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Mehr als Menetekel-Apps

Wie das Forschungsforum Öffentliche Sicherheit der Freien Universität zur Digitalisierung des Katastrophenschutzes beiträgt

28.09.2021

Wie können Menschen vor Extremwetterereignissen gewarnt und geschützt werden?

Wie können Menschen vor Extremwetterereignissen gewarnt und geschützt werden?
Bildquelle: pixabay / Hermann

Wenn es Versäumnisse gibt, Fehler und schwerwiegende Ausfälle bei Katastrophenwarnungen, werden die Schutzsysteme zum Thema: Was hat versagt? Wer trägt die Verantwortung? Nach den Hochwassern in diesem Sommer rückte für kurze Zeit die ganze Infrastruktur des Bevölkerungsschutzes in den Fokus der öffentlichen Debatte und der medialen Aufmerksamkeit.

Lars Gerhold, Leiter des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit der Freien Universität, forscht mit seinem Team zu drei Aspekten von Sicherheit und Sicherheitsinfrastruktur: einmal zur „Frage des Wissenstransfers“. Denn alles Wissen, das an Universitäten zu einer Verbesserung des Katastrophenschutzes bereitliegt, ist nutzlos, wenn es nicht angewendet wird.

Dieser Transfer aber ist nicht damit geschafft, dass eine Studie veröffentlicht wird. Sondern erst, wenn Politik davon Kenntnis bekommt, Ergebnisse für wichtig erachtet, es einen Konsens für nötigen Schritte gibt und Politik sie umsetzt.

Für Gerhold sind dabei Schlüsselereignisse ein begünstigender Faktor, „weil durch öffentliches Interesse politischer Handlungsdruck erzeugt werden kann“. Dass auch Wissenschaft Wertvolles zur Unterstützung politischer Entscheidungen beiträgt, belegen die Forschungsprojekte „Zukunftslabor Sicherheit“ und „Risikoanalysen im Bevölkerungsschutz“ der Arbeitsgruppe. Das Zukunftslabor Sicherheit, im Einstein Center Digital Future neben dem Deutschen Bundestag gelegen, zeigt Politikerinnen und Politikern, an welchen Problemen und Lösungen die zivile Sicherheitsforschung arbeitet.

Warn-Apps NINA und KATWARN

Ein zweites Forschungsfeld berührt Fragen der Digitalisierung des Katastrophenschutzes. Auch darüber wurde nach den Überflutungen diskutiert: Warum nutzen nur wenige Menschen Warn-Apps des Bundes wie „NINA“ oder „KATWARN“? Warum schicken Regierungen oder lokale Behörden in anderen Ländern Warn-SMS an ihre Bevölkerung – und in Deutschland nicht? Der Professor für interdisziplinäre Sicherheitsforschung weiß um die Möglichkeiten, die sich durch Digitalisierung des Katastrophenschutzes eröffnen: Er warnt allerdings davor, „Technologien ohne ihren sozialen Anwendungskontext zu behandeln“.

Denn damit eine Warnung erfolgreich sei, müsse sie nicht nur empfangen, sondern auch verstanden und umgesetzt werden können. Wie die Bevölkerung erfolgreich gewarnt werden kann und welche Rolle soziale Medien spielen, ist Gegenstand der Forschungsprojekte „Wetterwarnungen: von der Extremereignis-Information zu Kommunikation und Handlung“ und „Kommunikation von Lageinformationen im Bevölkerungsschutz im internationalen Vergleich“.

Schließlich beschäftigen sich Lars Gerhold und sein Team damit, wie das Verhalten von Menschen und ihre „psychosoziale Lage“ in Überlegungen zum Katastrophenschutz einbezogen werden können. Ein Hochwasser verwüstet ja nicht nur Häuser und Dörfer, sondern führt auch zu posttraumatischen Belastungsstörungen, zu Ängsten und Depressionen, die kurz- und langfristig nach solchen Ereignissen auftreten können und bei der Bewältigung der Lage eine bedeutende Rolle spielen sollten. Um diese Aspekte geht es auch im aktuellen Forschungsprojekt „Psychosoziales Lagebild der Bevölkerung während der Corona-Pandemie“.

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