Stiften gehen!
Der Ingenieur Lothar Wilhelmy fördert seit dem vergangenen Jahr Nachwuchswissenschaftler
Von Caterina Pietschmann
Meine Pferde, meine Jacht, mein Sportwagen? Nein, kostspielige Hobbys sind nicht sein Fall. Lothar Wilhelmy – promovierter Ingenieur und seit 2007 Mitstifter des Klung-Wilhelmy-Weberbankpreises – hat trotz beruflichen Erfolges die Bodenhaftung behalten. Zum Gespräch im Institut für Chemie und Biochemie ist der 68-Jährige mit dem Fahrrad gekommen. Er stiftet lieber ein Teil seines Vermögens, das nicht ererbt ist, sondern erarbeitet. Ein gutes Gefühl, das er auch seinen beiden Söhnen, die an der TU Berlin Informatik studiert haben, mitgegeben habe. Von einer Jeunesse dorée, die zur Vorlesung im Cabrio vorfährt, hält er nichts.
Während Stiftungen in den USA und Großbritannien eine gängige Art der Wissenschaftsförderung sind, kommen sie hierzulande eher schleppend en vogue. Doch das soll sich ändern. Der Staat ist an Stiftungen sehr interessiert, denn er kann nicht alles finanzieren.
Doch warum engagiert sich Lothar Wilhelmy gerade für einen Wissenschaftspreis? Soziale Projekte wie Suppenküchen zu fördern, kam für ihn nicht in Frage. „Da wird das Geld aufgegessen. Um sich Suppenküchen überhaupt leisten zu können, muss aber Geld erwirtschaftet werden.“ Sein Bestreben: die Elite zu fördern. Ein rohstoffarmes Land wie Deutschland lebt von der Kreativität seiner Hochbegabten. Eben auch von jungen, ideenreichen Wissenschaftlern wie den Trägern des von ihm unterstützen Preises.
Wäre eine Professur auch etwas für ihn gewesen? „Mein Doktorvater hätte das gerne gesehen, aber mich hat es in die Praxis gedrängt“, sagt er. Während der gebürtige Kieler in Stuttgart Mess- und Regelungstechnik studierte, führten ihn Praktika zu Siemens und AEG. Später bekam er Angebote von Bosch und Daimler-Benz. Er zog den Mittelstand vor: Hier könne man viel umfassender mit technischen Problemen umgehen. 1972 kam er nach Berlin. „Zwei bis drei Jahre wollten meine Frau und ich in der Stadt bleiben.“ Ein paar mehr sind daraus geworden.
1983 wurde Wilhelmy Vorstandschef eines Unternehmens, das Komponenten zur Regelung von Elektromotoren entwickelt. Etwa optische oder magnetische Sensoren für Aufzüge, Windkraftanlagen, Walzwerke oder Druckmaschinen. Seine Devise: „Den schönsten Teil des Tages verbringen wir in der Firma, deshalb soll das, was wir tun, auch Spaß machen!“ Mitbewerber am Markt fürchtete er nicht: „Wir waren immer bemüht Schrittmacher auf unserem Gebiet zu sein." Innovationen hätten der Firma bis heute den Erfolg sichert, sagt Wilhelmy. Er selbst ist Inhaber einer Reihe wichtiger Patente. Vorsprung durch kluge Köpfe – eben solche wie die Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preisträger.
Lothar Wilhelmy ist auch im Ruhestand nicht ruhig. „Nach einem Autorennen sollte man den Motor nicht abrupt abstellen. Insofern bin ich noch in der Runterfahrphase“, sagt er lachend. Seinem Nachfolger in der Firma steht er mit Rat und Tat zur Seite. Er genießt die Berliner Kulturszene, gehört unter anderem zu den Freunden der Nationalgalerie und ist Mitglied in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Aber auch am eigenen Haus findet ein Ingenieur wie er immer etwas zu tun.
Auf den Preis aufmerksam wurde Wilhelmy, der die erste Stiftung eines Berliner Rotary Clubs ins Leben gerufen hat, durch Zufall, denn er ist selbst Kunde der Weberbank, die den Preis mitträgt. Grundlagenforschung zu unterstützen – das interessierte ihn. Zwar hätte gern auch Ingenieure als Preisträger gesehen, doch meint er mit Blick auf die Prasis, die eine Verleihung ausschließlich an Physiker und Chemiker vorsieht: „Never change a winning team.“ An den Auswahlverfahren der Fachgremien nimmt er als Gast teil. „Das ist hoch spannend!“ Die Kandidaten werden zu Colloquiumsvorträgen an die Institute der Freien Universität eingeladen, hinter verschlossenen Türen wird danach heiß diskutiert. Neben fachlicher Reputation spielen auch Persönlichkeit und die Fähigkeit, die eigene Forschung begeisternd und verständlich zu vermitteln eine Rolle. An den Vorträgen des diesjährigen Preisträgers Frank Neese konnte Wilhelmy nicht dabei sein. Das leidige Ruheständlerproblem: Keine Zeit!