Archäologie 2.0 macht Antike anschaulich
Studierende haben zur Ausstellung beigetragen
25.06.2012
Eben noch im Hörsaal, jetzt auf der Museumsinsel: Für die Archäologie-Studentin Jeannette Slaby könnte aus ihrem Engagement für die Ausstellung „Jenseits des Horizonts“ ein erster Schritt ins Berufsleben werden. Als „eine Art lebendige Infostation“, wie sie es selbst nennt, wird Slaby Besuchern in der Ausstellung Fragen beantworten: Livespeaking nennt sich dies in der Museumssprache. Insgesamt 18 Studierende und Doktoranden werden in Dreierteams an zwei Abenden pro Woche – erkennbar an ihren T-Shirts – unmittelbar auf die Neugierde von Besuchern reagieren: Sie geben Auskunft über bestimmte Exponate oder einzelne Aspekte der Ausstellung.
So kann die 24-Jährige schon während ihres Studiums Museumsluft schnuppern – zwei Semester im Masterstudiengang Prähistorische Archäologie an der Freien Universität stehen noch vor ihr. „Eine spätere Tätigkeit im Museum kann ich mir gut vorstellen“, sagt die Studentin, „die Arbeit mit Artefakten und die Vermittlung des Altertums haben mich schon immer interessiert.“
Anders als bei Guides, die durch die gesamte Ausstellung führen, ist bei den studentischen Livespeakern spezifisches Wissen aus den Themenfeldern Vor- und Frühgeschichte, Ägyptologie, Klassische Archäologie, Vorderasiatische Archäologie und Altorientalistik gefragt. Vorbereitet auf diese Tätigkeit sind sie durch eigenständiges Einarbeiten, eine GuideSchulung und eine Lehrerfortbildung. „Wir konnten dank der Architektenzeichnungen sogar einen virtuellen Rundgang machen“, sagt Jeanette Slaby, „so entstand schon lange im Vorfeld ein Bild der Ausstellung.“ Und kurz vor der offiziellen Eröffnung waren die Studierenden unter den ersten, die von den Kuratorinnen durch das Museum geführt wurden: für Jeannette Slaby etwas ganz Besonderes.
Gleich zu Beginn der Ausstellung ist sie dabei auf einen Kartentisch gestoßen, der von Kommilitonen an der Freien Universität erarbeitet wurde. Denn ganz ähnlich wie die Livespeaker standen 35 Studierende des Bachelorstudiengangs Altertumswissenschaften im vergangenen Wintersemester vor der Frage, wie man einem breiten Publikum Informationen über die Antike vermittelt. Sie entwickelten unter der Leitung von Archäologie-Professorin Friederike Fless animierte Karten, auf denen Besucher unterschiedliche Aspekte der antiken Welt nachvollziehen können. Das Resultat ist auf vier großen Monitoren zu sehen, auf denen beispielsweise farbliche Veränderungen zeigen, wie sich das Römische Reich ausbreitete, wie sich bestimmte kulturelle Techniken entwickelten – etwa die Schrift – oder wie Staaten im alten Vorderen Orient entstanden und untergingen. Die historischen Grundlagen hierfür recherchierten die Studierenden in Seminaren und in vielen Arbeitsstunden darüber hinaus.
Dass sich die komplexe Faktenlage im Museum nun innerhalb kurzer Zeit überblicken lässt, ist moderner Informationstechnik zu verdanken: Den Umgang damit erlernten die Studierenden in kleineren Arbeitsgruppen bei Alexander Städtler. Da er bereits im 6. Semester Prähistorische Archäologie studiert, brachte er als studentische Hilfskraft von Friederike Fless spezielle SoftwareKenntnisse ein. Diese ermöglichen es, geografische Daten mit zugehörigen Informationen zu verknüpfen und zu visualisieren. „Wir haben frei zugängliche Scans der Erdoberfläche der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa als Grundlage benutzt“, sagt Städtler, „mit den recherchierten Daten konnten wir für uns relevante Aspekte auswerten und schließlich als Animation darstellen.“
Mit derartigen Programmen umzugehen, hält er für eine Kernkompetenz in der heutigen Archäologie: Seine berufliche Zukunft sieht er in der Computeranalyse von Geodaten. „Die Arbeit mit den Studenten war aber auch insofern lehrreich, als wir selbst überlegen mussten, wie wir die Karten gestalten könnten und wie wir einzelne Interessen innerhalb der Gruppe unter einen Hut bekommen können.“ Zufrieden ist auch Professorin Friederike Fless: „Die Studierenden haben großartige Arbeit geleistet und viel darüber gelernt, wie man sich Wissen nicht nur aneignet, sondern auch weitergibt.“