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Für saubere Berliner Luft

Am Institut für Meteorologie hilft ein Gastforscher aus dem Iran Modelle zu entwickeln, um die Verteilung von Luftschadstoffen im Stadtgebiet besser zu verstehen.

26.08.2013

Um die Luftqualität in Berlin präziser vorhersagen zu können, bräuchte die Stadt mehr Messstationen.

Um die Luftqualität in Berlin präziser vorhersagen zu können, bräuchte die Stadt mehr Messstationen.
Bildquelle: Jorge Royan

Sie messen Schwefeldioxid und Stickoxid, Kohlenmonoxid, Ozon, Benzol und Feinstaub. Manches von dem, was sie aufzeichnen, ist geruchlos, anderes stinkt, und trotzdem hat die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ihrem Luftgüte-Messnetz den wohlklingenden Namen „BLUME“ gegeben.

Seine Stationen stehen unter anderem in der Karl-Marx-Straße, in der Frankfurter Allee und am Müggelsee. Rund um die Uhr senden die 16 ortsfesten Messinstrumente im 5-Minuten-Takt Werte über die Luftverschmutzung in die Zentrale in der Brückenstraße in Mitte. Zusätzlich setzt die Senatsverwaltung 30 mobile Messgeräte ein, um Daten zu erheben. Doch um exakte Vorhersagen zu erstellen, reichen diese Messwerte nicht aus.

Der Gastwissenschaftler und Spezialist für Umweltmanagement Hamid Taheri Shahrainyni von der Shahrood-Universität im Iran hat eine statistische Methode weiterentwickelt, die es ermöglicht, Wahrscheinlichkeiten für Sachverhalte zu berechnen, wenn die vorhandenen Daten Lücken aufweisen. Er soll im Rahmen des Georg-Forster-Stipendiums der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in den kommenden Monaten am Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin helfen, bessere Modelle für die Ausbreitung von Luftschadstoffen in Berlin zu errechnen.

Zwar laufen in der dortigen Arbeitsgruppe „Meteorologische Informations und Kommunikationssysteme“ ständig Messdaten ein, aber weder die Daten des Deutschen Wetterdienstes, noch die des BLUME-Messnetzes der Senatsverwaltung und die acht Messstationen des Instituts in der Stadt reichen aus, um die Schadstoffbelastungen einzelner Stadtgebiete genau vorhersagen zu können.

„Dabei überschreiten insbesondere Feinstaub und Stickstoffverbindungen in Berlin noch immer zu häufig die von der Europäischen Union vorgegebenen Grenzwerte“, sagt Professorin Sahar Sodoudi, die am Institut die Arbeitsgruppe Stadtklima leitet. „Gesundheitliche Folgen können asthmatische Beschwerden, Lungenerkrankungen und Herzinfarkte sein. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, wie sich die Luftschadstoffe im Mikroklima der Stadt verteilen und wo Lösungsansätze liegen.“

Die Idee des Gastwissenschaftlers ist dabei so einfach wie genial: Das Messsystem soll um 80 virtuelle Stationen erweitert werden. Hierzu fährt ein mobiler Messbus 80 Beobachtungspunkte in der Stadt an – bei unterschiedlichen Wetterlagen, im Winter genauso wie während einer Hitzewelle im Sommer.

Die so erhobenen Daten werden dann gemeinsam mit den Daten der 16 dauerhaften Mess-Stationen in das von Hamid Taheri Shahrainyni entwickelte Rechenmodell eingespeist. Nun lässt sich auch ohne den Messbus kalkulieren, wie hoch die Luftwerte an den 80 Stationen sind, denn das System kann mithilfe der Wahrscheinlichkeit berechnen, wie sich die Werte an den virtuellen Stationen in Relation zu den festen Stationen entwickeln. Der Messbus muss nur noch von Zeit zu Zeit eingesetzt werden, um die in den virtuellen Stationen errechneten Werte in der Realität zu überprüfen und zu kalibrieren.

„Wir hoffen, räumliche Zusammenhänge besser zu verstehen und die Verteilung der Schadstoffe in unserer Stadt bei verschiedenen Wetterlagen besser vorhersagen zu können“, sagt Professorin Sodoudi. Für die Stadtplanung würde dies eine enorme Erleichterung bedeuten, denn nur mithilfe solcher Prognosen lässt sich entscheiden, wo Straßen sinnvoll und Grünanlagen nötig sind.

Getestet hat der iranische Wissenschaftler seine Methode in Teheran. Auch wenn die klimatischen Bedingungen nicht mit denen in Berlin vergleichbar sind, hat sich doch gezeigt, dass sich mit Hamid Taheri Shahrainynis Modell zuverlässige Daten berechnen lassen. Dies soll nun auch auf das ferne Berlin übertragen werden.

Schon heute wissen die Meteorologen zum Beispiel, dass sich etwa in heißen Sommernächten um 3 Uhr morgens eine Wärmeglocke über der Stadt bildet, die verhindert, dass Feinstaub und Rußpartikel in die oberen Luftschichten aufsteigen können und deshalb unsere Atemluft belasten. Auch im Winter können sich solche Inversionswetterlagen bilden, wenn sich in den oberen Schichten der Troposphäre wärmere Luftmassen über die bodennahe, kalte Luft schieben. „Beides sind, was die Schadstoffbelastung betrifft, Extremwetterlagen“, sagt die Professorin, „aber anhand dieser Lagen können wir viel über das Mikroklima Berlins lernen.“

Weitere Informationen

Im Internet: www.geo.fu-berlin.de/met