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Erinnerungskultur: Widerstand und Propaganda

Der Warschauer Aufstand gilt als eine der größten Widerstandsbewegungen des Zweiten Weltkriegs. Auf beiden Seiten wurde damals auch mit Bildern gekämpft

27.11.2024

Ausstellungseröffnung am Berliner Bahnhof Friedrichstraße im Sommer 2024.

Ausstellungseröffnung am Berliner Bahnhof Friedrichstraße im Sommer 2024.
Bildquelle: Irmgard Zündorf, Public History

Vom 1. August bis zum 2. Oktober 1944 kämpfte die Polnische Heimatarmee – ein Zusammenschluss aus rund 350.000 freiwilligen Partisanen – gegen die nationalsozialistische Besatzungsmacht in Warschau. 63 Tage währte der Aufstand, ehe er von der Wehrmacht brutal niedergeschlagen wurde.

Neben dem bewaffneten Kampf wurde der Krieg auch medial ausgefochten. Propaganda spielte auf beiden Seiten eine wichtige Rolle. „Den Nationalsozialisten ging es darum, den polnischen Widerstand als vermeintlich feigen Angriff aus dem Hinterhalt moralisch zu delegitimieren“, sagt Clara Klapprodt. „Die Polnische Heimatarmee versuchte ihrerseits, mit heroischen Bildern neue Freiwillige zu gewinnen.“

Fragen nach Struktur und Wirkmacht von Propaganda

Clara Klapprodt studiert im Masterstudiengang Public History an der Freien Universität. Gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen untersuchte sie anlässlich der Ausstellung „Auf beiden Seiten der Barrikade“ die Rolle von Propaganda während des Aufstandes. „Angesichts der Bilder fragen wir nach der Struktur und Wirkmacht von Propaganda und sehen uns genau an, wie die Bilder damals gemacht wurden.“

Im Rahmen ihres Studiums haben Studierende des Masters Public History – eine Kooperation von Freier Universität Berlin mit dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) – die Möglichkeit, Praxisprojekte in Kooperation mit externen Partnerorganisationen zu übernehmen. Koordiniert und betreut werden die Projekte von Irmgard Zündorf, Leiterin des Bereichs Public History am ZZF. „Die Studierenden arbeiten in kleineren Gruppen selbstständig zusammen“, sagt die Historikerin. „Am Ende haben sie für ihren Start ins Berufsleben ein eigenes Projekt vorzuweisen.“

Über den Warschauer Aufstand haben die Studierenden eine Zeitung gemacht, die auch Einblicke in Genderfragen gibt. „Die Darstellung von Frauen in der Propaganda war auf der polnischen Seite ambivalent“, sagt Clara Klapprodt. „Einerseits wurden Frauen im Widerstand gebraucht – andererseits nahmen Männer sie in ihrer teilhabenden Rolle nicht ernst.“

Eines der Kernstücke der Zeitung ist ein Interview mit dem Zeitzeugen Anthony Kruszewski. Der heute 96-Jährige schloss sich als Jugendlicher dem polnischen Widerstand an und kämpfte im Warschauer Aufstand. Nach dessen Niederschlagung war er in Kriegsgefangenschaft, wanderte später in die USA aus und wurde Professor für Politikwissenschaft in Texas. „Herr Kruszewski berichtete uns von der unfassbaren Brutalität der Nationalsozialisten, aber auch von der Euphorie der Aufständischen“, so Clara Klapprodt.