Architekt deutscher Herkunft mit Blick auf die schlammige Brache zwischen Königin-Luise-Straße und Arnimallee orakelt hätte, hier würden in dem von ihm geplanten Tagungshotel schon in 625 Tagen Bundesministerin Professorin Annette Schavan und ihr chinesischer Kollege Professor Wan Gang das deutschchinesische Jahr der Wissenschaft und Bildung eröffnen.
Dem Appell der Minister vor 250 Gästen Ende März, die Kooperation zwischen den Hochschulen beider Länder auszubauen, war der Hotelbau im Zeitraffer vorangegangen. Für das von gläsernen Fassaden dominierte Ensemble aus einem Gebäude in L-Form und einem Kubus in dessen Innenhof wurden rund 500 Tonnen Stahl verbaut und rund 8000 Quadratmeter Glas eingesetzt. Gleich zu Beginn geriet das Projekt allerdings in Rückstand: Architekt Steffen Duemler vom Büro Murphy/Jahn Architects kann noch heute darüber schmunzeln, dass nach Intervention von Naturschützern Weinbergschnecken auf dem Gelände eingesammelt und umgesiedelt wurden – es waren 569 –, bevor Bagger die ersten Kubikmeter Erde bewegen durften.
Die Pläne der Freien Universität für ein Hotel auf ihrem Campus reichen zurück bis ins Jahr 2002, wie Präsident Professor Dieter Lenzen sagt: „Grundgedanke war es, Wissenschaft und Wohnen in Dahlem wieder mehr miteinander zu verbinden.“ Drei Jahre später schrieb die Universität eine 10 000 Quadratmeter große Freifläche auf dem Campus aus. Den Zuschlag für Erwerb sowie für Planung und Bau eines Tagungshotels erhielt die Kommunalprojekt privatepublicpartnerships GmbH. Den Ausschlag für die Bewerbung gab der damit verbundene Entwurf des renommierten Architekten Jahn. Dieser zeichnet für zahlreiche spektakuläre Projekte verantwortlich, darunter den Frankfurter Messeturm, das Sony-Center mit Bahn-Tower am Potsdamer Platz in Berlin, den Bremer Weser-Tower und den Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi.
Nach Angaben des Geschäftsführers der Kommunalprojekt GmbH, Manfred Steinbach, wurden in das Campushotel etwa 36 Millionen Euro investiert, und es wurden rund 100 Arbeitsplätze geschaffen. Das in öffentlich-privater Zusammenarbeit entstandene Projekt habe den Steuerzahler keinen Cent gekostet, betont Steinbach. Betreiberin und Namensgeberin des „Seminaris CampusHotel Berlin“ ist die Seminaris-Gruppe mit Sitz in Lüneburg, die bundesweit acht Tagungszentren an sechs Standorten betreibt.
„Das lichtdurchflutete Campushotel ist ein weiterer architektonischer Höhepunkt auf dem Campus der Freien Universität“, sagt Uni-Präsident Lenzen. Mit dem transparenten Äußeren stehe es gleichsam für die Offenheit der Freien Universität. Es reihe sich nahtlos ein in den architektonischen Reichtum der Gebäude des Dahlemer Wissenschaftsgeländes. Für diese Vielfalt stünden beispielsweise das mehr als 100 Jahre alte Große Tropenhaus im Botanischen Garten der Freien Universität, das von Müller und Sobotka entworfene Hörsaalgebäude Henry Ford-Bau aus den fünfziger Jahren, das Zentrum der Geisteswissenschaften der Architekten Candilis, Josic, Woods und Schiedhelm sowie die nach Plänen Lord Norman Fosters errichtete und 2005 eröffnete Philologische Bibliothek. „Von dem Hotel aus können Besucher der Universität alle Institute und Fachbereiche in kürzester Zeit erreichen“, hebt Lenzen hervor. Die Lage auf dem traditionsreichen Campus und die Nähe zur Freien Universität Berlin ist den Betreibern sehr wichtig, wie der Geschäftsführende Gesellschafter von Seminaris, Günther Strube, betont: „Hier riecht es förmlich nach Wissenschaft.“ Dahlem sei für Hotelgäste allerdings auch als Standort der Staatlichen Museen attraktiv. Interessante Ausflugsziele in unmittelbarer Nähe seien zudem die Domäne Dahlem, das Alliierten-Museum und der Botanische Garten der Freien Universität. In Kürze wird im Hotel eine Ausstellung eröffnet, in der an das Wirken von 14 Nobelpreisträgern erinnert wird, die mit dem Standort Dahlem verbunden sind.
Das Campushotel verfügt über 372 Betten in 186 Zimmern und Suiten; angeschlossen ist eine Tiefgarage mit 140 Plätzen. Das Restaurant steht neben Hotelgästen auch anderen Besuchern offen. In den rund 1000 Quadratmeter großen Foyers werden künftig Ausstellungen gezeigt. Die in Kürze mit Blauregen berankten gebäudehohen, schlanken Stahlträger überspannen in vertikaler Richtung beide Teile des Campushotels, der Innenhof wird als Terrasse genutzt. Im Plenarsaal des „Konferenzwürfels“ – „The Dahlem Cube“ – finden bis zu 700 Personen Platz, er kann in fünf Räume unterteilt werden. Für Veranstaltungen gibt es darüber hinaus 13 Seminar- und Tagungsräume sowie zwei Boardrooms. Schon bald zieht eine Filiale der Deutschen Post in das Gebäude, mehrere Gastronomie-Anbieter werden folgen.
Von der Nähe zwischen Freier Universität und dem Hotel können sich die Besucher bei der offiziellen Eröffnungsfeier am 1. Mai oder bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ am 13. Juni überzeugen: Physiker aus dem Gebäude direkt nebenan wollen den neuen Nachbarn bei der „Langen Nacht“ mit einer Lasershow in Szene setzen.
Und Stararchitekt Helmut Jahn? Der ließ bei einem Besuch des fertigen Campushotels vor wenigen Wochen in Dahlem alle Beteiligten zufrieden wissen: In den Vereinigten Staaten wäre ein Projekt in dem Tempo so leicht nicht zu realisieren gewesen.