„Nicht nur über die Region forschen, sondern gemeinsam mit den Partnern in der Region“
Die Freie Universität Berlin ist am neuen Deutschen Wissenschaftszentrum Kairo beteiligt.
13.12.2012
Es ist ein weiterer Pfeiler in der Brücke nach Ägypten: Mit der Eröffnung des Deutschen Wissenschaftszentrums (DWZ) in Kairo, zu deren Gründungsinstitutionen die Freie Universität gehört, sollen die Kontakte zwischen deutschen und ägyptischen Forschern und zur Wirtschaft vertieft werden. „Wir wollen den akademischen Dialog in beide Richtungen führen“, sagte Universitätspräsident Professor Peter-André Alt im Beisein von Bundesaußenminister Guido Westerwelle bei der Eröffnung in Kairo: „Wir wollen nicht nur über die Region forschen, sondern zusammen mit den Partnern in der Region.“
Wissenschaft und Forschung hätten eine große Bedeutung für die Partnerschaft zwischen Deutschland und Ägypten, betonte Westerwelle.
Eine Überzeugung, die der ägyptische Minister für Hochschulbildung, Mostafa El Sayed Mossaad, teilte, ebenso wie die Forschungsministerin Nadia Eskndar Zkhary und der Minister für Information und Kommunikationstechnologie, Eng. Hany Mohamed Mahmoud Abdel Meguid. Die Schwerpunkte des neuen Zentrums, das eine Initiative des Auswärtigen Amtes und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ist, liegen in den Natur-, Umwelt-, Sozial- und Geisteswissenschaften. Weitere Partner sind die Technische Universität Berlin, die Technische Universität München, die Philipps-Universität Marburg, die Alexander von Humboldt-Stiftung, das Orient-Institut Beirut, die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen.
Das vor drei Jahren eingerichtete Verbindungsbüro der Freien Universität in Kairo spiele in der Region eine wichtige Vermittlerrolle, sagte Präsident Alt. Es habe sich unter der Leitung von Florian Kohstall schnell zu einem intensiv genutzten Anlaufpunkt für ägyptische sowie deutsche Studierende und Wissenschaftler entwickelt.
Dass die Brücke von beiden Seiten genutzt wird, zeigte der erste „German Science Day“, zu dem das DWZ seine Türen für die Öffentlichkeit öffnete. Mit mehr als 1000 Besuchern wurden die Erwartungen der Organisatoren weit übertroffen: Gabriele Freitag, Geschäftsführerin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies der Freien Universität Berlin, freute sich über das rege Interesse der Ägypter. „Es ist für uns wichtig, gute Doktoranden aus der Region zu gewinnen, um das Forschungsprofil und wissenschaftliche Netzwerk unserer Graduiertenschule kontinuierlich zu erweitern. Gleichzeitig bieten die vertieften Kontakte unseren Doktoranden eine wichtige Unterstützung bei Forschungsaufenthalten in der Region.“ Auch Professor Ralf Einspanier vom Institut für Veterinär-Biochemie der Freien Universität zeigte sich beeindruckt vom großen Interesse der ägyptischen Studierenden an einer Promotion oder an Forschungsaufenthalten an der Freien Universität. Von gemeinsamen Forschungsprojekten mit seinen Kairoer Partnern profitierten beide Seiten, sagte der Veterinärmediziner: „Meine Doktoranden aus Berlin haben hier vor Ort sehr gute Möglichkeiten über Tierarten zu arbeiten, die für uns eher exotisch sind, beispielsweise Kamele und Büffel.“
Wie sich eine Brücke aus der Wissenschaft in die Wirtschaft schlagen lässt, davon berichtete Alexander Paprotté, Vertriebs- und Marketingleiter des Unternehmens „direktzu“. Das Softwareunternehmen ist eine Ausgründung der Freien Universität und wurde als Start-up von deren Gründungsförderung „profund“ unterstützt. Paprotté sprach über die innovativen Kommunikationskonzepte, mit denen „direktzu“ unter anderem technologiebasierte Möglichkeiten zur Direktbeteiligung an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen in Ägypten anbietet.
Das Engagement der Freien Universität für eine partnerschaftliche Verbindung mit Ägypten zeigt sich an vielen Stellen und ganz konkret: So bestehen im Rahmen der vom DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes geförderten Transformationspartnerschaft Projekte zum Thema Gleichstellung an ägyptischen Hochschulen, ein Erfahrungsaustausch über studentische Mitbestimmung zwischen der Cairo University und der Freien Universität sowie ein Kooperationsprojekt der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients und der Fakultät für Ökonomie und Politikwissenschaft der Cairo University. Hier geht es um die Modernisierung und Neuentwicklung sozialwissenschaftlicher Module und Lehrveranstaltungen, die Förderung der internationalen Mobilität junger Wissenschaftler und die Förderung von Mobilität und interkulturellem Austausch Studierender. Den Abschluss des „German Science Day“ bildete eine Veranstaltung der Reihe „Cairo Talks on Transformation and Change“, die das Verbindungsbüro der Freien Universität seit April 2011 gemeinsam mit dem DAAD und dem Cairo Office des Orient-Instituts Beirut regelmäßig organisiert. In der inzwischen achten Veranstaltung diskutierten die USA-Experten Professorin Lora Anne Viola vom John-F.-Kennedy-Institut und Ezzedine Choukri Fichere, Professor an der American University in Cairo, über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl und deren Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten, Ägypten und Europa. Natürlich gebe es viele Unterschiede zwischen deutschen und ägyptischen Hochschulen, sagte Peter-André Alt. Das fange schon bei der Größe an: Neben der Cairo University, an der 250 000 Studierende eingeschrieben sind, erscheine die Freie Universität – mit ihren etwa 32000 Studierenden und Doktoranden immerhin größte Universität Berlins – geradezu winzig. Dennoch gebe es zahlreiche Themen, die die Hochschulen hier wie dort beschäftigten. Etwa, welche Strategien und Ansätze besonders gut geeignet sind, die Internationalisierung von Forschung und Lehre voranzubringen. „Darüber mit meinen ägyptischen Kollegen zu diskutieren, fand ich besonders interessant", sagte Alt. Der Brückenschlag zwischen Berlin und Kairo – das zeigte die Eröffnung des Wissenschaftszentrums – gelingt. Die Freie Universität als internationale Netzwerkuniversität hat ihren Anteil daran.