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Vorrömische Eisenzeit: Schlacke, Skelett und Sonnengott

Archäologen der Freien Universität erforschen im südlichen Brandenburg die Eisenverhüttung in der vorrömischen Eisenzeit

25.05.2010

Mehr als sechs Monate lang haben die Archäologen der Freien Universität in der Nähe des Rangsdorfer Sees bisher gegraben

Mehr als sechs Monate lang haben die Archäologen der Freien Universität in der Nähe des Rangsdorfer Sees bisher gegraben
Bildquelle: Sabrina Wendling

Der Wald zwischen Glienick und Groß-Schulzendorf wird nur Getreidehalmen und Rehlein bewohnt. Der ganze Wald? Nein, ein Archäologenteam der Freien Universität hat dort ein Zelt aufgeschlagen und die Erde aufgebuddelt. Schicht um Schicht haben sich die Archäologen um Markolf Brumlich in die Zeit wenige hundert Jahre vor Asterix und Obelix durchgegraben: in die vorrömische Eisenzeit, eine Zeitspanne zwischen dem 6. und dem 1. Jahrhundert vor Christus.

Markolf Brumlich hält einen braunen Klumpen in der Hand: Er glänzt nicht, er ist kein Gold wert und schmuck ist er auch nicht – vielmehr grob und rostig. Aber er erzählt eine jahrhundertealte Geschichte: Der Klumpen ist Eisenschlacke, ein Überbleibsel aus dem Prozess der Eisengewinnung. Brumlich leitet die Grabungen des Instituts für Prähistorische Archäologie der Freien Universität.

Gemeinsam mit einem Team von 15 Studierenden erforscht er die Eisenverhüttung in der vorrömischen Eisenzeit im nördlichen Mitteleuropa, am Beispiel einer alten Siedlung südlich von Berlin, nahe des Rangsdorfer Sees bei Glienick: Dort haben die Archäologen den ältesten Nachweis für Eisenverhüttung im gesamten nördlichen Mitteleuropa gefunden.

Mehr als 300 Eimer haben die Archäologen bereits mit den braunen Eisenschlacke-Brocken gefüllt – das entspricht dem Gewicht von fünf Tonnen. „Die Schlacke wird gewogen, und daraus können wir später berechnen, wie viel Eisen insgesamt in der Siedlung gewonnen wurde“, sagt Brumlich. An der Form der Schlacke lässt sich auch erkennen, ob sie aus dem Prozess der Herstellung oder der Verarbeitung des Eisens stammt.

Zwar graben die Archäologen nach Eisenschlacke, doch finden sie dabei auch ganz andere Dinge: zum Beispiel ein Pferdeskelett. Das Tier war geradezu kunstvoll unter der Erde drapiert, nichts deutet auf eine Schlachtung hin. „Wahrscheinlich hat man das Pferd geopfert“, vermutet Brumlich, „es lag mitten zwischen Gruben voller Eisenschlacke vergraben und sollte vielleicht Glück für die Eisenproduktion bringen.“

Auch weitere Funde geben Aufschluss über den Götterglauben der Siedler in der Eisenzeit: Auf einer Tonscherbe ist eine Verzierung ähnlich einem Wagenrad herausgeformt. „Das Wagenrad war sicherlich ein Symbol für den Sonnengott, vergleichbar mit dem griechichen Helios“, weiß Brumlich. Dieser habe dem Glauben der Siedler zufolge die Sonne mit einem Wagen vom Osten in den Westen gefahren – wie sonst ließe sich die „Wanderung“ der Sonne am Himmelszelt erklären?

Mehr als sechs Monate lang haben die Archäologen in der Nähe des Rangsdorfer Sees bisher gegraben: Vier Tage pro Woche, zehn Stunden am Tag. „Ja, es war ganz schön anstrengend“, sagen die beiden Archäologie-Studenten Eik Jagemann und Paul Fischer: „aber es hat Spaß gemacht.“ Im Stehen, in der Hocke und auf Knien haben sie die letzten Monate gearbeitet – nun müssen sie sich nur noch buchstäblich, nicht mehr körperlich in die Grabung hineinknien: Die Fundstücke werden mit anderen Quellen abgeglichen und sollen bald ein Stück Eisengeschichte schreiben.

Weitere Informationen

Markolf Brumlich, M.A.
Institut für Prähistorische Archäologie
Tel.: (030) 838-540 66
E-Mail: brumlich@zedat.fu-berlin.de