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Kennedys großes Vermächtnis

11.06.2013

Philip D. Murphy, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland.

Philip D. Murphy, Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland.

Im Juni 1963 verbrachte US-Präsident Kennedy drei Tage in Deutschland, davon nur neun Stunden in Berlin. Aber in dieser kurzen Zeit hinterließ er ein großes Vermächtnis. Kennedys Worte „Ich bin ein Berliner“ wurden zum einprägsamsten Satz des Kalten Krieges und Berlin zu einem dauerhaften Symbol dafür, wie die Herausforderungen an die Freiheit zu bewältigen seien.

Rückblickend gerät schnell in Vergessenheit, wie kontrovers diese Reise war. Einige Berater Kennedys waren gegen den Besuch gewesen, da er eine unnötige Provokation der Regierungen der DDR und der Sowjetunion darstelle. In jedem Fall müsse er besonders auf seine Wortwahl achten.

Der Präsident machte sich aus ganz anderen Gründen Gedanken darüber, was er und wie er es sagen sollte. Der berühmte Satz „Ich bin ein Berliner“ war nicht Teil einer Strategie. Er war eine handgeschriebene Notiz. Kennedy übte den Satz mit einem Dolmetscher im Büro von Willy Brandt, kurz bevor er auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses seine Rede hielt. Diesen Satz wollte er auf Deutsch sagen, da ihn der Anblick der Mauer, das Leid und die Hoffnung der Menschen bewegt und traurig gestimmt hatten.

Seine Rede an diesem Tag an der Freien Universität Berlin war politischer als die vor dem Schöneberger Rathaus. Er wandte sich an die Berliner, aber auch an die Menschen auf der ganzen Welt. In seiner Amtseinführungsrede hatte Kennedy die Amerikaner aufgerufen, sich zu fragen, was sie für Ihr Land tun können. In dieser Rede rief er die Bürger der Welt auf, sich zu fragen, was sie gemeinsam für die Freiheit aller Menschen tun können. Als er an der Universität sprach, die in seinen Worten „von den Bürgern dieser Welt gegründet“ worden war, richtete er sich an die freien Frauen und Männer, die „die schwierigen und heiklen Aufgaben, die vor uns liegen“ begreifen, die „ihre Tatkraft der Förderung einer freien Gesellschaft widmen“ wollten.

Die Amtseinführungsrede Kennedys und sein Berlin-Besuch waren entscheidende Momente für die Amerikaner und viele Menschen weltweit, insbesondere in Deutschland. Die Berliner Reden Kennedys vermittelten auf einzigartige Weise Hoffnung und Zuversicht. Er griff die Themen auf, für die er bekannt war: Jung und Alt müssten sich für ihre Mitbürger einsetzen, und jeder Einzelne könne und solle etwas bewegen. Viel wichtiger war aber, dass er die Berliner persönlich und direkt ansprach und ihnen das Gefühl gab, in den dramatischen internationalen Entwicklungen, die sich um sie herum vollzogen, ein geschätzter Partner zu sein – und das waren sie natürlich auch. Daher ist der neunstündige Berlin-Besuch von Präsident Kennedy ein unauslöschlicher Bestandteil unserer Erinnerung.

Heute können wir die historischen und geopolitischen Gründe analysieren, die zum Mauerfall geführt haben, aber letztlich fiel die Mauer, weil genug Menschen daran glaubten, dass sie fallen musste. Das zu erreichen, war das Ergebnis der Arbeit vieler Menschen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Präsident Kennedys Botschaft an die Berliner, die von Herzen kam, ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu Frieden und Demokratie war.

Philip D. Murphy
Der Autor ist Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland.