Zu Gast: Harald Uhlig
08.08.2013
Er ist einer der international profiliertesten Forscher auf dem Gebiet der Makroökonomie: Harald Uhlig, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Chicago,war in diesem Sommersemester Gastprofessor am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität. Wie aktuell seine Forschungen sind, erfuhren nicht nur die Studierenden in seiner Vorlesung über „Geld- und Fiskalpolitik“. Bereits in seinem ersten Vortrag an der Freien Universität sprach Uhlig über Staatsschuldenkrisen und Rettungspläne – Themen, die zurzeit in Europa viele Menschen beschäftigen.
Zu diesem Themawar Harald Uhlig im Juni auch als Sachverständiger vor dem Bundesverfassungsgericht angehört worden: Es ging umdie Frage, ob die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem von ihr beschlossenen „Outright Monetary Transactions“- Programm (OMT) ihre im Maastricht- Vertrag festgelegten Kompetenzen überschreitet und möglicherweise verbotene Staatsfinanzierung betreibt. Mithilfe der sogenannten Outright-Geschäfte kann die EZB theoretisch unbegrenzt Staatsanleihen von Eurokrisenländern kaufen,um die Zinsen darauf abzusenken und die Krisenländer so vor dem Staatsbankrott zu bewahren.
Die Dynamiken von drohenden Staatsbankrotten und Zentralbankinterventionen beschreibt Harald Uhlig in einemModell: „Wenn Investoren in einem Land morgen glauben, sie bekommen ihr Geld nicht zurück und deshalb keine Staatsanleihen kaufen, kann es passieren, dass die Länder als Folge ihre Schulden nicht bezahlen können – der Glaube an die Zahlungsunfähigkeitwird zur sich selbsterfüllenden Prophezeiung.“
Eine Garantie der EZB, notfalls selbst Staatsanleihen zu kaufen, sei eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Wenn allein eine solche Ankündigung die erhoffte Wirkung zeige, müsse die Zentralbank sie nicht wahrmachen, sagt der Experte. Doch ein Eingriff hätte möglicherweise noch weitere Auswirkungen: „Eine gelingende Intervention könnte zwar das Risiko eines Käuferstreiks ausräumen. Das Risiko eines Staatsbankrotts muss aber deshalb nicht wie erhofft sinken. Wenn der Staat nämlichweniger spart, als er es ohne die Hilfe getan hätte, droht wieder die Pleite durch steigende Überschuldung.“
Berlin ist Harald Uhlig bereits vertraut. Bevor er Professor an derUniversität Chicago wurde, lehrte er an der Humboldt- Universität. „Berlin ist meine Lieblingsstadt“, sagt er. Dem Berlin-Aufenthalt vorausgegangen waren Professuren in Bonn, im niederländischen Tilburg und in den USA. Dort forschte Uhlig an den Universitäten Princeton und Stanford. Seit 2004 ist Harald Uhlig Forschungsprofessor der Deutschen Bundesbank. Sein Gastaufenthalt an der Freien Universität ist verknüpft mit der Stiftungsprofessur der Deutschen Bundesbank, die seit 1987 am FachbereichWirtschaftswissenschaft angesiedelt ist.