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Lernen mit Kopf, Herz und Hand

In diesem Frühjahr findet zum 20. Mal die „SchülerUni Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ statt

18.02.2019

Die Kunst des Nestbaus: Im Rahmen der SchülerUni lernen Kinder etwa, wie Störche ihre Horste bauen. Holzstücke ersetzen dabei Zweige, Moos, Gras und Federn.

Die Kunst des Nestbaus: Im Rahmen der SchülerUni lernen Kinder etwa, wie Störche ihre Horste bauen. Holzstücke ersetzen dabei Zweige, Moos, Gras und Federn.
Bildquelle: Jonas Huggins

Was kann man im Alltag tun, um das Klima zu schützen? Wie für eine gerechtere Welt eintreten? Aus der Sicht von Karola Braun-Wanke vom Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin sollten diese Fragen an eine neue Lern- und Lehrkultur gekoppelt werden. Als ihre Tochter 2005 in der fünften Klasse viel über das Wetter, aber nichts über Klimaschutz lernte und die Recherche der Politikwissenschaftlerin an weiteren Berliner Schulen zu ähnlichen Ergebnissen führte, beschloss sie, eine Brücke zwischen Schule und Universität zu bauen: Mit dem Konzept der „SchülerUni Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ entwickelte sie ein Mitmachprogramm für Fünft- und Sechstklässler, in das wissenschaftliche Expertise aus der Universität einfließt.

Seither verwandeln sich zweimal jährlich für je eine Woche Hörsäle, Seminarräume, der Botanische Garten, die Wetterstation und eine Mensa des Studierendenwerks an der Freien Universität in Kreativwerkstätten, Labore und Dialogräume. In diesem Frühjahr geht die „SchülerUni“ bereits in die 20. Runde.

„Zu den komplexen Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit bieten wir naturwissenschaftliche, philosophische und kreative Zugänge“, erläutert Karola Braun-Wanke. „Wir vermitteln Wissen, an dem sich die Kinder orientieren können; im Team entwickeln sie dann eigene Ansichten und Lösungen für eine zukunftsfähige Welt.“

Das Team SchülerUni bietet jährlich rund 180 Workshops an

Nach dem ganzheitlichen Ansatz „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der sich am Weltaktionsprogramm der Vereinten Nationen orientiert, soll „Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in alle Schulfächer integriert werden", sagt Karola Braun-Wanke. Durch die rund 180 Workshops, die das Team der SchülerUni pro Jahr anbietet, sollen auch die Lehrkräfte inspiriert werden, Nachhaltigkeitsziele im eigenen Unterricht vielseitig zu vermitteln.

In halbtägigen Fortbildungen wird mit weiteren Praxisbeispielen demonstriert, wie Umweltschutz kurzweilig unterrichtet werden kann. So wird bei der nächsten, bereits ausgebuchten Fortbildung am Montag auch die Poetry-Slammerin und frühere Grundschullehrerin Rita Apel vorführen, wie das Thema „Mikroplastik“ lyrisch vermittelt werden kann. Ob Ernährung, Kleidung, Reisen oder Hobbys – das interaktive Programm bietet immer einen Bezug zum Lebensalltag der Kinder.

So erfahren sie unter dem Motto „Saus und Braus“ auf schauspielerische Weise, wie Strom durch Windkraft erzeugt wird und dass sich auch Menschen durch Nahrung mit Energie versorgen müssen. Zum Thema energieeffizientes und klimaschonendes Essen führt der Chefkoch durch die Mensa, und bei der Veranstaltung „Die Reise eines Smartphones“ begeben sich die Schüler auf eine „entwicklungspolitische Detektivtour“.

Die Universität als aufregender Lernort spielt eine große Rolle

„Ich finde es gut, dass Kinder als Problemlöser ernstgenommen werden“, sagt die Künstlerin Ev Pommer. Karola Braun-Wanke freut sich über die Neugier der Schülerinnen und Schüler, die mit dem „Herz am rechten Fleck“ oft zu differenzierten Schlussfolgerungen kommen: „Sie stellen fest, dass es ungerecht ist, wenn wir auf Kosten anderer Länder, Menschen und der Natur leben und möchten als Konsequenz lieber Bio- und fair gehandelte Produkte kaufen.“

Die Universität als aufregender Lernort spiele eine große Rolle dabei, weshalb das Mitmachprojekt sehr gut ankomme, sagt die Grundschullehrerin Corina Franke, die die SchülerUni seit vielen Jahren besucht. „An diesem Ort mit Fachleuten gemeinsam zu lernen macht die Schüler deutlich aufnahmebereiter.“ Alle Kinder bekommen einen speziellen Studierendenausweis, sodass sie nach dem Workshop „mit den Großen“ in der Mensa essen gehen können.

Beteiligt sind an der SchülerUni nicht nur Wissenschaftler der Freien Universität, sondern auch Künstler sowie Experten aus Unternehmen und Umweltverbänden – insgesamt rund 45 Institutionen und 100 Bildungsakteure. Das „International Sustainable Campus Network“ zeichnete das Format für diese innovativen Kooperationen aus, die Vereinten Nationen ehrten es als „Offizielles Projekt der UN-Weltdekade für Nachhaltige Entwicklung“.

Von 2008 bis 2011 wurde die SchülerUni als länderübergreifendes Forschungsprojekt mit fünf Partneruniversitäten weiterentwickelt und von der Europäischen Kommission gefördert. Seit 2011 findet das Programm wieder regional statt, gemeinschaftlich getragen von der Freien Universität, den Klimaschutzpartnern des Landes Berlin und der Senatsverwaltung. Karola Braun-Wankes Tochter hat die Schule längst hinter sich. Aber dank ihrer Mutter konnten in den vergangenen 13 Jahren 28.000 Schulkinder und 1.100 Lehrkräfte mehr über einen nachhaltigen Lebensstil lernen.