Dialog über die Fächer hinweg
Seit Ende Oktober 2007 leitet Peter-André Alt die Einrichtung der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Stephan Töpper
An der Dahlem Research School laufen bald 15 Promotionsprogramme – Direktor Peter-André Alt im Interview
Die Dahlem Research School wurde vor drei Jahren initiiert. Was ist bisher erreicht worden?
Eine Menge! Die Freie Universität hat mit Erfolg einen bundesweit neuen Weg in der Doktorandenausbildung beschritten. Ziel ist die Verknüpfung von Projektförderung und weiterführender wissenschaftlicher Arbeit. Die Nachwuchswissenschaftler durchlaufen ein Curriculum, in dessen Rahmen sie neben der Expertise in ihrem Fach grundlegendes akademisches Handlungswissen erwerben.
Woraus besteht dieses Handlungswissen?
Wir sorgen durch Kurse und Workshops dafür, dass jede Promovendin und jeder Promovend nach dem Abschluss der Doktorarbeit auch in englischer Sprache auf seinem Wissenschaftsgebiet kommunizieren kann, Präsentationstechniken von der Moderation bis zum Vortrag beherrscht und in der Lage ist, Projekte zu organisieren – beispielsweise Tagungen. Angeboten werden außerdem Veranstaltungen, die didaktische Qualifikationen für eine spätere akademische Lehrtätigkeit vermitteln. Nicht zuletzt möchten wir durch regelmäßig organisierte Treffen mit potenziellen Arbeitgebern wie außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Verlagen oder Vertretern anderer Branchen erreichen, dass die Doktoranden ihren Berufseinstieg planen.
Wie viele Programme laufen unter dem Dach der Dahlem Research School?
Zurzeit sind es elf – im breiten Spektrum von der Molekularforschung bis zur Islamwissenschaft. Fünf Neuanträge befinden sich in Vorbereitung. Die meisten Programme sind interdisziplinär gefasst und entsprechen der seit Jahren verfolgten Strategie der Freien Universität, in facettenreichen, fächerübergreifenden Verbünden zu forschen. So promovieren an der im Rahmen der Exzellenzinitiative bewilligten Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule Philosophen ebenso wie Literaturwissenschaftler. Die Programme sind zugleich eng an die Fachdisziplinen gekoppelt. Natürlich kann man weiterhin auch auch außerhalb der Programme einen Doktorgrad erwerben.
Welche Rolle spielt die Internationalität?
In manchen Programmen kommt bereits jeder Vierte von einer Universität aus dem Ausland. Wir wollen diese Quote weiter erhöhen, indem wir um die besten internationalen Doktoranden werben. Geplant sind daher Graduiertenschulen, die wir gemeinsam mit europäischen Partnerländern entwickeln. Entscheidend für die Aufnahme der Programme ist aber stets die Qualität des Projekts.
Wie sorgen Sie für Qualität?
Jeder Promovend, der in einem Programm unter dem Dach der DRS promovieren will, muss einen Betreuungsvertrag unterschreiben. Darin sind Ziele, Projektphasen und Zwischenberichte festgelegt. Dadurch erhöhen wir die Erfolgsquote, denn die Promovenden erlernen ein vernünftiges Zeitmanagement.
Wie bewirbt man sich um Stipendien?
In der Regel verfügen alle Promotionsprogramme unter dem Dach der DRS über ein Budget für Stipendien. Neue Programme werden künftig nur dann zugelassen, wenn sie Strategien der externen Finanzierung – etwa durch die Einbindung in transnationale Forschungsprojekte – entwickeln, mit deren Hilfe auch Promovenden gefördert werden können. Die DRS verfügt selbst über Mittel für Stipendien, die auf Antrag in die Programme fließen; sie hält zudem Geld für Forschung im Ausland bereit. Solche Reisen empfehlen wir sehr – allerdings nur, wenn sie dem Promotionsprojekt dienen.
Wie werden die Promovenden betreut?
Von einem Betreuer und einem Mentor. In der Regel ist der Betreuer der Hauptgutachter der Dissertation, der Mentor Zweitgutachter. Während der dreijährigen Promotionszeit stehen sie in regelmäßigem Kontakt zu ihren Promovenden. Vom Betreuungsteam erhalten die Doktoranden Unterstützung, falls es Abweichungen vom Projektplan oder methodischen Korrekturbedarf gibt.
Aus welchen Fächern stammen die Promovenden?
Das gesamte Spektrum ist vertreten, von den Naturwissenschaften über die Sozial- bis zu den Geisteswissenschaften. Der besondere Reiz der DRS liegt darin, dass sich die Promovenden künftig bei unseren Veranstaltungen treffen und ins Gespräch kommen – dadurch wird ein Dialog über die Fächer hinweg angeregt. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es die Projekte voranbringt, wenn etwa eine Veterinärmedizinerin weiß, womit sich eine philosophiegeschichtliche Dissertation befasst, und ein Romanist sich einen Eindruck von Fragestellungen der Governance-Forschung verschafft.
Die Fragen stellte Carsten Wette.
BIOGRAFIE
Peter-André Alt, ist seit Oktober 2008 Direktor der Dahlem Research School. Alt studierte Germanistik, Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität. 1984 promovierte er auf dem Gebiet Neuere deutsche Literatur und habilitierte sich 1993. Zwei Jahre später wurde Alt auf einen Lehrstuhl an der Ruhr-Universität Bochum berufen.Von 2002 bis 2005 war er Professor an der Universität Würzburg. Seit 2005 lehrt er Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität. Schwerpunkte seiner Arbeit bilden die Literatur der Frühen Neuzeit, der Weimarer Klassik und der Moderne. Derzeit forscht er zum „Hermetismus in der Literatur des 17. Jahrhunderts“ und zur „Ästhetik des Bösen“.
Seit Ende Oktober 2007 leitet Peter-André Alt die Friedrich Schlegel Graduate School of Literary Studies. Es handelt sich um das bundesweit einzige literaturwissenschaftliche Projekt, das im Rahmen des Exzellenzwettbewerbs des Bundes und der Länder bewilligt wurde. Alt ist Dekan des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften sowie Mitglied des Akademischen Senats und des Exzellenzrats der Freien Universität.