11. Literaturwissenschaftliches Propädeutikum der Klassischen Gräzistik: Lüge und Manipulation in der antiken griechischen Literatur
Bereits im Proömium der Ilias findet sich der folgende programmatische Satz: Διὸς δ’ ἐτελείετο βουλή – „und es erfüllte sich der Wille des Zeus“. Auch wenn es in modernen Darstellungen des antiken Stoffs – etwa im Film ‚Troja‘ von Wolfgang Petersen – nicht immer den Anschein erweckt, ist die Handlung der Ilias ohne die Götter nicht denkbar. Allen voran ist es Zeus, der Göttervater, der die Geschicke der Menschen lenkt, diese im Kampf entweder überleben oder sterben lässt, sich an ihrem kriegerischen Treiben bisweilen ergötzt – und sie für seine eigenen Zwecke sogar schamlos manipuliert!
Bereits zu Beginn des zweiten Buches der Ilias nimmt Zeus entscheidenden Einfluss auf das Kriegsgeschehen. Nachdem es im griechischen Heer zu einem folgenschweren Streit zwischen Agamemnon, dem Oberbefehlshaber, und Achill, dem besten Krieger, gekommen ist, gerät der griechische Feldzug ernstlich in Gefahr: denn Achill ist so entrüstet über Agamemnons Verhalten, dass er den Griechen seinen Dienst versagt, die nunmehr auf ihren besten Mann verzichten müssen. Infolgedessen kann der grollende Achill mithilfe seiner göttlichen Mutter dem Göttervater ein Versprechen abringen: Agamemnon soll Achills Fehlen im Kampf schmerzlich erfahren und bereuen, dass er seinen wichtigsten Krieger derart gekränkt hat. Damit Agamemnon in dieser Ausnahmesituation seine Männer (ohne Achill!) überhaupt kämpfen lässt, muss Zeus auf einen Trick zurückgreifen: Er manipuliert Agamemnon mithilfe eines Traums…
Diesen Teil der Iliashandlung zeichnet die Vorlesung detailliert am Text nach. Im Zentrum der Veranstaltung soll dabei nicht nur die Frage stehen, auf welche Weise Agamemnon von Zeus manipuliert wird. Aus einer philologischen Perspektive werden wir ebenfalls auf zahlreiche Merkwürdigkeiten dieses Plots eingehen – und uns fragen, inwieweit dies mit der Entstehung der Ilias zusammenhängen könnte.
Zeit & Ort
07.07.2025 | 18:15
Hörsaal 2,
Habelschwerdter Allee 45,
14195 Berlin