Lernen mit Methode
Von Christa Beckmann
Ein bisschen war es wie beim Ticketverkauf für die Fußball-Europameisterschaft. Punkt 12.00 Uhr ging das Anmeldeformular online, 12.06 Uhr waren bereits 300 Plätze vergeben. Dabei gab es keine Eintrittskarten fürs Stadion zu ergattern, sondern „nur“ einen Platz beim „Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung“. Das Treffen, das ein Mal im Jahr vom Institut für Qualitative Forschung an der Freien Universität ausgerichtet wird, ist ein Publikumsrenner.
„Wir könnten doppelt so viele Teilnehmer haben“, sagt der wissenschaftliche Geschäftsführer des Instituts, Günter Mey, „aber wir haben keinen Platz, um alle unterzubringen.“ 700 Anmeldungen gab es für die 450 Plätze beim diesjährigen Treffen am 4. und 5. Juli im geistes- und sozialwissenschaftlichen Zentrum der Freien Universität. „Die enorme Nachfrage zeigt, wie groß der Bedarf an methodenbezogener Weiterbildung ist“, sagt Mey, „vor allem an qualitativen Forschungsmethoden.“ Denn während quantitative Untersuchungen mit harten Zahlen und Statistik zum wissenschaftlichen Arbeitsalltag gehörten, seien die „weichen“ Forschungsmethoden eher die Ausnahme. Wie wertet man ein Interview aus? Auf welche Weise moderiert man eine Gruppendiskussion so, dass man neue Erkenntnisse gewinnt? Was ist ein Beobachtungsprotokoll, und wie führe ich es richtig? Auf Fragen wie diese bekämen Studenten an den Hochschulen noch viel zu selten Antworten, sagt Mey.
In einem Memorandum, das von vielen Fachgesellschaften gestützt wird, haben er und mehr als 40 seiner Wissenschaftlerkollegen deshalb jetzt eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften gefordert. „Denn die qualitative Forschung bietet Basiskompetenzen für die spätere Berufspraxis“, versichert Mey.
Bei den Methodentreffen werden genau diese Kompetenzen geübt – in kleinen Gruppen, anhand individueller Fragestellungen und moderiert von anerkannten Experten. „Wir sind keine Tagung“, sagt Mey, „wir sind ein Mittelding zwischen Interpretationswerkstatt, Methodenberatung und Supervision.“
Ein Konzept, das aufgeht. Seit seinem Start vor vier Jahren hat sich die ursprünglich geplante Teilnehmerzahl des Berliner Methodentreffens, das von der Hans-Böckler-Stiftung unterstützt wird, mehr als vervierfacht. Veranstalter sind neben dem Institut für Qualitative Forschung an der Freien Universität Berlin der dortige Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie und das Center für Digitale Systeme. Externer Kooperationspartner ist GESIS-ZUMA, das bundesweite Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen.
Die „Väter und Mütter“ des Treffens – zu denen auch Institutsdirektorin Katja Mruck zählt – sind Erfolg gewöhnt. Bereits die von ihnen herausgegebene internationale Open-Access-Zeitschrift „Forum Qualitative Sozialforschung“ hat seit ihrer Gründung im Jahr 2000 einen Turbostart hingelegt: Mit mehr als 19 Millionen Klicks und über 8800 Newsletter-Abonnenten ist FQS mittlerweile das weltweit wichtigste geistes- und sozialwissenschaftliche Internet-Angebot.
Weiteres im Internet: www.berliner-methodentreffen.de