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Gefühle sprechen viele Sprachen

Wie Kunstwerke uns emotional bewegen, ist einer der Schwerpunkte des Clusters „Languages of Emotion“

27.04.2011

Forschung im Schatten des Mangetti-Baums: Eine Probandin aus Namibia nimmt an einem Projekt des Clusters „Languages of Emotion“ teil, bei dem Gesichtsmimik mithilfe eines Blickbewegungsmessers erkannt wird.

Forschung im Schatten des Mangetti-Baums: Eine Probandin aus Namibia nimmt an einem Projekt des Clusters „Languages of Emotion“ teil, bei dem Gesichtsmimik mithilfe eines Blickbewegungsmessers erkannt wird.
Bildquelle: Katja Liebal / Daniel Haun, LoE

Kunstwerke haben die Kraft, Menschen zu berühren. Deshalb sind Literatur, Film, Malerei, Tanz oder Oper ein zentraler Untersuchungsgegenstand des Clusters „Languages of Emotion“. Der Forschungsverbund wird im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert.

Seit Ende 2007 erforschen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaftler gemeinsam das Zusammenspiel von Sprachen und Gefühl. Dieses spielt nicht nur bei der Beschäftigung mit Kunstwerken eine Rolle, sondern in nahezu allen Bereichen des menschlichen Lebens – vom Spracherwerb bei Kleinkindern bis zur Parteitagsrede in der großen Politik. Entsprechend umfangreich ist das Spektrum der in Projekten untersuchten Fragen: So schauen sich Ethnologen und Entwicklungspsychologen gemeinsam an, wie unterschiedlich Kinder in drei indonesischen Kulturen erzogen werden und wie sich dies auf die Prägung ihres Gefühlserlebens auswirkt. Ein weiteres interdisziplinäres Team aus Soziologen und Psychologen fragt nach den Nationalgefühlen bei Fußballländerspielen. In anderen Projekten erforschen Wissenschaftler, was passiert, wenn Menschen eigene Emotionen und die von anderen nicht wahrnehmen und ausdrücken können. Wie das „Kraftwerk der Gefühle“ Oper im 19. Jahrhundert funktioniert, will der Musik- und Theaterwissenschafts-Professor Clemens Risi herausfinden. Während Clemens Risi eine bestimmte Epoche der Operngeschichte aus der Perspektive der Theater- und Musikwissenschaften erforscht, arbeiten in anderen Projekten Literaturwissenschaftler und Psychologen zusammen.

So konnte durch experimentelle Forschung das schon von Aristoteles beschriebene „Paradox der Tragödie“ erhellt werden. Traurige Geschichten – einmal als Zeitungsnachricht, einmal als Kurzprosa präsentiert – werden bei gleichem Wortlaut als „Literatur“ signifikant lustvoller gelesen. Sogar Bilder ekelhaften Inhalts werden – sobald sie als Kunst deklariert werden – weitaus positiver betrachtet. „Die psychologische Theorie der Prägung unseres Denkens und Fühlens durch erlernte kognitive Schemata und affektive Erwartungen – in diesem Fall: durch ein mit ästhetischer Lust verknüpftes Konzept der Kunst – erklärt diesen experimentell gemessenen Effekt“, erklärt Winfried Menninghaus, Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität und Initiator des Clusters. Wie Literatur das Gefühlsleben von Lesern auch längerfristig verändern kann, hat Irina Rosa Kumschick in den vergangenen drei Jahren erfahren – zumindest wenn die Leser sieben bis neun Jahre alt sind und sich mit dem mehrfach ausgezeichneten Kinderbuch “Ein Schaf fürs Leben“ von Maritgen Matter beschäftigen, in dem ein Wolf seine Instinkte bändigt und einem naiven Schaf das Leben schenkt, das er eigentlich reißen will. Die Psychologin und ehemalige Grundschullehrerin hat in einem Projekt unter der Leitung von Psychologie-Professor Michael Eid ein Programm entwickelt, mit dem die emotionale Kompetenz von Grundschülern gefördert werden soll. Nachdem die Kinder das Programm durchlaufen haben, sollen sie eigene und fremde Gefühle besser wahrnehmen, benennen, verstehen und darüber sprechen können.

In dem Cluster „Languages of Emotion“ arbeiten über 200 Wissenschaftler aus mehr als 20 Disziplinen zusammen. Der Großteil von ihnen sitzt an der Freien Universität, es gibt aber auch Kooperationen mit der Technischen Universität und der Humboldt-Universität zu Berlin und einigen Max-Planck-Instituten.

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