Kommunikation in Stichpunkten
17.10.2016
„Sich mitzuteilen ist Natur“, schreibt Johann Wolfgang von Goethe in seinen Wahlverwandtschaften. Doch wer Kontakt zu einem anderen Menschen aufnimmt, muss vor allem eines fürchten: falsch verstanden zu werden, was Goethe schließen lässt: „Niemand würde viel in Gesellschaften sprechen, wenn er sich bewusst wäre, wie oft er die anderen missversteht.“ Unmissverständlich dagegen sind hoffentlich unsere Fakten zum Thema Kommunikation.
Pupsen statt reden
Zu Millionen lebt der hell glänzende Hering in Schwärmen zusammen, wird deshalb das „Silber der Meere“ genannt. Jedes Individuum kann 45 Zentimeter lang werden und bis zu 20 Jahre alt. Und dank einer Verbindung von der Schwimmblase zum Mittelohr hört der Hering auch recht gut. Und was er da hört, sind oft die Pupse der anderen Heringe – oder um es wissenschaftlich- nüchtern zu sagen: Der Ausstoß von Gas aus einem Schwimmblasen-Porus vor der Afteröffnung.
Dabei pupsen die Heringe bis zu sieben Sekunden lang, über mehrere Oktaven hinweg. Im Pazifik übrigens länger als im Atlantik. Zunächst hielten Forscher die Laute für fehlgeleitete Verdauungsgase. Doch mit Größe des Schwarms nimmt auch der durchschnittliche Pupsumfang eines Herings zu. Wissenschaftler vermuten deshalb, dass die Töne zur Kommunikation im Schwarm dienen.
Interstellarer Dialog
„Wenn ich einen Vorschlag machen könnte ...“, sagt Alf zur verdutzten Familie Tanner, als er halb benommen nach dem Absturz seines Ufos auf dem Sofa der Familie zu sich kommt. Doch so einfach wie in der Fernsehserie dürfte es nicht werden, wenn, wie die NASA erwartet, irgendwann in den kommenden 20 Jahren Außerirdische Kontakt zu uns aufnehmen. Wie soll sich die Menschheit mit den extraterrestrischen Lebensformen verständigen, wenn es so weit ist? Astronomen entwickeln hierfür längst mathematische Modelle, die NASA hat vor zwei Jahren eine 250 Seiten dicke Sammlung „Interstellare Kommunikation“ veröffentlicht.
Darin allerdings steckt wenig Hoffnung: Zwar könnten Archäologen, Paläontologen und Historiker Schriften und Symbole untergegangener Kulturen rekonstruieren, dies sei aber immer nur dann gelungen, wenn zweisprachige Texte vorlagen oder zumindest bereits aus anderen Schriften bekannte Namen auftauchten. Beides wird bei Nachrichten von Außerirdischen wohl kaum der Fall sein.
:-D
„Tränen lügen nicht“ sang einst Lothar Bernhard Walter alias Michael Holm – und wem vor Lachen schon einmal die Tränen in die Augen geschossen sind, wird das befreiende Glücksgefühl kennen und die Ansteckungskraft, die ein solcher Irrwitz in einer kleinen Gruppe entfachen kann. Wer in der virtuellen Welt von Facebook, Skype und Viber, WhatsApp, Twitter und ICQ sein ungehemmtes Lachen teilen möchte, tippte dies früher als sogenanntes Emoticon :-D – bis sich mit dem Siegeszug des Smartphones die von Shigetaka Kurita Ende der 1990er Jahre erfundenen Emojis durchsetzten: Kleine Ideogramme, die gelbe Smilies mit Heiligenschein oder Kussmund zeigen, ein schlüpfendes Küken oder ein Einhorn, die Flaggen von Afghanistan bis Zypern. Das vor Lachen weinende Gelbgesicht hat es 2015 beim Oxford Dictionary übrigens zum Wort des Jahres gebracht: In Großbritannien erfreue es sich großer Beliebtheit und überwinde sprachliche Barrieren.
Wachstumsmarkt Internet
Immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit im Internet. Seit 1997 hat sich die Zahl der Internet- Nutzer mehr als verzehnfacht – mittlerweile nutzen es fast 60 Millionen Menschen in Deutschland zumindest gelegentlich. Im Schnitt verbringt jeder 108 Minuten am Tag im Netz. Damit erreicht das World Wide Web mittlerweile die tägliche Nutzungsdauer des Radios – nur der Fernsehkonsum ist mit 223 Minuten noch deutlich höher.
Im Gegenzug sind die Auflagen von Tageszeitungen in Deutschland von 27,3 Millionen Exemplaren 1991 auf 16,1 Millionen 2015 zurückgegangen. Diese Entwicklung schlägt sich auch auf dem Werbemarkt nieder. Während die Verlage seit Jahren Umsatzeinbußen beklagen, stiegen europaweit die Investitionen in Online-Werbung von 6,6 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 36,2 Milliarden 2015 und kommunizieren so mit potenziellen Kunden. In diesem Jahr dürfte sogar die 40-Milliarden-Grenze fallen.
ABC, die Katze liegt im Schnee
Ganze 26 Buchstaben zählt das lateinische Alphabet – um ä, ö, ü und ß ergänzt kennt das deutsche Alphabet als seine Erweiterung sogar 30 Zeichen, die in einem Dutzend Kinderlieder besungen werden. Das Hebräische Alphabet kommt mit 22 Buchstaben aus, Araber nutzen 28 Zeichen, die Kyrillische Schrift besteht gar aus 33 Buchstaben. Dagegen kommunizieren Chinesen mit sogenannten Logogrammen, also grafischen Zeichen, in denen die Bedeutung einzelner Sprachausdrücke wiedergegeben wird. Etwa 87.000 Zeichen kennt die chinesische Schrift – die Kenntnis von mindestens 3.000 Zeichen ist für den alltäglichen Bedarf erforderlich – als Analphabet gilt in der Volksrepublik, wer weniger als 1.500 Zeichen beherrscht. Dafür kennt das Chinesische keine Artikel.
Ente
Es war ein verspäteter Aprilscherz. Aber ein ungewollter: Am 13. April 1967 vermeldet der WDR im Radio eine, wie es hieß, „traurige Nachricht aus Rhöndorf “ und intoniert Händels „Largo“ als Trauermusik. Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Bundesrepublik, tot? Das Verteidigungsministerium in Bonn ordnet unmittelbar Trauerbeflaggung an, in München erheben sich die Landtagsabgeordneten im Maximilianeum zu einer Schweigeminute – und auch der Axel-Springer- Verlag in Hamburg setzt die Fahnen vor dem Verlagsgebäude auf Halbmast. Doch Adenauer lebt. Nach einem Schlaganfall Ende März ist sein Gesundheitszustand zwar kritisch, doch sterben sollte der „Alte von Rhöndorf “ erst sechs Tage später.
Ein bloßes Missverständnis zwischen Redaktion, Senderegie und Moderator? Oder ein grober, unprofessioneller Fehler der Redaktion, die den „kollegialen Hinweis“ eines Anrufers, der sich als Mitarbeiter einer Bonner Zeitungsredaktion ausgab, ungeprüft über den Äther verbreitete? Redaktionsleiter und Moderator erinnern sich unterschiedlich an das Ereignis. Die Adenauer-Ente jedenfalls war in der Welt. Und Gerd Ruge, damals USA-Korrespondent des WDR, musste dem amtierenden US-Außenminister Dean Rusk, den er als Gesprächspartner zum Tode Adenauers gewonnen hatte, nach einigen Minuten wieder absagen.
Alles in Ordnung?
Der kürzlich aus der Nationalmannschaft zurückgetretene Lukas Podolski reckt gerne den Daumen in die Höhe und lobt so den Passgeber – egal, ob ihn die gut gedachte Flanke erreicht hat. „Super!“, „Alles in Ordnung“, will die Geste in Mitteleuropa sagen. Doch der uns vertraute Daumen hat seine Tücken: Im Iran, in Afghanistan und im Irak ist die Geste ein Phallus-Symbol und hat in etwa dieselbe Bedeutung wie der ausgestreckte Mittelfinger in Mitteleuropa. Auch andere Gesten, die unserer Kommunikation dienen, haben in anderen Regionen der Welt unterschiedliche Bedeutungen: Bestellt ein Deutscher mit gestrecktem Daumen und Zeigefinger zwei Bier, nutzt ein Chinese dieselbe Geste, um acht Gläser zu bestellen.
Kopfschütteln bedeutet in Griechenland, Indien und Bulgarien „Ja“, und die Hörner des nordeuropäischen Heavy-Metal- Fans sagen einem Spanier oder Italiener: „Du bist ein gehörnter Ehemann, deine Frau betrügt dich.“ International eindeutig ist nur der Kuss als Geste der Zuneigung und Liebe. Aber Achtung: Während in Europa und Nordamerika knutschen, schmatzen und busseln mittlerweile zum Alltag gehören, ist der Kuss in Fernost eindeutig sexuell aufgeladen. Selbst ein harmloser Wangenkuss ist deshalb in China, Indonesien und Japan außerhalb der Wohnungen für Unverheiratete tabu – und wird auch sonst nicht gerne gesehen.
Zusammengestellt von Matthias Thiele